Falschfahrer-Unfall in Weinheim

Drei von vier Geisterfahrern sind Männer

Der ADAC und die Polizei ordnen das Unglück auf der A5 bei Weinheim ein und geben Autofahrern Tipps.

08.02.2023 UPDATE: 08.02.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden
Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei an der Unfallstelle: 40 Prozent aller Zusammenstöße mit Geisterfahrern ereignen sich am Wochenende. Foto: dpa

Von Philipp Weber

Weinheim. Der Schock sitzt tief. Viele Autofahrer aus der Region Weinheim nutzen die Autobahn A5 beinahe täglich. Schon die ersten Meldungen von dem schweren Unfall am späten Sonntagvormittag am Weinheimer Kreuz verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Ein 67 Jahre alter Mann war dort falsch herum auf die A5 gefahren.

Beim Versuch, mit seinem Opel zu wenden, stieß er mit einem Nissan zusammen. Der 72 Jahre alte Nissan-Fahrer verletzte sich schwer, seine ebenfalls 72-jährige Beifahrerin sogar lebensgefährlich. Warum der 67-Jährige falsch herum auf die Autobahn fuhr, werde derzeit ermittelt, so eine Polizeisprecherin auf Anfrage.

Nach Angaben der Polizei war es der schwerste Unfall, den ein Falschfahrer im Verlauf der letzten Jahre auf den Autobahnen im Bereich des Polizeipräsidiums Mannheim verursacht hat. In den fünf Jahren zuvor waren im Rhein-Neckar-Kreis, Mannheim und Heidelberg sechs Falschfahrer auf Autobahnen aktenkundig geworden. Zwei Menschen zogen sich in der Folge leichte Verletzungen zu. Der siebte Geisterfahrer-Fall hatte nun dramatische Folgen.

Was die Meldung von Falschfahrern betrifft, gebe es feste Abläufe, so die Sprecherin: Wenn Verkehrsteilnehmer über den Polizeinotruf einen Geisterfahrer melden, informiert das Führungs- und Lagezentrum in Mannheim die jeweils zuständigen Reviere der Autobahnpolizei. Wenn diese den Fall bestätigen, wird die Meldung ins Warnsystem eingespeist, das die Position des Falschfahrers an die Rundfunkhäuser weitergibt.

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Der ADAC Nordbaden wiederum hat Statistiken und Tipps zum Thema gebündelt. Demnach war der Unfall bei Weinheim gleich unter zwei Gesichtspunkten keine Ausnahme: Überproportional viele Meldungen von Falschfahrern gibt es am Wochenende. Sonntags ereignen sich 21 Prozent aller Geisterfahrten, samstags 19 Prozent. Und: Drei von vier Falschfahrern sind männlich.

"Es lässt sich wohl nur darüber spekulieren, warum das so ist", so eine ADAC-Sprecherin gegenüber der RNZ. Als ziemlich sicher gilt, dass die Konzentration im Straßenverkehr angesichts einer zunehmenden Menge an Fahrzeugen wichtiger wird – gleichzeitig aber herausgefordert ist. "Gerade in Zeiten einer allgegenwärtigen Informationsflut, die auch vor den Innenräumen von Autos nicht haltmacht, wird ausgeruhtes und aufmerksames Fahren zur Grundvoraussetzung."

Manchmal reichten wenige Sekunden, denen der Blick nicht der Fahrbahn gilt, um schwere Unfälle zu verursachen. Wenn am Steuer Handytelefonate abgewickelt, Textnachrichten gelesen, Navigationsgeräte bedient oder dem Genuss lauter Musik gefrönt wird, leide der Fokus auf den Straßenverkehr.

Laut ADAC wurden 2021 auf Baden-Württembergs Autobahnen 170 Falschfahrer gemeldet. Das sind mehr als in den drei Vorjahren – obwohl der Jahresbeginn von 2021 noch von Corona-Lockdowns geprägt war. Bundesweit wurden 1830 entsprechende Meldungen erfasst, gegenüber dem Jahr 2020 ein Anstieg um 5,7 Prozent. 17 durch Falschfahrer verursachte Zusammenstöße endeten tödlich, 24 Menschen kamen ums Leben.

Besonders hoch sind die Zahlen in Nordrhein-Westfalen und Bayern, "wobei das Autobahnnetz dort mehr Straßenkilometer umfasst als in anderen Ländern", so die ADAC-Sprecherin. Immerhin: Es gibt Empfehlungen, egal ob man als Autofahrer mit einer Falschfahrermeldung konfrontiert ist oder selbst zum Geisterfahrer wird. Wird vor Falschfahrern gewarnt, gilt folgender Leitfaden: Zunächst das Tempo drosseln und die Warnblinkanlage einschalten.

Dann auf den Fahrstreifen ganz rechts wechseln, niemanden überholen und Abstand zum Vorausfahrenden halten. Wenn ein Parkplatz oder eine Ausfahrt kommt: nutzen. Im Notfall sollte man von der rechten Spur auf den Seitenstreifen ausweichen. Das Radio sollte an sein, der Verkehrsfunk meldet, wenn die Gefahr vorüber ist.

Wer selbst in den Gegenverkehr gerät, muss sofort Licht und Warnblinkanlage aktivieren und dann den nächstgelegenen Fahrbahnrand ansteuern. "Stellen Sie Ihr Fahrzeug dicht neben der Schutzplanke ab", rät der ADAC. Dann gilt: die Warnweste anlegen, ganz vorsichtig aussteigen, hinter die Schutzplanke gehen, die 110 wählen – und auf die Polizei warten. Der letzte Tipp des Automobilklubs zeigt, dass der Unfall vom Sonntag auch unter einem dritten, tragischen Aspekt keine Ausnahme war: "Versuchen Sie nicht, zu wenden!"

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