Kuscheln auf dem Hockenheimring
Der Filmklassiker "Casablanca" beim Autokino auf dem Hockenheimring - Snacks reichten von der Chipstüte bis zur Sushi-Platte

Von Harald Berlinghof
Hockenheim. "Ich seh (nicht schau!) Dir in die Augen, Kleines." Wenn der eigentlich knorrige Humphrey Bogart diesen Satz zur blutjungen und bildschönen Ingrid Bergmann sagt, dann schmelzen die Herzen dahin. Das war schon 1942 so und ist bis heute so geblieben. Auch im perfekt improvisierten Autokino auf dem Hockenheimring am Mittwochabend.
Gemeinsam mit dem Veranstalter Evented brachte der Hockenheimer Marketing Verein (HMV) an drei Tagen hintereinander Kinofilme auf eine rund 130 Quadratmeter große Leinwand und machte damit den Kinofans, die unter der Schließung der Lichtspielhäuser wegen des Corona-Virus litten, eine Freude. Mit Erfolg: Alle drei Vorstellungen für 200 Autos waren ausgebucht.
Der Beginn der Filme war jeweils für 21 Uhr geplant. Bei Einbruch der Dämmerung ging es dann los. Am Mittwoch stand der Filmklassiker Casablanca aus dem Jahr 1942 auf dem Programm. Für die jüngeren Zuschauer war die Projektion im Schwarz-Weiß-Modus und ohne Breitwandeffekt womöglich eine ganz neue Erfahrung.

"Autokinos sind zum Kuscheln da" erklärte HMV-Geschäftsführerin Birgit Rechlin vor dem Start des Films über das Autoradio. Dieses musste jeder zunächst auf eine Frequenz von 92,4 Megahertz einstellen, darüber konnte man die einleitenden Worte der Geschäftsführerin und schließlich den Filmton hören. Wer das nicht allein schaffte, bekam Hilfe vom Organisations-Team. Überhaupt schien für alles gesorgt: Falls etwa die Autobatterie den Geist aufgibt, sollte man nach Ende des Films den Warnblinker anmachen. Den Zuschauern war es untersagt, ihr Auto zu verlassen. Nicht mal zum Pinkeln, denn aus Hygienegründen waren die Toiletten auf dem Ring geschlossen.
Auch interessant
Nur unter diesen Vorgaben hatte das Landratsamt die Veranstaltung genehmigt. "Alle hatten ihren Spaß und ihre Freude daran", meint Rechlin. In jedem Wagen durften nur zwei Personen sitzen. Proviant und Bier oder Cola gehören allerdings zum Autokino seit den 1960er-Jahren dazu. Dagegen gab es keine Einwände. Die mitgebrachten Snacks auf dem Hockenheimring reichten von der Sushi-Platte bis zur Chipstüte.
Damit alle freie Sicht hatten, sorgten die Organisatoren dafür, dass die großen Wagen hinten standen. Die kleineren durften vorne parken. Das Wetter spielte am Mittwochabend perfekt mit: eine laue Vollmondnacht im Frühling. In der anbrechenden Dämmerung waren die Maikäfer aus den benachbarten Wäldern auf den Parkplatz zwischen Rennstrecke und Baden-Württemberg-Tower gekommen und zeigten, dass sie nicht nur gefräßig, sondern als fertige Krabbelkäfer auch schön anzusehen sind. Und auf der Leinwand wurde jener Film gezeigt, der einst zum romantischsten amerikanischen Liebesfilm aller Zeiten gewählt wurde.
Es geht um eine Frau zwischen zwei Männern: Ingrid Bergmann als Ilsa Lund muss sich entscheiden zwischen Humphrey Bogart (Cafébesitzer Rick) und Paul Henreid als Flüchtling Victor Laszlo. Es kommt zu zahlreichen Irrungen und Wirrungen der Liebe, bis Bogart echte Größe beweist und seine große Liebe mit dem Konkurrenten davonfliegen lässt. "Louis, ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft", sagt er am Flughafen zu seinem Widersacher der französischen Miliz in Casablanca, Luis Renault, am Ende des Films. Es ist das zweite Zitat aus "Casablanca", das in die Filmgeschichte einging. Ein Spaß des Drehbuchschreibers im Übrigen, dass er im Film nicht nur einen Capitaine Renault auftreten lässt, sondern auch einen Herrn Ferrari.
Das dritte unvergessene Zitat lautet: "Spiel es noch mal, Sam." Ingrid Bergmann fordert damit den umwerfenden Klavierspieler Sam, der in Wirklichkeit ein Schlagzeuger war, dazu auf, den Song "As time goes by" zu singen. Über den Film ließe sich noch einiges erzählen. Zum Beispiel, dass sich die Namen vieler Filmfiguren ins Gedächtnis eingebrannt haben, nicht aber die Namen der Schauspieler. Wer spielte nochmal den Sam oder den Victor Laszlo?



