Weizen an der A5 musste für mobiles Betonwerk weichen
Bürger kritisieren die Getreide-Vernichtung. Landwirt und Autobahn GmbH erklären die Hintergründe hierzu.

Von Annette Steininger
Schriesheim/Ladenburg. Dort, wo sich einst Weizen im Wind wiegte, nahe der Autobahn-Anschlussstelle Ladenburg/Schriesheim, sind nur noch eine riesige Erdfläche und Erdhügel zu sehen. Leser, darunter Tomas Knapp aus Weinheim, haben sich wegen dieser Maßnahme im Rahmen der A5-Sanierung an die RNZ gewandt.
Knapp begrüßt die Baumaßnahme an sich. "Jedoch halte ich den Zeitpunkt für äußerst ungeschickt; man hätte auch noch ein paar Tage mit der Planiermaßnahme warten können, bis der Weizen abgeerntet ist, zumal das Gebiet jetzt brach liegt", findet er. Es geht Knapp nicht um eine rechtliche, sondern um eine ethische Bewertung. "Man kann nicht einerseits von Lebensmittelknappheit und Hungersnot auf der Welt sprechen und andererseits technokratisch einige Tonnen Weizen vernichten", findet er.
Hintergrund
> Im Auftrag der Autobahn GmbH Niederlassung Südwest saniert eine Baufirma einen 6,5 Kilometer langen Streckenabschnitt auf der A 5 zwischen Ladenburg und Weinheim. Die Bauarbeiten werden wohl im Oktober abgeschlossen. Als Auftraggeberin ist die Niederlassung Südwest für
> Im Auftrag der Autobahn GmbH Niederlassung Südwest saniert eine Baufirma einen 6,5 Kilometer langen Streckenabschnitt auf der A 5 zwischen Ladenburg und Weinheim. Die Bauarbeiten werden wohl im Oktober abgeschlossen. Als Auftraggeberin ist die Niederlassung Südwest für die Planung und Ausschreibung der Maßnahme sowie die Beauftragung von Baufirmen und Dienstleistern verantwortlich. Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben wird durch sie vertraglich vorgegeben und überwacht. In der Verantwortung der Baufirma liegt die Umsetzung der Maßnahme sowie die dafür notwendige Beschaffung personeller und materieller Ressourcen sowie eventuell benötigter Flächen. ans
Für den Landwirt selbst, der gegen eine Entschädigung die Fläche der Baufirma für fünf Monate zur Verfügung stellt, ist diese Möglichkeit dagegen "ein Segen". Denn: "Der noch nicht reife Weizen war schlecht. Ich hätte damit gar nichts einnehmen können", sagt er und möchte namentlich nicht genannt werden. "Dünger konnte ich nicht kaufen, weil der arschteuer war", erklärt er. Die Kritik stößt daher bei ihm auf Unverständnis. Er findet einen Punkt in der neuen "Gemeinsamen Agrarpolitik" der EU "viel schlimmer": die verpflichtende Stilllegung von vier Prozent der Ackerfläche, die voraussichtlich ab 1. Januar 2023 gelten soll. Auf den Brachen gilt in Deutschland künftig die Pflicht zur Selbstbegrünung. "Was sind dagegen schon zwei Hektar Getreide?", meint der Landwirt angesichts der großen bevorstehenden Verluste durch die Regelung. Und die Autobahn GmbH sieht durch das Aufstellen von mobilen Betonwerken durchaus einige Vorteile, wie die Pressesprecherin der Niederlassung Südwest, Petra Hentschel, in einer ausführlichen Rückmeldung der RNZ schildert. "Da für Fahrbahnerneuerungen bestimmte Witterungsbedingungen notwendig sind, kann bei einer Produktion vor Ort umgehend reagiert werden." Damit werde die unnötige Produktion von Beton vermieden. Durch die kurzen Transportwege von der mobilen Mischanlage zur Baustelle könne zudem zeiteffizienter und damit wirtschaftlicher gearbeitet werden. Außerdem werde die Betonqualität, hier spielt die Verarbeitungstemperatur eine Rolle, durch die kurzen Transportwege sichergestellt.
Auch die Belastungen für Autobahnnutzer und Anliegergemeinden würden durch den reduzierten Baustellenverkehr erheblich reduziert. Ein weiterer Vorteil ist aus Sicht der Autobahn GmbH der verringerte CO2-Ausstoß, der durch die kurzen Transportwege entsteht. "Immerhin werden für die 6,5 Kilometer lange Strecke ungefähr 50.000 Tonnen Beton verarbeitet. 20 Lkws sind während der rund 20 Tage, an denen der Beton verlegt wird, fortlaufend im Einsatz."
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Die Baufirma plant nun, auf besagtem Feld in der Nähe der Anschlussstelle Ladenburg zwei Mischanlagen aufzustellen, die zusammen einen Platzbedarf von circa 16.000 Quadratmetern benötigen. In dieser Kalkulation sind neben den eigentlichen Anlagen die Lagerung der Zuschlagsstoffe für die Betonherstellung wie Gesteinskörnung und Zement sowie der für die Arbeitsvorgänge vor Ort benötigte Platz berücksichtigt. Um die Fläche nach Abschluss der Baumaßnahme wieder landwirtschaftlich nutzen zu können, werde der nährstoffreiche und damit sehr wertvolle Oberboden abgetragen und zwischengelagert, erläutert Hentschel. In der Summe wurde durch die Baufirma deshalb eine Fläche von circa 21.000 Quadratmetern abgetragen. Diese werde nach Abschluss der temporären Nutzung wieder aufwändig hergerichtet, bevor der Oberboden wieder aufgetragen wird. Danach werde die Fläche wieder normal für die landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung stehen.
Und zum Zeitpunkt erklärt die Autobahn GmbH, dass sie bei der Planung von Baumaßnahmen eine Vielzahl von Faktoren berücksichtige. Neben warmen und trockenen Witterungsbedingungen würden die Sommermonate den Vorteil bieten, dass durch die volle Ausnutzung des Tageslichts eine schnellere Fertigstellung von Maßnahmen möglich ist. Auch die Baufirma benötige einen gewissen Vorlauf. "Die Rücksichtnahme auf variable Termine wie Erntemaßnahmen ist dabei nicht immer möglich", sagt Hentschel. So könne es bei günstiger Witterung zu einer früheren Getreideernte kommen, bei Regenfällen kann diese sich um mehrere Wochen verschieben. "Trotz der genannten Gründe bedauern wir als Autobahn GmbH Niederlassung Südwest sehr den entstandenen Verlust des Getreides", betont die Pressesprecherin.
Ihr lagen keine Informationen dazu vor, dass noch ein weiteres Weizenfeld vernichtet wurde. Nach RNZ-Informationen gab es zwischen der Baufirma und dem Landwirt ein Missverständnis bei der Lagebeschreibung. Der andere Landwirt, dem das Feld gehört, soll wohl auch eine Entschädigung erhalten. Er wollte sich gegenüber der RNZ nicht äußern.