Weihnachtsmärkte in der Region unter widrigen Bedingungen
Beispiele aus der Region: Abstriche gibt es eher bei der Beleuchtung.

Von Carsten Blaue und Alexander Albrecht
Heidelberg. In Speyer feiern sie vom 21. bis 31. Oktober erst mal ihre 775. Herbstmesse. Die Stadt wirbt online mit attraktiven Fahrgeschäften und kulinarischen Köstlichkeiten. Quasi im gleichen Atemzug sucht die Stabsstelle für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Veranstaltungen schon nach einem Weihnachtsmann oder einer Weihnachtsfrau zum Vorlesen für Kinder. Schließlich werfe auch der Weihnachtsmarkt seinen Schatten voraus, wie es die Stadtverwaltung formuliert. Im Dunkeln soll beim jahresübergreifenden Budenzauber in der Domstadt vom 21. November bis 6. Januar 2023 aber niemand stehen. Trotz Energiekrise und hohen Preisen. Die Stadt plant ihren Weihnachtsmarkt, sucht gleichwohl nach Einsparungen. Genauso machen es Mannheim und Ludwigshafen. Neustadt an der Weinstraße und Michelstadt im Odenwald wollen hingegen keine Abstriche machen. Fünf Beispiele für Planungen unter widrigen Bedingungen.
Wie viele Lichtlein werden also brennen in der Adventszeit? Es sei ein Irrglaube, dass just auf einem Weihnachtsmarkt das Einsparpotenzial groß sei, sagt auf RNZ-Anfrage Heinz Seitz, der Leiter des Michelstädter Kulturamtes. Nichts sei gewonnen, wenn neben der Weihnachtsstimmung auch die Besucher fehlten und der Handel unmittelbar leide, "das Image des Marktes aber über Jahre hinaus ramponiert ist". Da hat Michelstadt besonders viel zu verlieren, ist das Weihnachtsdorf aus 100 Holzbuden in der mittelalterlichen Altstadt und rund um das berühmte Fachwerk-Rathaus aus dem Jahr 1484 doch ein wahrer Touristen- und Besuchermagnet (dieses Jahr vom 25. November bis 23. Dezember). Dennoch habe man die Kostenentwicklung im Blick, so Bürgermeister Tobias Robischon – "und das nicht erst seit Bekanntwerden der Krise". Weihnachtsmärkte würden gerade in Zeiten wie diesen den Zusammenhalt stärken, sagt er. Es gelte eben, eine Balance zu finden, die alle Aspekte berücksichtigt, sagt Seitz. "Und die werden wir auch 2022 finden." Knapper fällt die Auskunft aus Neustadt aus.
An der Ausrichtung und Ausgestaltung des Weihnachtsmarktes vom 24. November bis 22. Dezember werde bislang festgehalten, sagt Neustadts Pressesprecher Tobias Grauheding. Vorbehaltlich neuer Vorgaben "von Bund und Land". 2019 fraß der Weihnachtsmarkt knapp 10.000 Kilowattstunden Strom. "Davon gehen wir auch 2022 aus", so Grauheding. Dabei sei tendenziell von einer Verdoppelung des Strompreises auszugehen, wobei jeder Schausteller und Beschicker seine Stromkosten selber trage. Die hätten aber längst auf günstigere LED-Lichttechnik umgestellt. Spätestens Anfang November will Neustadt entscheiden, ob es überdies eine Weihnachtsbeleuchtung in den Einkaufsstraßen gibt und wie diese aussehen soll. Die Straßenbeleuchtung werde auf das gesetzlich zwingende Maß reduziert. Bei Ampeln geschehe dies ohnehin zwischen 20 und 21 Uhr und nur an drei "neuralgischen Stellen" erst um Mitternacht.
Bedeckt und noch wenig konkret äußert sich Speyer. Klar ist nur, dass es den Weihnachts- und Neujahrsmarkt geben soll. Die zuständige Stabsstelle und die Schausteller seien "im Austausch", wie dieser "unter den Voraussetzungen eines möglichen Energiemangels, steigender Energiepreise und nötiger Einsparungen" zu realisieren sei. "Etwa, ob weniger Lichterketten gehängt werden, um ein ganz simples Beispiel zu nennen", so Pressesprecherin Lisa-Marie Eschenbach. Bislang wurden in Speyer die Stromkosten verbrauchsabhängig und in voller Höhe auf die Beschickenden umgelegt. Zu den Kosten in den vergangenen Jahren oder den jetzt drohenden Kostensteigerungen äußert sie sich auf Anfrage nicht.
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In Mannheim leuchtet es an insgesamt weniger Tagen und jeweils nicht so lange wie sonst. Darauf hat sich die Stadt mit der örtlichen Werbegemeinschaft für die Fußgängerzonen geeinigt. Die City war zur Weihnachtszeit bereits 2010 auf LED umgestellt worden und wird mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben.
Die tägliche Beleuchtung wird laut einer Rathaussprecherin statt um 15.30 Uhr erst um 17 Uhr ein- und stets um 22 Uhr wieder ausgeschaltet. In den Vorjahren war sie freitags und samstags eine Stunde länger, also bis 23 Uhr, in Betrieb. Noch eine Änderung: Der Lichterglanz wird an die Dauer der Weihnachtsmärkte beziehungsweise des Silvestermarkts angepasst. Damit ist bereits am Neujahrstag Schluss. Bislang waren die Lichterketten erst nach Dreikönig abmontiert worden. "Durch die Reduzierung der Einschaltzeiten können wir 30 Prozent des bisherigen Energiebedarfs einsparen", sagt Marco Demuth, Bereichsleiter bei der MVV. Der Energiekonzern trägt als Sponsor die Stromkosten.
Wie Buden und Ambiente auf den beiden Weihnachtsmärkten (Wasserturm und Kapuzinerplanken) und beim Märchenwald auf dem Paradeplatz beleuchtet werden, ist Sache der jeweiligen Organisatoren. Die beliebten "Winterlichter" im Luisenpark fallen aus. Die Anlage wird wegen der Arbeiten für die neue Parkmitte demnächst geschlossen. Der Herzogenriedpark schied als Ersatzspielstätte aus.
Ebenfalls verzichten wird Ludwigshafen, nämlich auf den sogenannten "Lichterzauber" des Marketing-Vereins. Das farbenfrohe Spektakel aus Lichtinstallationen und Leuchtelementen auf Straßen und Plätzen sowie an Gebäuden und am Rhein ist zwar nach Aussage von Torsten Kleb immer energieeffizient und durch LED-Technik kostensparend. Gleichwohl soll es sich auszahlen, dieses Jahr eine Pause beim "Lichterzauber" zu machen, so der Referent für Unternehmenskommunikation der Ludwigshafener Kongress- und Marketing-Gesellschaft Lukom: "Wir gehen davon aus, dass wir dadurch alleine seitens des Veranstalters eine Energieeinsparung in Höhe von deutlich über einem Drittel des Verbrauchs im Rahmen unserer weihnachtlichen Veranstaltungsbetriebes erzielen können."
Wie der Weihnachtsmarkt ausgestaltet wird, kann Kleb noch nicht sagen: "Die Planungen sind noch in vollem Gange." Details und Entscheidungen erwartet er Ende des Monats. Wie hoch die Stromkosten für den Weihnachtsmarkt in der Regel ausfallen und über die Kalkulation in diesem Jahr will er "prinzipiell" nichts sagen. Nur so viel: Die Energiekosten für den Eigenverbrauch tragen die Hüttenbetreiber direkt, die allgemeinen Stromkosten sind in der Standmiete enthalten.




