Nationaltheater Mannheim

Viele offene Fragen bei den Ersatzspielstätten

Kulturausschuss billigt Kostensteigerung bei der Generalsanierung des Nationaltheaters - Kritik wegen Atelierhaus am Trafowerk

09.07.2020 UPDATE: 10.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden
Mehrere Kulturschaffende demonstrierten vor dem Sitzungssaal. Sie sind wütend, weil das Nationaltheater Interesse an einer Interimsnutzung des Atelierhauses hat. Foto: Kaiser

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Die Nachricht, dass die Generalsanierung des Nationaltheaters 47 Millionen Euro teurer wird, war für die Mitglieder des Kulturausschusses keine echte Überraschung. "Dass es bei der vom Oberbürgermeister genannten Deckelung von 200 Millionen Euro bleibt, haben wir nie geglaubt", erklärte Birgit Reinemund (FDP) in der Sitzung am Donnerstag. Die Gründe für die Kostensteigerung auf 247 Millionen Euro für die Sanierung der denkmalgeschützten Spielstätte war für die Stadträte nachvollziehbar.

Die ursprünglichen Umbauplanungen, und die Kostenschätzung stammen aus dem Jahr 2018 und dienten auch dazu, bei Bund und Land für Fördermittel zu werben. Jetzt liegt eine detaillierte Entwurfsplanung vor. Die einzige große Änderung: Der in den Boden eingelassene Orchesterprobensaal soll nun ganz unter die Erde, was mit fünf Millionen Euro zu Buche schlägt. Mit eingerechnet sind jetzt auch Posten, von denen man hoffte, dass sie vielleicht durch Spenden finanziert werden könnten, beispielsweise ein Konzertzimmer oder eine Kammerbühne.

Aber es sind auch Baupreissteigerungen, welche die Kosten in die Höhe treiben: Bei einer Schließung im Jahr 2022 steigt die Summe allein durch aktuelle Baupreissteigerungen auf 221 Millionen. Am Ende summiert sich die reine Sanierung auf 247 Millionen Euro. "Die Baugenehmigung liegt seit Februar vor", erklärte Markus Augsburger, Leiter der Geschäftsstelle Sanierung am Nationaltheater. Von dieser Seite sei also kein Risiko mehr zu erwarten.

Mit der Generalsanierung sollen Brandschutz, Arbeitsschutzstandards und die Technik auf den heutigen Stand gebracht werden."Wir haben eine Verpflichtung, dieses Haus für den Spielbetrieb zu ertüchtigen", betonte Thorsten Riehle (SPD). "Kostensteigerungen gibt es leider immer bei solchen Projekten", sagte Achim Weizel von der Mannheimer Liste und nannte als Beispiel das neue Technische Rathaus am Hauptbahnhof, das mit 60 Millionen Euro veranschlagt war. "Jetzt können wir glücklich sein, wenn wir bei 100 Millionen rauskommen." Er schlug vor, beim Land dafür zu werben, den "schwäbisch bemessenen" Zuschuss von 40 Millionen Euro zu erhöhen.

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Achim Weizel drängte auch darauf, endlich die Entscheidung zu fällen, ob alle Gewerke einzeln vergeben werden oder alles in die Hand eines Generalunternehmers gelegt werden solle. Denn diese Entscheidung hat Einfluss auf die Kosten und den Beginn der Sanierung. Diese Entscheidung sei nicht losgelöst von den Zuschussgebern zu fällen, gab der geschäftsführende Intendant Marc Stefan Sickel zu bedenken. Man müsse abwarten, welche Signale es diesbezüglich aus Stuttgart und Berlin gebe.

Mittlerweile wackelt auch der Termin September 2022. Allerdings verliert das Nationaltheater am 31. Dezember 2022 die Betriebserlaubnis – und ob Kulturbürgermeister Michael Grötsch, die Feuerwehr zu einer Verlängerung überreden könne, halte er für fragwürdig, so Weizel. "Da wünsche ich viel Glück", erklärte er an Grötschs Adresse.

Einfluss auf den Sanierungsbeginn hat auch die Suche nach Ersatzspielstätten. Dabei gibt es für einige Stadträte noch viele offene Fragen. Mittlerweile zwei Jahre ziehen sich die Gespräche mit der Ludwigshafener Stadtverwaltung bezüglich des Pfalzbaus hin, der als Ersatzspielstätte für die Oper im Gespräch ist. "Diese "unsäglichen Verhandlungen" müssten endlich zu einem Ergebnis führen, forderte Achim Weizel. Auch Thorsten Riehle sprach die "schwierige" Situation an. Während Michael Grötsch sich zurückhielt, erklärte Sickel, dass er sich natürlich Fortschritte in dieser Sache wünsche, aber auch nachvollziehen könne, dass "man einem Angebot nicht zustimmt, dass den Tatbestand des Wuchers erfüllt."

Kritik gab es zudem vor allen vonseiten der Grünen-Fraktion wegen des Atelierhauses am Trafowerk in Käfertal. Dort hat der Vermieter den Künstlern zum 31. Oktober gekündigt, weil der Brandschutz modernisiert werden müsse. Pikant: Neuer Interessent ist das Nationaltheater, das überlegt, dort Werkstätten und Büros für die Opernsparte unterzubringen. "Es gibt eine Absichtserklärung", sagte Sickel. Das sei aber weit entfernt von einem Vertrag. Man müsse erst noch prüfen, ob die Räume überhaupt geeignet seien.

Einige der betroffenen Künstler sind wütend, dass sie vielleicht durch eine andere Kunstform verdrängt werden. Sie demonstrierten deshalb lautstark mit Musik und Sprechchören vor dem Sitzungssaal. "Eine unglückliche Konstellation", urteilte Thomas Hornung (CDU). Das Kulturamt habe bereits mit den Betroffenen Kontakt aufgenommen, so Grötsch, der kein Fehlverhalten der Stadtverwaltung erkannte. Die Stadtverwaltung werde bei der Suche nach geeigneten Räumen helfen. Carolin Ellwanger vom Kulturamt gab allerdings zu bedenken, dass die wohl kaum zu dem jetzigen Mietpreis zu haben seien.

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