Tübinger Modell

Kommt die Einweg-Verpackungssteuer auch in Heidelberg?

Die SPD will eine Abgabe nach Tübinger Modell in die Haushaltsberatungen einbringen. Grüne und CDU sehen weiteren Klärungsbedarf.

04.06.2023 UPDATE: 04.06.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 49 Sekunden
Müllproblem auf den Mannheimer Planken Archivfoto: zg

Heidelberg. (dns) Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Tübingen darf eine Sondersteuer auf Einwegverpackungen und -geschirr erheben – damit haben auch alle anderen Kommunen dieses Recht. Damit steht auch Heidelberg vor der Frage, ob es eine solche Abgabe einführt. Bislang wurde die Diskussion darüber in der Kommunalpolitik nicht geführt, da unklar war, ob die Stadt überhaupt eine solche Steuer erlassen darf. Schließlich wurde auch die Tübinger Satzung im März 2022 zunächst vom Mannheimer Verwaltungsgerichtshof kassiert. Doch jetzt hat die nächsthöhere Instanz anders entschieden. Demnach darf Tübingen weiter 50 Cent pro Einweg-Verpackung und 20 Cent pro Besteckstück erheben.

Für die SPD ist das Signal, um einen Antrag aus dem Vorjahr erneut in den Gemeinderat – beziehungsweise direkt in die Haushaltsverhandlungen – einzubringen. Schon im März 2022 hatte die Fraktion die Verwaltung aufgefordert, eine Satzung nach Tübinger Vorbild zu erarbeiten. Aufgrund der rechtlichen Bedenken habe man ihn jedoch zurückgezogen. "Wir haben unseren Antrag quasi ,on hold’ gestellt, bis das Tübinger Modell rechtlich einwandfrei geklärt ist", so Fraktionschefin Anke Schuster. Das sei nun der Fall. Damals wie heute sei es darum gegangen, die Müllbelastung auf öffentlichen Flächen zu reduzieren. Mit der Sonderabgabe schaffe man einen Anreiz, Mehrweg zu nutzen. Wer die Wegwerf-Alternative bevorzuge, werde an den Kosten der Beseitigung beteiligt.

Auch in der Grünen-Fraktion freut man sich über den Tübinger Vorstoß und die Rechtssicherheit – will aber langsamer vorgehen. Grundsätzlich könne man sich vorstellen, einen Antrag zur Einführung einer Verpackungssteuer einzubringen, "gerne auch gemeinsam mit anderen Fraktionen". Dabei solle es vor allem um den Müll großer Fast-Food-Ketten gehen. "Es ist schließlich nicht nachvollziehbar, warum die Steuerzahler deren Müllkosten übernehmen sollen oder Verpackungsmüll auf Spielplätzen, Straßen und öffentlichen Plätzen ertragen müssen." Vor Einführung einer solchen Steuer müsse man aber "in einem Abwägungsprozess ihre Lenkungswirkung klären", so die Fraktion. Die Einführung sei nur sinnvoll, wenn sie tatsächlich dazu führt, dass mehr Mehrweg genutzt werde. Außerdem müsse man prüfen, ob die Abgabe nach Abzug der Erhebungskosten wirklich einen beträchtlichen Beitrag zu den Entsorgungskosten leiste.

Die dritte größere Fraktion im Rathaus, die CDU, ist noch zurückhaltender. Vorsitzende Nicole Marmé spricht sich auf RNZ-Anfrage zwar nicht dagegen aus, betont aber: "Die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer ist kein Thema für einen Schnellschuss." Es gelte, Vor- und Nachteile genau abzuwägen. "Auf jeden Fall sollten zunächst einmal die Erfahrungen in Tübingen abgewartet werden." Die Sauberkeit der Stadt sei aber "ein Herzensanliegen" der Fraktion. Deshalb rege man an, dass die Verwaltung ein Format sucht, Beteiligte und Betroffene an einen Tisch zu bringen, "um das Thema ganzheitlich zu beleuchten und eine gute und praktikable Lösung zu erarbeiten".

Auch im Rathaus will man sich noch Zeit lassen: "Die Stadt wird sich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes anschauen und analysieren, ob dieses oder ein ähnliches Modell für Heidelberg grundsätzlich infrage kommt."

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