Doppelhaushalt verabschiedet

Der Kompromiss ist geschafft

Investitionen für Kinder und Jugendliche, umweltverträglichen Verkehr und Klimaschutz - Fraktionen haben sich mit gemeinsamem Paket arrangiert

25.06.2021 UPDATE: 26.06.2021 06:00 Uhr 4 Minuten, 7 Sekunden
Wie geht es weiter mit Heidelberg, der romantischen Stadt am Neckar? Um finanzielle Weichenstellungen ging es jetzt bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts. Luftbild: Kay Sommer

Von Holger Buchwald

Heidelber.  Von einem "Signal des Aufbruchs" spricht Oberbürgermeister Eckart Würzner angesichts des gerade verabschiedeten Doppelhaushaltes 2021/2022: "Nach anderthalb Jahren Corona-Pandemie richten wir den Blick nach vorne – auf die Zukunft unserer Stadt." Und doch warnt der scheidende Finanzbürgermeister Hans-Jürgen Heiß, dass sich Heidelberg mit dem Zahlenwerk an seiner "finanziellen Leistungsgrenze" bewege. Erst wenn das Regierungspräsidium den Doppelhaushalt voraussichtlich im September genehmigt, tritt er in Kraft. Die RNZ gibt einen Überblick über die Details und die Einschätzung der Fraktionen, die den Kompromiss mittragen.

> Die Stadt investiert 203 Millionen Euro: Als Schwerpunkte nennt Würzner dabei die Bereiche Bildung, Angebote für Kinder und Jugendliche, Schulen und Kitas, Klimaschutz sowie nachhaltige Mobilität. 25,6 Millionen Euro stehen für die Modernisierung von Schulen zur Verfügung – unter anderem wird gerade das Hölderlin-Gymnasium generalsaniert, die Sporthalle der Geschwister-Scholl-Schule wird neu gebaut, an der Waldparkschule die Essenssituation und am Bunsen-Gymnasium der Ganztagsbetrieb verbessert. Die Planungen für den Schulcampus Mitte werden fortgesetzt. In den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen investiert die Stadt 15,1 Millionen Euro. Vier Kindertagesstätten werden entweder wie das Forum 3 im Emmertsgrund umgebaut, wie die Furtwänglerstraße in Handschuhsheim erweitert oder wie die Stettiner Straße in Kirchheim und der Breisacher Weg in Rohrbach neu gebaut. Das neue Haus der Jugend wird fertiggestellt, insgesamt komme jeder fünfte Euro im Haushalt Kindern und Jugendlichen zugute, so Würzner. Das Geld fließt auch in Jugendtreffs und Ferienprogramme.

> Heidelberg unternimmt mehr Anstrengungen im Klimaschutz: Die Stadt baut den öffentlichen Nahverkehr und Angebote für Radfahrerinnen und Radfahrer weiter aus. Sie investiert unter anderem in den Bau des Fahrradparkhauses "Stadtbalkon" am Hauptbahnhof Nord, treibt die Planungen für die Rad- und Fußgängerbrücke über den Neckar voran, vervollständigt das Radschnellwege-Programm und plant neue Fahrradabstellanlagen. Ein weiteres Ziel ist es, den 30-Punkte-Aktionsplan für den Klimaschutz voranzutreiben, den Ausbau von Photovoltaik und Wärmedämmung zu fördern. Die Stadtwerke beteiligen sich an einer Kooperation zur bundesweiten Schaffung von mehreren großen Solar- und Windenergieanlagen.

> Auch der Sport und die Kultur profitieren: Zusätzlich zu den Zuschüssen für laufende Programme investiert die Stadt in den Bau kultureller Einrichtungen – zum Beispiel in den neuen Karlstorbahnhof in der Südstadt oder das Mark-Twain-Center, aber auch die Planungen für die anstehende Sanierung im Kurpfälzischen Museum laufen an. Das Turnzentrum in Kirchheim wird erweitert und die Sporthalle auf dem Areal des ehemaligen US-Hospitals saniert.

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> Einsparungen in Millionenhöhe sind notwendig: Damit der Doppelhaushalt auch vom Regierungspräsidium genehmigt werden kann, mussten viele Investitionen auf die Jahre ab 2023 verschoben werden. Auf ein entsprechendes Paket von 17 Projekten hatten sich die Fraktionen schon vor Monaten geeinigt. Mehrausgaben, die durch die aktuellen Änderungsanträge der Stadträtinnen und Stadträte getätigt werden, sollen zum Teil über höhere Gebühren für das Anwohnerparken, Mehreinnahmen durch stärkere Kontrollen von Falschparkern und Geschwindigkeitsmessungen gegenfinanziert werden. Finanzbürgermeister Hans-Jürgen Heiß ist in diesem Punkt skeptisch: "Wir müssen abwarten, ob die Einnahmen sich so positiv darstellen werden wie erhofft."

> 300 Änderungswünsche hatten die Fraktionen für den Doppelhaushalt eingebracht: Im von Grünen, CDU, SPD, GAL, Linke und "Die Partei" getragenen Kompromiss blieben am Ende knapp 140 Anträge übrig, die das Ergebnis des Haushalts aber letztlich nicht verschlechtern. Im Vorfeld umstritten waren unter anderem der Vorschlag der Grünen, das Eigenkapital der Stadtwerke für weitere Anstrengungen im Klimaschutz zu erhöhen und die städtischen Zuwendungen für Eigenbetriebe wie das Theater mit Bundeszuschüssen wie etwa jenen für Kurzarbeit zu verrechnen. Diese beiden Anträge wurden später zurückgezogen.

> Die Grünen wollen mehr Anstrengungen für den Klimaschutz: Unter anderem konnten die Grünen einen Projekttopf zur Umsetzung konkreter Klimaschutzmaßnahmen in Höhe von 500.000 Euro für das Jahr 2022 durchsetzen. In seiner Haushaltsrede betonte Fraktionsvorsitzender Derek Cofie-Nunoo, dass dank der Änderungsanträge 4,3 Millionen Euro zusätzlich für den Klimaschutz lockergemacht werden konnten, darunter 2,8 Millionen Euro für die Mobilitätswende. Darunter sind aber auch eine Reihe kleinerer Maßnahmen: Für Projekte von Jugendlichen sollen 25.000 Euro bereitgestellt werden, für ein Entsiegelungsprogramm 210.000 Euro. Für die Transformation des Energiesektors und die mikroklimatische Aufwertung von Freiflächen sollen zusätzliche Planstellen geschaffen werden. 2,5 Millionen Euro mehr gibt es für die Radinfrastruktur.

Cofie-Nunoo begrüßte auch eine ganze Reihe von weiteren Änderungen: Die Ausstattung von Spielplätzen mit Toiletten und Sonnensegeln, Mehrausgaben für das Schulessen, um dort den Anteil von Bio und regionalen Produkten zu erhöhen, die Ausstattung von Schulen mit Luftfiltern und eine Allianz für Menschen mit Demenz.

> Die CDU sorgt sich um die Zukunft. "Angesichts von Fehlbeträgen von 45 Millionen Euro jährlich fahren wir sehenden Auges an die Wand", warnte Fraktionschef Jan Gradel. Daher fand er die beschlossene Haushaltsstrukturkommission so wichtig. In diese Kommission sollen Vertreter des Gesamtelternbeirats, Sportvereine und kulturelle Einrichtungen mit eingebunden werden. Das große Ziel sei es künftig, die Neuverschuldung auf 20 Millionen Euro zu begrenzen. Gradel ärgerte sich über einige ursprüngliche Vorschläge der Grünen, die nach seinen Angaben die Kosten des Anwohnerparkens sogar verzehnfachen wollten. Trotzdem sei es jetzt gelungen, ein ausgewogenes Paket in schwierigen Zeiten zusammenzubekommen.

> Die SPD bekam viel Lob für den Vorschlag, die Tarifsteigerungen in Höhe von 2,5 Prozent bei den sozialen Trägern zu berücksichtigen: Das war ein Änderungsantrag, den die anderen Fraktionen gerne mitgetragen haben. Fraktionschefin Anke Schuster freute sich auch über eine Aufwertung von Freiflächen, Zuschüsse für Sommerbühnen und Stadtteilvereine und sprach in diesem Zusammenhang von einer "Kultur des Ermöglichens". Ganz besonders freute sie sich, dass die Fraktionen der Verwaltung nicht noch eine globale Minderausgabe aufgedrückt haben, um weitere Einsparungen zu erzwingen. Schuster bedankte sich auch bei der GAL und der Linken, die sich stark in die Haushaltsberatungen eingebracht hätten.

> Die Linke will das soziale Netz stärken: Angesichts der Aufstockung der Mittel für die Schuldnerberatung, eines Projekts, wie Frauen mit Gewalterfahrungen in Wohnungen der GGH aufgenommen werden können und vielen anderen sozialen Themen, die in den Änderungsanträgen abgebildet sind, fiel es der Fraktionschefin Sahra Mirow leicht, dem Haushalt zuzustimmen. Gut fand sie auch die Ansätze für den Ausbau des Radverkehrs und die Anstrengungen für den Klimaschutz.

> Die GAL hatte für den Haushalt bewusst auf eigene Anträge verzichtet. "Nicht, weil wir keine Kritik, keine Ideen oder Wünsche gehabt hätten, sondern weil wir den vorgelegten Haushalt in diesen Zeiten für notgedrungen zustimmungsfähig gehalten haben", so GAL-Stadrat Michael Pfeiffer. Entsetzt sei er aber angesichts der ursprünglichen Änderungsanträge und der damit verbundenen Mehrausgaben gewesen, daher habe sich die GAL intensiv in die Haushaltsberatungen eingebracht. Am Ende lobte er das Ergebnis.

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