Zoo Heidelberg

Die Schildkröten bekommen ein Notquartier im Affenhaus

Für den Zoo ist der Sturmschaden nach Corona und Vogelgrippe eine Katastrophe. Emil, Iulius, Einstein und Hemingway geht es jedoch gut.

22.02.2022 UPDATE: 23.02.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden
Zehn Meter lang ist der Ast, der in der Nacht zum Montag auf das Haus der Riesenschildkröten im Zoo Heidelberg gefallen ist und das Dach teilweise durchbrochen hat. Foto: shy

Von Sarah Hinney

Heidelberg. Erst Corona, dann Vogelgrippe – und jetzt das: Der Sturm hat in der Nacht zum Montag einen über zehn Meter langen Ast von einem Baum im Zoo abgebrochen. Dieser fiel mitten auf das Dach des Schildkrötenhauses. Am Dienstagmorgen vor Ort wird klar, wie groß der Schaden ist. Nicht nur das Dach ist zerstört, Träger und dicke Balken sind gebrochen wie Bleistifte, die Wasser- und Stromleitungen sind kaputt. Ein Blick ins Haus macht deutlich: Dass die vier Riesenschildkröten nicht verletzt wurden, war reines Glück. Äste ragen durch das Dach, das Oberlicht ist gebrochen, Scherben liegen auf dem Boden, Lampen sind kaputt – es ist ein Bild der Zerstörung. Nach und nach wird klar: Das Haus ist wohl nicht mehr zu retten, auch wenn das an diesem Morgen noch niemand so deutlich aussprechen möchte.

Emil, Iulius, Einstein und Hemingway in ihrer Notunterkunft im kleinen Affenhaus. Foto: shy

Die gute Nachricht ist, dass es den vier Seychellen-Riesenschildkröten Emil, Iulius, Einstein und Hemingway gut geht. "Trotzdem war das für die Tiere ganz schön viel Stress", berichtet Kuratorin Sandra Reichler. In einem Kraftakt musste am Dienstag spontan ein neues Heim für die Reptilien geschaffen werden. Sie sind jetzt im kleinen Affenhaus untergebracht. Dieses ist eigentlich gerade eine Baustelle, aber es war die einzige Möglichkeit. Zwei Paletten voll Rindenmulch haben die Zoo-Mitarbeiter im Notquartier verteilt und damit eine Rampe geschaffen, damit die Schildkröten den Höhenunterschied in dem Gehege überwinden können. Sämtliche Gefahrenstellen mussten abgesichert werden, die Glasscheibe wurde mit Brettern verstärkt, damit die Tiere sie nicht aufdrücken.

Reichler hofft nun, dass es warm genug wird für die Tiere. Alle Heizungen sind voll aufgedreht, zusätzliche Wärmelampen installiert. "Alle Mitarbeiter haben den ganzen Tag mit angepackt, ohne Mittagspause", berichtet Reichler.

Der Umzug der Riesen selbst folgte direkt danach: Pro Schildkröte brauchte es vier Mann, um sie in den Zoobus zu hieven und in die Notunterkunft zu transportieren. Emil und Iulius, die beide über 100 Jahre alt sind, bringen immerhin jeweils 200 Kilo auf die Waage. "Wir hatten Sorge, dass die Tiere nach dem Stress nicht fressen, aber das haben sie zum Glück. Sie haben das gut verkraftet", zeigt sich Reichler erleichtert.

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Von oben wird deutlich, mit welch einer Wucht der Ast auf das Gebäude traf. Foto: Zoo Heidelberg

Dennoch ist klar, dass die Tiere in der Notunterkunft nur vorübergehend bleiben können. Es gibt dort kein Außengehege. "Die Tiere lieben die ersten Sonnenstrahlen, gerade im Frühling", erklärt die Kuratorin. Außerdem benötigen sie UV-Licht, und auch das Wasserbecken wird dem Quartett fehlen.

Thomas Pöschko, seit Januar Kaufmännischer Geschäftsführer im Zoo, ist froh, dass weder Tiere noch Menschen verletzt wurden. Er betont aber, dass dieses Unglück ein herber Schlag ist, zumal der Zoo schon durch Corona große Einbußen hatte. Pöschko hofft nun inständig, dass ab März die Schutzmaßnahmen wegen der Vogelgrippe aufgehoben werden können. "Im Moment findet die letzte Beprobung der Vögel statt", berichtet Pöschko.

Dann würde der Zoo auch wieder zu seinen regulären Ticketpreisen zurückkehren. Zurzeit ist der Eintritt günstiger, weil durch die Vogelgrippe nicht alle Bereiche zugänglich sind. "Wir können im Moment wirklich jeden Cent gebrauchen. Wir sind ohnehin schon sehr gebeutelt und das setzt allem noch einen oben drauf", sagt Reichler, während ihr Blick über das Schildkrötenhaus wandert. An diesem Mittwoch wird ein Kran den Ast vom Dach heben, dann wird sich erst das ganze Ausmaß der Zerstörung zeigen. Zumal das Gebäude nicht nur den Schildkröten Heimat war, sondern hier auch Versorgungsleitungen für andere Zoobereiche entlanglaufen. Baulich ist es zudem mit angrenzenden Volieren und der Scheune verbunden. Sicher ist indes schon jetzt: Einen solchen Sturmschaden hat der Zoo noch nie erlebt.

Info: Wer den Zoo unterstützen möchte, kann spenden: Sparkasse Heidelberg, IBAN: DE 65.6725.0020.0000 0159 11.

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