Spitze in Baden-Württemberg

Heidelberg bleibt Pendlerhochburg

63.100 Menschen pendeln täglich in die Stadt, 28.100 verlassen sie jeden Morgen - Immer mehr Arbeitnehmer kommen aus dem Nordwesten

25.01.2019 UPDATE: 26.01.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 17 Sekunden

Die meisten Pendler kommen aus Mannheim und aus dem direkten Umland zum Arbeiten nach Heidelberg. Grafik: Amt für Stadtentwicklung und Statistik/Statistisches Landesamt

Von Timo Teufert

Heidelberg. Heidelberg bleibt Pendlerhochburg: In keine andere Stadt in Baden-Württemberg pendeln jeden Tag so viele Menschen wie nach Heidelberg. Fast 70 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kommen von außerhalb - das sind 63.100 Personen, Anfang der 1990er Jahre waren es noch 60 Prozent. Diese Zahl ist in den letzten Jahren noch einmal deutlich gestiegen.

Doch auch immer mehr Menschen, die in Heidelberg leben, arbeiten außerhalb: Jeder zweite mit einem sozialversicherungspflichtigen Job, der in der Stadt wohnt, pendelt ins Umland (etwa 23.200 Personen), jeder vierte davon nach Mannheim oder Ludwigshafen (mehr als 5300). Damit hat sich der Anteil der Auspendler seit 2010 um 40 Prozent erhöht. Diese und viele weitere Details präsentierte Stefan Lenz, Abteilungsleiter im Amt für Stadtentwicklung und Statistik, am Mittwoch im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss, als er dort den aktuellen Pendlerbericht vorstellte.


Pendeln nach Heidelberg

Die meisten Einpendler kommen aus dem Heidelberger Speckgürtel und dem Rhein-Neckar-Kreis. Insgesamt sind es aus dem ganzen Kreis knapp 38.000 Menschen und damit rund 60 Prozent aller Einpendler. Spitzenreiter ist Leimen mit 4242 Personen, gefolgt von Eppelheim (2833 Personen), Sandhausen (2199 Personen) und Dossenheim (2077 Personen). Aus Neckarbischofsheim (63 Personen), Helmstadt-Bargen (89 Personen) und Reichartshausen (96 Personen) im südöstlichen Kreisgebiet kommen die wenigsten Einpendler. Die meisten Einpendler kommen in absoluten Zahlen allerdings aus Mannheim: Insgesamt 5356 Personen leben dort und fahren zum Arbeiten nach Heidelberg.

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Die Anzahl der Einpendler ist proportional zur Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt gewachsen (14 Prozent zu 14,3 Prozent). "Die Entwicklung verläuft seit 2010 absolut parallel", berichtet Lenz. In dieser Zeit sei die Zahl der Einpendler aus dem Rhein-Neckar-Kreis zwar um rund 2300 angestiegen, ihr Anteil an der Gesamtzahl der Einpendler habe sich seither aber um 4,2 Prozentpunkte verringert, so Lenz. Absolut betrachtet ist der Anteil der Einpendler aus Mannheim (plus 1200), Ludwigshafen (plus 350), Leimen (plus 310) und Weinheim (plus 240) am stärksten gestiegen.

Eine wichtige Zusatzinfo hatte Lenz noch zu den Einpendlern: "Für ihren Arbeitsweg nach Heidelberg nutzen insgesamt 11.400 Menschen das Jobticket des Verkehrsverbundes."


Wohnen und Arbeiten in Heidelberg

"Heidelberg gewinnt aber auch als Wohn- und Arbeitsort an Bedeutung", berichtete Lenz. Die Anzahl der Menschen, die in Heidelberg leben und arbeiten, ist zwischen 2010 und 2017 um 15,3 Prozent angestiegen - also etwas stärker als die Zahl der Einpendler. 2010 waren es etwa 24.300 Beschäftigte, 2017 schon etwa 28.100. Im regionalen Vergleich liegt Heidelberg damit an der Spitze: In Ludwigshafen hat sich der Anteil im gleichen Zeitraum um 11,1 Prozent (plus 3200), in Mannheim um 10,5 Prozent (plus 7000) erhöht. Darin erkennen die Statistiker den landesweiten Trend der Reurbanisierung - also das Wohnen in der Stadt. Die Entwicklung der Bahnstadt und der Konversionsflächen könnte diesen Trend künftig noch verstärken, heißt es im Pendlerbericht.


Pendeln aus Heidelberg

"Die Auspendler haben sich oftmals ganz bewusst für Heidelberg als Wohnstandort entschieden, ihre Quote hat sich deutlich erhöht", so Lenz. Sie wohnen in Heidelberg und arbeiten meist bei den großen Arbeitgebern der Region, etwa den Wild-Werken in Eppelheim, Freudenberg in Weinheim, SAP in Walldorf oder der BASF in Ludwigshafen.

Von den rund 51.200 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Wohnort Heidelberg pendelt fast jeder zweite ins Umland (etwa 23.200 ). Damit hat sich der Anteil der Auspendler seit 2010 um circa 6600 (plus 39,6 Prozent) erhöht. Fast jeder Vierte pendelt nach Mannheim oder Ludwigshafen (mehr als 5300). Weitere wichtige Zielgemeinden sind das Doppelzentrum Wiesloch-Walldorf (rund 3100) und Eppelheim (über 600). Die Pendlerbewegungen in Gebiete außerhalb der Region haben ebenso stark zugenommen. Besonders profitierten dabei die Städte Karlsruhe (plus 200), Berlin (plus 200), Frankfurt (plus 200), Stuttgart (plus 130) und Darmstadt (plus 90).

Landesweit und in der Region liegt Heidelberg bei den Auspendlern auf den mittleren Rängen mit einer Quote von 45,2 Prozent. Weit oben ist Ludwigshafen (50,5 Prozent), gefolgt von Baden-Baden (50 Prozent) und Heilbronn (49,6 Prozent). Mannheim kommt auf 39,9 Prozent.


Die Veränderungen

"Die Pendlerströme haben sich zwischen 2010 und 2017 deutlich verschoben", berichtet Statistiker Lenz. So gehe das Einpendeln aus dem südöstlichen Teil des Rhein-Neckar-Kreises zurück. "Dafür haben wir einen unglaublichen Anstieg im nordwestlichen Bereich", erklärt Lenz. Aus den Gemeinden entlang des Rheins (Neulußheim: plus 41,8 Prozent, Altlußheim: plus 25,4 Prozent, Brühl: plus 25,2 Prozent) und entlang der Bergstraße (Weinheim: plus 27,2 Prozent, Hemsbach: plus 25,6 Prozent, Laudenbach: plus 19,5 Prozent) sind die Zahlen der Einpendler fast durchgängig um mindestens 15 Prozent gestiegen, oft liegen sie noch darüber.

Dieser Trend setzt sich sogar über die Landesgrenze fort: Allein die Zahl der Einpendler aus Hessen ist um 1182 Personen angestiegen. Und aus dem Regierungsbezirk Darmstadt pendeln jetzt schon 4800 Menschen (plus 7,6 Prozent) an ihren Arbeitsplatz in Heidelberg.

Zunehmend an Bedeutung gewinnt auch das Pendeln von Stadt zu Stadt, vor allem weil in diesem Fall meist der Nahverkehr am Abfahrts- und Zielort gut ausgebaut ist. "Die steigenden Ein- und Auspendlerzahlen von und nach Mannheim und Ludwigshafen stehen sinnbildlich für diesen Pendlertypus", heißt es in der Vorlage zum Pendlerbericht. "Neben dem urbanen Pendeln nimmt auch das Fernpendeln immer weiter zu", erklärt Lenz. So sei die Zahl der Menschen, die in Heidelberg wohnen und ihren Arbeitsplatz in einer Großstadt außerhalb der Region haben, um insgesamt 1000 gestiegen.


Das sagt die Stadt

"Der Pendlerbericht spiegelt einige unserer Beobachtungen der vergangenen Jahre eindrücklich wider. Heidelberg bietet vielen Beschäftigten in den Umlandgemeinden attraktive Arbeitsplätze und wird als Arbeitsort immer begehrter - dies untermauert die hohe Einpendlerquote", sagt Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck. Die Ergebnisse des Pendlerberichts, der Beamte, Selbstständige, mithelfende Familienangehörige und geringfügig Beschäftigte sowie Studierende nicht erfasst, sollen nun als Datengrundlage dienen - etwa wenn es an die Erstellung des Verkehrsentwicklungskonzeptes bis zum Jahr 2030 geht.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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