Sirenen-Warnung

In Heidelberg soll es wieder heulen

Ein Jahr nach der Chemiewolke und dem blauen Trinkwasser: Stadt will die Bürger wieder wie früher durch Heultöne warnen

02.02.2020 UPDATE: 03.02.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 46 Sekunden
In Mannheim wurden bis 2017 65 solcher moderner Sirenen installiert. Dieses Modell soll es bald auch in Heidelberg geben. Foto: Gerold

Von Micha Hörnle

Heidelberg. Es ist fast ein Jahr her, dass eine Lösungsmittelwolke eines Wieblinger Chemiewerks über die Autobahn A5 trieb und – nur fünf Tage später – das Trinkwasser im Norden Heidelbergs und in Dossenheim blau war. Damals kam die Frage auf, wie man bei Unglücksfällen die Bevölkerung warnen sollte – im Fall des "blauen Trinkwassers" fuhren Lautsprecherwagen der Feuerwehr durch die Straßen. Um in Zukunft schneller und besser reagieren zu können, soll Heidelberg nach über 25 Jahren wieder ein Sirenennetz erhalten – zumindest, wenn es der Haupt- und Finanzausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch, 5. Februar, empfiehlt. Allerdings gilt eine Mehrheit als sicher.

Schon direkt nach den beiden Vorfällen hatten CDU und die Linke unabhängig voneinander Anträge zum Aufbau eines Warnnetzes gestellt, und auch die Stadtverwaltung zeigte sich für die Idee offen. Denn es war klar, dass die Katastrophenhinweis-Apps "Nina" und "Katwarn" zu wenige Leute erreichten, erst recht die Rundfunkdurchsagen. Sirenen, so die Stadtverwaltung, seien wegen ihres "Weckeffekts" die einfachste und schnellste Art, Bürger bei Gefahrenlagen – etwa Unwetter, gefährliche Stoffe in der Luft, Verunreinigung von Trinkwasser, Ausfall von Strom, Gas und Wasser, aber auch Amok- und Terroranschläge – zu warnen. Beim Aufbau will sich Heidelberg an Mannheim orientieren, das seit 2015 ein solches Alarmnetz ausbaute. Das sind heute nicht mehr die alten Tellersirenen – sie wurden 1993 nach dem Ende des Kalten Krieges abgebaut –, sondern Hochleistungsanlagen mit Schalltrichtern, die variabel einstellbar sind.

Geplant sind vorerst 25 Standorte im gesamten Stadtgebiet (früher gab es 95 Tellersirenen). Die meisten Anlagen – jeweils drei – wird es in Ziegelhausen und in Kirchheim geben. Die genauen Standorte will die Stadt noch nicht bekannt geben, allerdings werden fast alle Sirenen auf Hausdächer montiert, die überwiegend im Besitz der Stadt oder der städtischen Wohnungsgesellschaft GGH sind. Freistehende Masten – es soll nur einen geben – seien zu teuer und zu wartungsintensiv. Ein Stadtsprecher erklärte der RNZ: "Bis auf einen Standort besteht grünes Licht. Die übrigen Standorte sind auf privaten Gebäuden geplant, die verschiedenartig genutzt werden. Die Eigentümer werden wir nach einem positiven Beschluss des Gemeinderates ansprechen, ob sie den Aufbau gestatten."

Zum Vergleich: Das Mannheimer Sirenennetz ist – unter anderem wegen der vielen Industrieanlagen – größer: Es gibt 65 Sirenen, also fast dreimal so viele wie in Heidelberg – sie wurden erstmals Mitte November 2017 mit einem stadtweiten Probealarm getestet. Die Kosten lagen bei 1,4 Millionen Euro – allerdings hatten Firmen fast ein Drittel der Summe gespendet –, in Heidelberg rechnet die Stadt mit Ausgaben von etwas über 400.000 Euro, zuzüglich 5000 Euro pro Jahr an Betriebskosten und für die Funkverbindung. Wie auch in Mannheim können die Heidelberger Sirenen nur heulen, es gibt keine Durchsagen. Jede Sirene kann in der Leitstelle der Berufsfeuerwehr einzeln angewählt werden. Außerdem haben sie einen Akku, der sie von Stromausfällen unabhängig macht.

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CDU-Kreisvorsitzender Alexander Föhr ist erleichtert: "Es hat sich gezeigt, dass wir auch analoge Methoden brauchen, um die Bevölkerung zu warnen."

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