"Schaufenster-Antrag"

Heidelberg will freiwillig mehr Flüchtlinge aufnehmen

Heidelberg erklärt sich bereit, freiwillig Geflüchtete aufzunehmen Große Mehrheit für den Linke/Piraten-Antrag - Appell für die Seenotrettung im Mittelmeer

19.10.2018 UPDATE: 20.10.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 41 Sekunden

Mit einer Menschenkette warb die Initiative "Seebrücke" vor dem Rathaus für die Aufnahme Geflüchteter. Foto: Alex

Von Denis Schnur

Heidelberg. Mit orangenen Tüchern, Banner und Megafon standen rund 50 Demonstranten am Donnerstag vor dem Rathaus. Vor der Sitzung des Gemeinderates wollte die Initiative "Seebrücke" noch einmal für ihr Anliegen werben. Dafür, dass die Stadt sich klar dafür ausspricht, Geflüchtete in Seenot zu retten. Und dafür, dass Heidelberg freiwillig mehr Geflüchtete aufnimmt.

Dafür setzten sich die Demonstranten schon seit Monaten ein. Mit Erfolg, wie sich am Donnerstag zeigte: Nach kurzer Diskussion stimmte eine große Mehrheit im Gemeinderat für den Antrag der Fraktion Linke/Piraten. Nun wird sich Oberbürgermeister Eckart Würzner dem Appell seiner Kollegen aus Bonn, Düsseldorf, Berlin, Freiburg und Köln anschließen und Bundeskanzlerin Angela Merkel per Brief auffordern, sich intensiv für sichere Fluchtrouten sowie die Fortführung der Seenotrettung im Mittelmeer einzusetzen. Dieser Punkt war weitgehend unstrittig - lediglich ein AfD-Stadtrat stimmte dagegen.

Aber auch der zweite Punkt fand eine große Mehrheit: 29 von 40 Räten stimmten dafür, dass Heidelberg im Rahmen seiner Möglichkeiten freiwillig Geflüchtete aufnimmt (7 stimmten dagegen). Im Moment ist die Stadt von der Zuteilung befreit, da sich das Ankunftszentrum des Landes in Patrick Henry Village befindet. Dass sich durch die Aufnahme die Situation der Geflüchteten im Mittelmeer zunächst nicht verbessert, war allen Stadträten klar: Die Menschen, die nun nach Heidelberg kommen, würden sonst in anderen Kommunen im Land untergebracht.

Als "Schaufenster-Antrag" wurde die Forderung entsprechend bezeichnet - auch von Befürwortern: "Aber manchmal muss man die wichtigen Dinge ins Schaufenster stellen", so Hans-Martin Mumm (Grün-Alternative Liste). Hier sei es die Internationalität, die Heidelberg stark mache und auf die man stolz sein könne: "Wir stärken unsere Stadt, indem wir uns bekennen, Flüchtlinge aufzunehmen."

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"Wir halten das für einen Placebo", begründete dagegen Alexander Föhr, warum einige CDU-Räte gegen den Antrag stimmten. Man täusche lediglich vor, etwas gegen das Sterben im Mittelmeer zu unternehmen: "Es wird aber nicht ein Mensch mehr gerettet." Da derzeit über die Zukunft des Ankunftslagers diskutiert werde und es unklar sei, ob Heidelberg auch weiterhin von der Zuteilung Geflüchteter befreit sei, sprach sich Föhr dagegen aus, die freien Kapazitäten in den Heidelberger Unterkünften schon jetzt zu verplanen.

Die meisten Räte zeigten sich allerdings deutlich optimistischer: "Je mehr Städte mitmachen, desto größer ist der Druck und damit die Chance, dass sich etwas ander Situation ändert", so Hilde Stolz (Bunte Linke), und dann würden eben doch mehr Menschen gerettet.

Eine große Mehrheit trug zudem den Vorschlag von Karl Breer (FDP) mit, dass Würzner sich im Brief an die Kanzlerin auch für ein schnelles Einwanderungsgesetz ausspricht, damit die Geflüchteten unkompliziert "in Lohn und Brot" kommen.

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