RNZ-Leser zum Verkehr in Heidelberg

"Der ÖPNV muss attraktiver werden"

Viel Kritik an den Plänen von Bürgermeister Odszuck - Der Tenor ist eindeutig

16.04.2019 UPDATE: 16.04.2019 15:00 Uhr 5 Minuten, 22 Sekunden

Traditionell ist der Verkehr das wichtigste Problem für die Heidelberger. Foto: Rothe

Heidelberg. (mare) "Autofahren muss unattraktiver werden" - Das meint Heidelbergs Bürgermeister Jürgen Odszuck im Hinblick auf die Verkehrswende. Doch die Reaktion der RNZ-Leser lässt erahnen, dass er damit weit weg ist von dem Befinden der Menschen, die in der Stadt leben oder arbeiten. 

Nahezu 130 Kommentare allein auf der RNZ-Facebook-Seite, Tausende erreichte Leser - keine Frage: Die Menschen treibt das Thema Verkehr in Heidelberg um wie kein anderes. Und auch ein klarer Tenor ist erkennbar: Das Problem ist der ÖPNV, also das Angebot von Bussen und Bahnen in der Stadt. Die Reaktionen im Überblick:

Schlechtes Angebot bei Bus & Bahn

"Nicht Autofahren muss unattraktiver werden, sondern öffentliche Verkehrsmittel müssen attraktiver werden", fasst ein RNZ-Leser die vorherrschende Meinung zusammen. Weitere Beispiele gefällig? Voilà: "Autofahren ist schon unattraktiv genug, vor allem in Heidelberg! Damit sich was ändert, muss der öffentliche Nahverkehr besser und günstiger werden!", schreibt eine Nutzerin. "Öffies günstiger machen... Easy!", "Haha ... noch schlimmer, dann muss man dafür sorgen, dass Bus und Bahn attraktiver werden", lauten weitere Kommentare in diese Richtung.

"Ein funktionierender ÖPNV wäre schon mal ein Anfang", glaubt eine Nutzerin. Aber: "Das werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr erleben ... Habe aufgehört zu zählen, wie viele Stunden Lebenszeit mich Heidelberg und das Neuenheimer Feld alleine diesen Monat schon wieder gekostet haben ?"

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Eine weitere Meinung: "Dazu müsste erstmal der Nahverkehr rund um die Uhr funktionieren und auch der Preis müsste drastisch sinken, von den Taktungen mal ganz zu schweigen."

"Ja, wenn man das Auto nicht brauchen würde, dann wäre das ja toll", schreibt ein andere Nutzer. "Aber so einfach ist das nicht. Familien mit Kindern sollen Ausflüge mit Bus und Bahn organisieren? Und dann noch mit den Preisen?" Und außerdem müsse man seine Termine dann an den Fahrplan der RNV anpasse. Darauf antwortet eine Frau: "Vergessen Sie Ihren Terminplan nicht nur an die Fahrpläne der RNV anzupassen, sondern auch die unzähligen Verspätungen und Fahrtausfälle zu berechnen." Und wer dann in den überfüllten Bus nicht reinkomme, weil zu Stoßzeiten zwei Busse ausgefallen sind und der dritte nur ein kleiner sei, der habe halt mal Pech und müsse nach Ziegelhausen, Wilhelmsfeld oder gar Heiligkreuzsteinach laufen. Ihr Schuss Ironie: "Bewegung ist schließlich Leben."

"Der Baubürgemeister", kritisiert dieser User, "hat wohl keine Ahnung vom Heidelberger ÖPNV. Diesen zu verbessern wäre mal eine Aufgabe."

Kein Autoverzicht

"Ohne Auto - ohne mich", schreibt eine Userin knapp. "Geht's noch?", regt sich dieser Leser auf. Und zwar darum: "Ich bin leider beruflich auf das Auto angewiesen!" Seine Gewerbesteuer, merkt er sarkastisch an, dürfe er aber weiter bezahlen.

"Nicht nur die Fahrpreise, auch der Fahrplan" müsse verbessert werden, mahnt dieser User. Er sagt: "Wenn man Schicht arbeitet oder am Wochenende, dann hat man mit den Öffentlichen keine Chance, da die Fahrzeiten sehr unflexibel sind." Und an alle gerichtet, die jetzt sagen, "Nehm das Fahrrad": "An manche Arbeitsstellen kommt man mit dem Fahrrad nicht, unzumutbar." 

Und so sieht ein anderer Nutzer das Thema: "Ist natürlich billiger und wesentlich lukrativer, Autos das Fahren zu verbieten und Gebühren zu verlangen als den ÖPNV auszubauen." Er sei nicht bereit, "mit Umstieg ungefähr eine 1 Stunde nach Heidelberg zu brauchen, wenn ich es mit dem Auto in 20 Minuten schaffe".

"Es müssten dann aber auch mal die Öffentlichen günstiger gemacht werden", sagt diese Leserin. "Wie viel kostet ein Fahrschein 2,50/2,70 Euro?! Den braucht man 2 mal, weil zurück will man auch kommen." Ihr Fazit: "Da ist man mit dem Auto echt günstiger dran und für viele auch bequemer!" So wundere es sie nicht, das viele dann auch die Öffentlichen meiden.

Ein User bemüht den Sarkasmus: "Verbessern wir den Nahverkehr und senken die Preise? - Nein, wir machen einfach das Autofahren noch beschissener."

Andere nennen Beispiele aus ihren Erfahrungen: "Lustig. Mit den Öffentlichen 1 Stunde 20 Minuten zur Arbeit. Mit dem Auto 18 Minuten ... Finde den Fehler?." Mit vielen Smileys macht ein Leser seine Erfahrung und Meinung deutlich: "Von Eppelheim nach Nußloch mit dem Auto 10 bis 15 Minuten, mit ÖPNV 1 1/2 bis 2 Stunden ..."

"Sehr schade", findet ein anderer Leser die Situation. "Wird sind früher gerne nach Heidelberg gefahren aus Heilbronn!"

"NOCH unattraktiver?", echauffiert sich eine Leserin. Sie fragt launisch: "Muss man dann, wenn man an 9 von 9 roten Ampeln stehen (und CO2 abgeben) musste, nochmal zurück und von vorn anfangen?"

Nachteile für den Einkaufsstandort Heidelberg

Auch die Auswirkungen auf das Einkaufen, die Geschäfte und vor allem den Einzelhandel sehen die RNZ-Leser durch Odszucks Vorschläge gefährdet. "Was ist denn mit dem Einzelhandel?!?", fragt ein Nutzer. "Die Leute müssen doch adäquat shoppen gehen können! Die Parkplatzsituation ist schlichtweg nicht vorhanden in der Altstadt." Und er hat eine nicht ganz ernst gemeinte Lösung parat: "Lösungsvorschlag der Misere: Komplettasphaltierung der Altstadt als begehbarer Parkplatz ?"

Ein User sagt, ihm graue es heute schon vor jedem Termin in Heidelberg, zu dem er zwei oder drei Taschen Materialien mitbringen müsse. "Die jungen urbanen Menschen ohne Gepäck dürfen gerne mit Bus, Bahn und Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen. Sobald man aber mal mehr Dinge mit sich führt, als man tragen kann, ist das Auto als Lastesel unerlässlich." Das Problem: "Man findet dann aber jetzt schon keinen Parkplatz oder kann viele wichtige Adressen (viele Gebäude der Stadtverwaltung und der Uni usw.) gar nicht wirklich anfahren."

Eine andere Nutzerin verweist auf das Rhein-Neckar-Zentrum (RNZ) in Viernheim. Denn: "Ob ich es mir als Shopping-Kunde von außerhalb antue, mich mit vollen Tüten in die Bahn zu quetschen oder ob ich stattdessen nach Viernheim ins RNZ mit unzähligen kostenlosen Parkplätzen gehe, stelle ich auch einfach mal in den Raum." Andere springen bei: "Da fahre ich doch dann lieber Einkaufen nach Mannheim oder Viernheim" Das macht auch auch dieser Mann: "Ich geh in Mannheim shoppen."

Der Onlinehandel profitiert

Einen weiteren Sargnagel für den Handel sieht diese Leserin in den Vorschlägen: "Autofahren in Heidelberg ist schon Jahrzehnte unattraktiv. Deshalb auch das Sterben der guten Geschäfte ..." Das sieht er ähnlich: "Was für arrogante Aussagen!! Irgendwann ist das letzte Kaufhaus in Heidelberg auch verschwunden!!!"

Ins gleiche Horn bläst dieser User: "Man braucht sich nicht wundern, wenn die Geschäfte der Innenstädte weiter sterben und Einkaufszentren und der Onlinehandel weiter wachsen, wenn man die Innenstädte für Autos unattraktiv macht, man den Nahverkehr aber nicht auf Vordermann bringt."

Das bringt schon die Alternative zum Einkaufen in der Stadt ins Spiel - das Internet. Das beweist dieser Kommentar: "Wir fahren eh schon nicht mehr mit dem Auto nach Heidelberg", berichtet eine Userin. "Wir meiden es ganz. Fürchterliche Stadt. Shopping geht auch gemütlich über das Internet. ?"

Dem pflichtet ein User bei: "Wir kaufen eh im Internet, die Innenstädte sind mit oder ohne Auto unattraktiv."

Was wäre die Lösung?

Die Kritik überwiegt also klar. Aber es gibt auch Stimmen, die für einen Mittelweg werben. "Man muss das richtige tun, um umdenken zu erzeugen. Und es hat damit zu tun Gewohnheiten durch andere Gewohnheiten zu ersetzen", bringt ein Userin Grundsätzliches an. Kritisiert aber gleichzeitig auch das Vorhaben: "Also sollten diese attraktiv sein." Eine ähnliche Sichtweise: "Warum muss man in kritischen Fragen immer das eine unattraktiver machen, kann man das andere nicht einfach attraktiv machen?"

Ein anderer RNZ-Leser denkt: "Man muss einen Mittelweg finden. Für die Menschen, welche aus Bequemlichkeit mit dem Auto fahren den ÖPNV attraktiver machen, aber gleichzeitig für die, welche auf das Auto angewiesen sind, keine Steine in den Weg zu legen."

Unterstützung für den Baubürgermeister

"Richtig so", pflichtet ein Leser Odszuck aber bei. Und auch eine andere Stimme meint: "Heult ruhig rum, Ihr Lieben Autofahrer." Er sei in Heidelberg-Weststadt aufgewachsen und könne sich nicht erinnern, "dass wir jemals so ein massives Verkehrsaufkommen hatten". Er habe seit mehr als 15 Jahren kein Auto. "Für größere Besorgungen oder Einkäufe nehmen wir ein Carsharing Auto und der ÖPNV ist hier seit mehr als 25 hervorragend ausgebaut." Man könne nahezu jede Ecke mit dem Fahrrad innerhalb von 20 Minuten erreichen, wenn man in der Nähe der Innenstadt wohnt. Das Auto brauche man eigentlich nur für Ziele außerhalb. "Anstatt die Sünden der 60er/70er zu wiederholen (bspw. Stadtautobahnen wie in Darmstadt oder Karlsruhe), versucht man halt ein paar neue Konzepte. Am Ende profitieren wir alle von weniger Autoverkehr mit einer verbesserten Lebensqualität", meint er.

Ort des Geschehens

Und löst eine hitzige Debatte aus. Die Replik: Alleine 17 Antworten auf diesen Kommentar. Und sie alle widersprechen. Die Argumente: Was sei mit den Menschen im Umland, in den Randstadtteilen, mit dem Berufsverkehr, den Fahrplänen- und preise. Und damit sind wir wieder am Ausgang der Diskussion und der Forderung: "Der ÖPNV muss attraktiver werden."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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