Kommunalwahl 2024 Heidelberg

Was die "Bunte Linke" will

Für mehr Klimaschutz, städtischen Wohnungsbau und die Verkehrswende: Die Wählervereinigung stellt ihr Wahlprogramm vor.

19.04.2024 UPDATE: 19.04.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 2 Sekunden
Arnulf Weiler-Lorentz (links) ist einer von derzeit zwei Stadträten der „Bunten Linken“ im Gemeinderat. In der Stadtbücherei befragte ihn Marcus Götz (rechts, Listenplatz sechs) nach seinen Ideen im Falle eines erneuten Einzugs in das Stadtparlament. Foto: Philipp Rothe

Von Julia Lauer

Heidelberg. Sie treten an, um Grünflächen zu erhalten, den Nahverkehr auszubauen und mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen: Die Heidelberger Wählervereinigung "Bunte Linke" stellte am Dienstagabend ihr Programm für die Kommunalwahl in der Stadtbücherei vor.

Die Liste führt Stadträtin Hilde Stolz an, daneben kamen sechs weitere Kandidaten der 2004 gegründeten Initiative zu Wort. In kurzen Interviews erklärten sie bei Chips und Sekt, wie sie sich die Zukunft der Stadt vorstellen. Dabei warfen sie immer wieder auch einen Blick zurück.

> Gesellschaft: Was verbindet die Kandidaten der Wählervereinigung? "Ein moralisches und ethisches Grundgerüst", glaubt man Spitzenkandidatin Hilde Stolz. Konsens sei etwa, dass vulnerable Gruppen wie Flüchtlinge nicht ausgegrenzt werden dürften. Gesellschaftliches Miteinander erfordere außerdem Räumlichkeiten ohne Konsumzwang, so die EDV-Beraterin aus der Weststadt.

Die Stadt habe bereits vieles für arme Menschen getan, etwa mit dem Heidelberg-Pass. Doch das sei nicht genug: "Einsamkeit ist vor allem ein Thema für Ältere und für Arme und erst recht für ältere Arme." Statt in Großprojekte sollte die Stadt lieber mehr Geld in Soziales stecken. Wie kann das aussehen? "Die Seniorenzentren könnte man beispielsweise um Familienzentren ergänzen", so die Listenerstplatzierte.

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> Naturschutz: Ein Schwerpunkt der "Bunten Linken" ist, den lokalen Folgen des Klimawandels zu begegnen. "Das ist unser roter oder eher grüner Faden", erklärte die Listenzweitplatzierte Birgit Müller-Reiss zum Programm. Um das zu erreichen, setzt die Initiative auf den Erhalt von Grünflächen in der Stadt sowie auf den des Grüngürtels, der Heidelberg im Norden, Westen und Osten umgibt.

"Das bedeutet, dem Wachstum Grenzen zu setzen", verdeutlichte die Kandidatin. Die Wählervereinigung wolle außerdem Kaltluftströme erhalten und sich verstärkt für die energetische Sanierung von Gebäuden im Bestand einsetzen. Das haben sich auch andere Gruppen vorgenommen, die bei der Kommunalwahl antreten. "Aber die Bunte Linke schaut genau hin", versprach die Handschuhsheimer Historikerin.

> Windkraft: Beim Ausbau der Windkraft in Wald sorgt sich die Wählerinitiative um die Schädigung des Naturraums mit seinen Tieren und Pflanzen. "Die Bunte Linke bevorzugt Standorte im Offenland und lehnt den Hohen Nistler beziehungsweise den Weißen Stein als Standort ab", fasste Birgit Müller-Reiss die Position der Vereinigung zusammen.

Doch ein generelles Veto legt die Initiative auch in bewaldeten Gebieten nicht ein. "Die Bunte Linke sieht die Drei Eichen als möglichen Standort", so die Handschuhsheimerin. Dieser scheiterte 2020 jedoch am Einspruch des benachbarten Forschungszentrums EMBL, das fürchtete, dass Vibrationen ihre feinen empfindlichen Geräte stören könnten.

> Bezahlbarer Wohnraum: Heidelberg sei zwar schön, aber in der Schweiz laufe vieles besser – das stellte Stadtrat Arnulf Weiler-Lorentz mit Blick auf die Wohnsituation fest. Städte wie Zürich nämlich veräußerten keinen städtischen Grundbesitz, und die Grundlage für städtischen Wohnungsbau sei nun einmal der Besitz entsprechender Flächen, betonte der Arzt im Ruhestand. So sei beispielsweise auch möglich, Grundstücke in Erbpacht zu vergeben.

"Die Konversionsflächen in toto zu erwerben und zu halten, wäre die Jahrhundertchance gewesen", kritisierte der Stadtrat mit Listenplatz drei. Die Wählerinitiative will künftig in jenen Bereichen auf diese Möglichkeit dringen, in denen das noch geht, kündigte Weiler-Lorentz an – etwa im Patrick-Henry-Village. Heidelberg verhandelt derzeit mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und will bald die ersten Grundstücke in der ehemaligen US-Siedlung kaufen.

> Verkehr: Dass das Neuenheimer Feld mit seinen 20.000 Beschäftigten und seinem hohen Verkehrsaufkommen nur über Busse und über keinerlei Straßenbahnlinie verfügt, bezeichnete Arnulf Weiler-Lorentz als ein "Trauerspiel". Aber auch stadtweit braucht es der "Bunten Linken" zufolge einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

"Das Auto wird in unserer Gesellschaft noch lange seinen Platz haben", führte die pensionierte Verkehrsplanerin Karin Weber aus – so seien Handwerker, das Rettungswesen oder die Müllabfuhr auch weiterhin darauf angewiesen. Anders sieht es mit der individuellen Nutzung von Autos aus: "Sie muss reduziert werden", forderte die Rohrbacherin mit Listenplatz fünf.

Dies erfordere den Ausbau von Radwegen sowie ein attraktives und vor allem zuverlässiges Angebot an Bus- und Bahnfahrten, auch in den Randzeiten: So müsse es etwa problemlos möglich sein, morgens um 5 Uhr vom Emmertsgrund ins Neuenheimer Feld zu gelangen. "Die Verkehrswende muss stattfinden", so Weber. Doch auch für die gegenwärtige Situation sieht sie Verbesserungspotenzial. Dazu gehöre, Rohrbach und die Südstadt in der Sickingenstraße über einen Kreisverkehr zu verbinden.

> Seilbahn: Von der Idee, Wieblingen und das Neuenheimer Feld mit einer Seilbahn zu verbinden, hält die "Bunte Linke" nichts. "Eine Seilbahn mit einem neuen riesigen Parkhaus in der Stadt ist kein ökologischer Fortschritt, es wäre nur vermehrter Autoverkehr zulasten von Wieblingen", verdeutlichte die Künstlerin Elsa Becke mit dem Listenplatz vier.

Mit dem Auto in die Stadt zu fahren und die letzten Meter mit der Seilbahn zurückzulegen, mache keinen Sinn, argumentierte die Wieblingerin – zumal der Altneckar, der von der Seilbahn überquert würde, unter Naturschutz steht.

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