Wenn Eltern den Anwalt brauchen ...
... sollten sie dennoch an einem Strang ziehen - "Arbeitskreis Elternkonsens" veranstaltete Infotag

Anwältin Katrin Rulffes, Teddybär Gustav, Richter Joachim Oetter und Anwältin Laticia Eckert (v.l.) spielten im Theaterstück eine Verhandlung vor dem Familiengericht nach. Foto: Rothe
Von Karla Sommer
Heidelberg. Ein Drittel aller Ehen in Deutschland werden geschieden, rund 150.000 Kinder sind jedes Jahr davon betroffen. Unter dem Motto "Kinder lassen sich nicht scheiden" hatte der "Arbeitskreis Elternkonsens" am Samstag ins Heidelberger Justizgebäude geladen. Dort berieten Fachleute Eltern darin, was sie bei Trennung und Scheidung für ihre Kinder tun können.
Mit Trauer, Wut, Aggression oder Verzweiflung reagieren Kinder häufig, wenn die Eltern sich trennen. Ziel der Vorträge, Workshops, Filme und eines "Trennungs- und Scheidungsparcours" war es, den betroffenen Eltern vor Augen zu führen, was sie mit ihrem Verhalten - oft unbewusst - bei ihren Kinder anrichten können.
Günter Wuttke vom Kinder- und Jugendamt Heidelberg machte in seinem Vortrag etwa deutlich, dass Kinder während des Trennungsverlaufs ganz unterschiedliche Phasen durchmachen und auch ganz verschieden reagieren. Gemeinsam haben sie nur eines: Alle Kinder sehnen sich in dieser schwierigen Phase nach Geborgenheit und Sicherheit.
Über das sogenannte Wechselmodell referierten Estell Baumann, Heidelberger Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin, und Alexandra Marek vom Jugendamt Wiesloch. Sie machten deutlich, was es bedeutet, wenn getrennt lebende Eltern zu gleichen Teilen den Lebensmittelpunkt des Kindes bilden. Kommunikation und Kooperation der Eltern seien dabei unverzichtbar.
Baumann gab den Rat, vor dem Gang zum Rechtsanwalt alle anderen Möglichkeiten auszuloten - etwa in den Beratungsstellen und beim Jugendamt. "Wenn es aber dann so fortgeschritten ist, dass man einen Anwalt braucht, sollte man immer eine gemeinsame Lösung finden", so Baumann.
Das war so etwas wie die übergeordnete Botschaft aller Referenten an diesem Tag: Das Kindeswohl steht im Vordergrund - und dafür müssen die Eltern gemeinsam sorgen und an einem Strang ziehen.
Das zeigte auch deutlich das "Theaterstück" mit dem Titel "Ich habe doch recht!", geschrieben von Familienanwältin Laticia Eckert. Sie spielte die Richterin und musste sich vor Gericht mit Herrn Müller (Familienrichter Joachim Oetter) und Frau Müller (Anwältin Katrin Rulffes) auseinandersetzen. Streitpunkt war das Umgangsrecht für Sohn Gustav, in diesem Fall ein Teddybär.
Zwischen den "Eltern" entwickelte sich ein typischer Streit, geprägt von dem Motto "Wenn ich Dir Recht gebe, habe ich keins mehr". Zum guten Schluss konnte die "Richterin" ihre Akte zuklappen, denn die Müllers einigten sich auf die gemeinsame Teilnahme an einer Beratung - "dem Gustav zuliebe".
"Man kommt hier gut sortiert raus," zog eine 47-jährige Mutter von zwei Kindern ein Fazit, nachdem sie diverse Vorträge besucht und einen "Parcours" zusammen mit ihrem Ex-Partner, dem Vater der Kinder, "durchlebt" hatte. Den Parcours hatten Heiko Böhler von der Psychologischen Beratungsstelle von Eppelheim, Hockenheim und Walldorf sowie Sabine Dumat-Gehrlein aus der Psychologischen Beratungsstelle Wiesloch und Umgebung zusammengestellt.
Es galt dabei, "zu hören und zu spüren, was der richtige Weg ist", umschrieben die Psychologen die Strecke, die sie mit einer Puppe als Ersatzkind, Tafeln, Hinweisen und beschrifteten Päckchen ausgestattet hatten. Ob "Recht", "Macht", "Sicherheit", "Umgangslösung" "Einigung", "Aussöhnung"- jeder trug sein Wunschpäckchen, erst getrennt, dann zusammen, zum Richtertisch. Das ehemalige Paar war sichtlich beeindruckt von dem, was für sie am Ende des Parcours mithilfe des Psychologen herauskam. Das scheinbar Unversöhnliche schien der Erkenntnis zu weichen, dass "wir es wohl nicht allein hinkriegen", wie der 44-jährige Vater es formulierte. "Sie werden eine psychologische Beratung in Anspruch nehmen," zeigte sich Heiko Böhler zufrieden.
Während die Eltern sich informierten, vertrieben sich die Kinder bei Basteleien, Spielen und Schminken die Zeit - und sogar ein Clown war da. Familienrichterin Petra Reich vom "Arbeitskreis Elternkonsens" zog eine positive Bilanz: "Wir haben mit der Veranstaltung einen Nerv getroffen." Sie sei sehr motiviert, den Tag nächstes Jahr wieder anzubieten.