Wenn das harmonische Weihnachtsfest auf die Realität trifft
Die Dekanen der beiden großen Kirchen in Heidelberg richten sich mit ihren Worten zu Weihnachten an die Gläubigen.

Heidelberg. Ein Mann, der vorhat, seine schwangere Verlobte zu verlassen – Die Geburt in einer Notunterkunft – Ein grausamer Despot tyrannisiert die Welt und ordnet Mord an Kindern an – Flucht vor Verfolgung ins Ausland.
Liebe Leserinnen und Leser,
in der biblischen Weihnachtserzählung ist nicht viel zu spüren von Harmonie, Freude und Frieden. Ganz im Gegensatz zu all den Vorstellungen, die heutzutage mit dem Zauberwort "Weihnachten" verbunden werden. Die Welt, in der wir leben, ist eine unheile Welt und eine sorgenvolle – das war im Jahre null so, das ist auch 2023 nicht anders.
Unsere Herzen werden von beunruhigenden Nachrichten bedrängt. Beispiele? Der immer noch andauernde Krieg in der Ukraine; der Angriff der Hamas auf Israel; die Spannungen im Pazifik durch die aufstrebende Weltmacht China; wieder erstarkende Judenfeindlichkeit ausgerechnet in unserem Land; die Teuerung der Waren ...
Unseren Seelen wird der Frieden geraubt. Viele Menschen wenden sich deshalb von der Gemeinschaft ab und widmen ihre Kraft und Aufmerksamkeit nur noch ihrem kleinen, vertrauten Bereich. Die Solidarität der Menschen untereinander nimmt ab. Eigentlich wäre diese Situation zum Davonlaufen. Doch wo Zuflucht finden? In einem besser gefüllten Konto, das mir scheinbar Sicherheit und Zukunft bietet? Auf einer einsamen Insel, um nichts mehr davon zu hören? In noch mehr Auszeiten, Ablenkungen oder Ersatzbefriedigungen?
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Mitten hinein in diese Beunruhigung fällt das weihnachtliche Wort: "Fürchtet euch nicht!" Ja, das ist es. Das spüren wir sofort. Das will ich für mich haben: keine Furcht mehr, aufrecht gehen können, Freude an meinem Alltag. Dieses Wort weitet. Es eröffnet einen Raum, in dem ich leben kann, mit anderen zusammenleben kann.
Es ist ein göttliches Wort. Ein Wort, das vom Himmel kommt. "Fürchte dich nicht!", sagt Gott zu mir. Mitten in mein Leben hinein. Ich horche auf. Es lockt mich. Und führt mich weg von der Angst und zur Krippe hin. An den Ort, wo Gott zur Welt kommt und sie verwandelt. Meiner gebrochenen, menschlichen Welt begegnet in Jesus der Himmel. Hier ändert sich alles.
Die Realitäten dieser meiner Welt werden aber nicht einfach weggewischt, schon gar nicht verdrängt. Vielmehr: Wer mit seiner Welt zur Krippe kommt, wird weihnachtlich-wunderbar verwandelt. Angst und Sorge, mit der ich zur Krippe gekommen bin, verlieren an Kraft. Ich gehe mit mehr Freude und einem Lob (Gottes) auf den Lippen in meinen Alltag hinein. Das haben die Hirten damals erfahren. Das können auch wir heute erfahren. Am 24. Dezember und jeden Tag.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen frohe Weihnachten und rufen Ihnen im Namen Gottes zu: "Fürchtet Euch nicht!"
Diesen geistlichen Impuls zum Weihnachtsfest haben Alexander Czech und Christof Ellsiepen gemeinsam geschrieben. Czech ist Dekan der katholischen Stadtkirche, Ellsiepen Dekan der evangelischen Kirche in Heidelberg.




