"Landesregierung misst mit zweierlei Maß"
Böser Brief aus Heidelberg an Ministerpräsident Kretschmann - Unterzeichner fordern eine Million Euro pro Jahr für die IBA

Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Im Dauerstreit zwischen Heidelberg und der Landesregierung beim Thema Internationale Bauausstellung (IBA) hat die Stadt die nächste Eskalationsstufe gezündet. Am Montag schickte das Rathaus einen gesalzenen Brief an Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Darin fordern die Unterzeichner unmissverständlich eine Förderung von einer Million Euro pro Jahr.
"Die IBA Heidelberg hat eine institutionelle Förderung durch das Land mehr als verdient", heißt es in dem Brief. Unterschrieben haben neben Oberbürgermeister Eckart Würzner und vier Vertretern der IBA - darunter IBA-Chef Michael Braum - auch SAP-Finanzvorstand Luka Mucic als Vorstand des Vereins Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar sowie Wolfgang Niopek als Vertreter der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar. Offenbar will die Stadt mit diesem Schulterschluss dem Schreiben mehr Gewicht verleihen.
Besonders übel stößt den Unterzeichnern auf, dass die Landesregierung der gerade erst aufs Gleis gesetzten IBA Stuttgart eine grundsätzliche Förderung in Aussicht gestellt hat, nicht aber den Heidelbergern. "Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Landesregierung hier mit zweierlei Maß misst", empört man sich.
Den Anstoß für das Schreiben gab offenbar der Auftritt von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut vorletzte Woche im Landtag. Die CDU-Politikerin lobte die IBA Stuttgart dabei ausführlich, diese berge ""für die Entwicklung der Landeshauptstadt und der Region Stuttgart ein erhebliches Potenzial". Die IBA Heidelberg sei damit nicht vergleichbar.
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"Diese Aussagen irritieren uns enorm", heißt es in dem Brief an Kretschmann, "die Heidelberger IBA hat einen umfassenden Ansatz: Wie sieht die Wissensstadt der Zukunft aus?" Alle Punkte, welche die Landesregierung bei der IBA Stuttgart interessant finde, spielten auch in Heidelberg eine zentrale Rolle. Hoffmeister-Kraut hatte "aktuelle und drängende Fragestellungen wie integrierte Quartiersentwicklung, die Wohnraumversorgung sowie alternative Mobilitätskonzepte" als Themen der Stuttgarter IBA identifiziert. Die Unterzeichner des Briefes halten mit dem Kernprojekt der hiesigen IBA, der Entwicklung des Patrick Henry Village (PHV) zu einem Stadtquartier der Zukunft für mehr als 10.000 Menschen, dagegen. "Dort werden gerade alle diese Fragestellungen gebündelt", schreiben sie. Heidelberg und die Region seien ebenso wie Stuttgart ein hochverdichteter Raum.
Der Brief ist mit einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein gewürzt: "Die IBA Heidelberg entwickelt Modelllösungen für Städte im 21. Jahrhundert." Ihre Projekte würden Erfolgsgeschichten werden, die das Land doch bitte mittragen solle. Dafür schlagen die Briefeschreiber eine "ähnliche Größenordnung" wie die Förderung durch die Stadt Heidelberg vor - also rund eine Million Euro pro Jahr. Diese Summe soll nach Vorstellungen der Unterzeichner schon im Haushalt 2018/2019 auftauchen - der Landtag berät ab 9. November über den nächsten Doppelhaushalt.
Wie vergiftet die Atmosphäre ist, zeigt auch die beinahe polemische Mitteilung, mit der die Stadt gestern die Medien über den Brief informierte. Über die geltende Politik des Landes, die IBA lediglich projektbezogen zu fördern, heißt es darin: "Die Unterzeichner sind der Überzeugung, dass ein Leuchtturm der Innovationen dem Land mehr wert sein sollte als 267.000 Euro für eine neue Lüftungsanlage in den bestehenden Räumen der Sammlung Prinzhorn."
Die Landesregierung wollte sich gestern auf RNZ-Anfrage noch nicht zu dem Brief äußern.



