Hitzewelle

Auf vielen Heidelberger Äckern heißt es "Wasser marsch!"

Die Trockenheit macht den Landwirten zu schaffen - Manche wägen ab, ob sich eine Beregnung lohnt - Noch ist das Wasser nicht knapp

25.07.2018 UPDATE: 26.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 35 Sekunden

Im Handschuhsheimer Feld mit seinen vielen Sonderkulturen rentiert sich die Bewässerung der Felder. Hier gibt es immerhin 500 Anschlüsse - sogar für Hobbygärtner. Foto: Hentschel

Von Karla Sommer

Heidelberg. "Der letzte richtige Regen war am 10. Juni", stellt Volker Kaltschmitt in Kirchheim-Neurott lakonisch fest. Und er als Landwirt muss es wissen, denn er hat einen Regenmesser, und da spielt der Niederschlag am Sonntagabend mit ermittelten 16 Liter pro Quadratmeter kaum eine Rolle.

So sehen es auch Svenja und Ann-Kathrin Grieser im Handschuhsheimer Feld, deren Vater dort einen Gemüseanbaubetrieb hat. "Das bisschen Regen hilft kaum, es kann nicht mal richtig in den harten Boden dringen," erzählen sie.

Deshalb müssen jetzt jeden Tag, morgens und abends, jeweils für zwei Stunden, die sechs Hektar Freiland, vor allem der Salat, gewässert werden. Sie setzen jede Woche neue Keimlinge, und die brauchen ihre flüssige Grundnahrung. Auch die Bohnen, der Sellerie und der Rotkohl würden ohne Wasser vertrocknen. Zum Glück muss man in Handschuhsheim nicht den direkten Wasserverbrauch bezahlen, sondern er wird nach Fläche berechnet - was den Gärtnern und Landwirten im aktuellen Fall hilft.

Hintergrund

> Der Nutzwasserverband ist für die Wasserversorgung im Handschuhsheimer Feld zuständig. Die Leitungen sind zusammen rund 14 Kilometer lang, damit können 220 bis 230 Hektar bewässert werden. Das Wasser stammt aus drei Brunnen im Gewann Entensee, am

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> Der Nutzwasserverband ist für die Wasserversorgung im Handschuhsheimer Feld zuständig. Die Leitungen sind zusammen rund 14 Kilometer lang, damit können 220 bis 230 Hektar bewässert werden. Das Wasser stammt aus drei Brunnen im Gewann Entensee, am Ladenburger Weg und an der Tiergartenstraße. Pro Stunde werden rund 900 Kubikmeter Wasser gefördert, im Jahr sind es bis zu 600.000 Kubikmeter. Von 2006 bis 2016 hat der Nutzwasserverband mit seinen 550 Mitgliedern eine halbe Million Euro in die Erneuerung der Leitungen gesteckt, die 1933 vom Reichsarbeitsdienst verlegt und in den 1970er Jahren ergänzt wurden. tt

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Konrad Heck vom Nutzwasserverband Handschuhsheim beruhigt, das Wasser werde so schnell nicht knapp. "Noch haben wir keine Probleme", sagt er zum erhöhten Verbrauch auf den Feldern. "Die Pumpen erzeugen noch genügend Druck." Er weist aber auf den deutlich gestiegenen Wasserverbrauch der rund 500 Anschlüsse im Handschuhsheimer Feld hin. Dazu gehören auch die von vielen Hobbygärtnern, denen er ans Herz legt, die Bewässerung, die sie abends oft anstellen und über Nacht laufen lassen, zu drosseln. "Und Feldwege muss man nun wirklich nicht bewässern", ärgert er sich. Denn sorgsamer Umgang mit dem Wasser sei zurzeit auf jeden Fall geboten, schließlich soll die Hitze so schnell nicht verschwinden.

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Wassersparen ist bei Vollerwerbsbetrieben wie im Handschuhsheimer Gemüseanbau Grieser hingegen keine Option. Volker Kaltschmitt in Neurott ist noch am Überlegen, aber bei den aktuellen Temperaturen wird er wohl handeln müssen. Für seine 30 Hektar Feldfläche mit Getreide, Mais und Zuckerrüben wird das Bewässern für den Kirchheimer Landwirt teuer. Er kann sich zwar aus einem Brunnen in Kirchheim versorgen, scheut sich aber noch davor. "Das ist schließlich ein nicht unerheblicher Aufwand und Kostenfaktor", rechnet er vor. Denn für einen Hektar Bewässerung brauche er sieben Stunden, ganz abgesehen von dem teuren Einsatz der landwirtschaftlichen Geräte.

Seine Überlegung: "Reicht mir ein niedriger Ertrag oder ein hoher mit entsprechend hohen Kosten?" Deshalb wartet er noch ab, kontrolliert aber ganz genau seinen Mais und die Steckrüben. Immerhin ist der Weizen schon unter Dach und Fach - "mit einem guten bis bescheidenen Ergebnis, je nach Bodenqualität". Jetzt aber, mit der neuerlichen Hitzewelle, hat er wohl keine andere Wahl mehr.

"Fragen Sie mal die Viehbauern", sagt Kaltschmitt. "Die Tiere fressen Heu, und das wird wohl auch knapp." Ein Anruf bei Anna Gieser vom Kurpfalzhof unweit vom Patrick Henry Village, deren Familie Kühe hält, klärt auf. "Die beiden ersten Schnitte reichten aus, jetzt mit dem dritten Schnitt kann es kritisch werden", ist ihre Befürchtung.

Das sieht auch Karlheinz Rehm so, der einen Pferdestall im Kurpfalzhof besitzt. Hier gibt es für die Pferde nur zwei Schnitte, wobei der erste ausreichend war und sogar noch eine Reserve bildet. Mit eventuellen Ertragseinbußen rechnet er bei der kommenden "Grasernte". Die kurzen Regenschauer in den letzten Tagen hätten zwar etwas gebracht, doch "20 bis 30 Prozent weniger werden es schon werden", lautet seine Prognose.

Und was zurzeit besonders Sorgen macht, ist die erhöhte Brandgefahr. Darauf weist Landwirt Thomas Jost hin, der seinen Betrieb direkt am Patrick Henry Village am Grasweg hat. Immer wieder findet er auf den Feldwegen Zigarettenkippen. Er erklärt, was beim Wegwerfen passieren kann: "Auch das Gras am Ackerrand ist so trocken, dass es leicht entflammbar ist - und dann greift das Feuer auf die Stoppeln des geernteten Getreides über, was zur Katastrophe werden kann."

Immerhin: Bei all den Klagen gibt es auch Lichtblicke. Um den Wein und die Winzer etwa muss man sich wohl keine Sorgen machen. Das sagt zumindest Hans Christian Winter aus Rohrbach. Die Rebstöcke, die oft sehr tief wurzeln, hätten noch genug Wasser, und so hofft er auf einen guten Jahrgang. Was er nicht gebrauchen kann, wäre nun einsetzender Regen: Denn zu viel Feuchtigkeit könnte dazu führen, dass die Trauben faulen.

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