"Günstige" Wohnungen kosten so viel wie Einfamilienhäuser im Umland
In der Südstadt sollen auch Geringverdiener Wohnungen kaufen können - Doch die ersten Angebote schrecken ab - "Für die Zielgruppe sind diese Preise ein Witz"

Von Denis Schnur
Heidelberg. Wohnen in Heidelberg ist teuer. Das gilt für Mieten und das gilt erst recht für Eigentumswohnungen. Wer nicht überdurchschnittlich verdient, sich aber eigene vier Wände leisten möchte, zieht deshalb in der Regel ins Umland. Mit den Konversionsflächen in der Südstadt sollte sich die Lage eigentlich entspannen. Der Gemeinderat hatte 2014 beschlossen, knapp jede dritte Wohnung, die dort entsteht, zu vergünstigten Preisen an "Schwellenhaushalte" zu verkaufen – also an Paare und Familien, deren Einkommen gerade eben zu hoch ist, um in eine geförderte Wohnung zu ziehen.
Doch als im vergangenen Jahr die ersten 14 dieser Wohnungen auf den Markt kamen, mussten viele Interessenten schlucken. Denn für die 1,5- bis 3,5-Zimmerwohnungen werden trotz Förderung noch immer Quadratmeterpreise zwischen 5300 und 5700 Euro fällig. Eine 93-Quadratmeter-Wohnung, passend für eine junge Familie, kostet eine halbe Million Euro – so viel wie im Umland zum Teil Einfamilienhäuser. Summen, die abschrecken.
Schließlich dürfen diese Wohnungen nur von Menschen gekauft werden, die nicht zu viel verdienen: "Ich war Interessentin, aber angesichts dieser Preise kommt das für uns leider nicht infrage", ärgert sich Gabriele Riedke-Dschangaei, ehemalige Bezirksbeirätin der Südstadt. Und damit sei sie nicht alleine: "Welcher Schwellenhaushalt kann das bezahlen? Ich halte die Preise für diese Zielgruppe für einen Witz."
Hintergrund
> Das wohnungspolitische Konzept für die Südstadt sieht vor, dass 40 Prozent der rund 1200 Wohnungen, die in Mark-Twain-Village und den Campbell-Barracks gebaut werden, günstig zur Miete vergeben werden. Sie sollen unter acht Euro pro Quadratmeter kalt kosten, ein Drittel
> Das wohnungspolitische Konzept für die Südstadt sieht vor, dass 40 Prozent der rund 1200 Wohnungen, die in Mark-Twain-Village und den Campbell-Barracks gebaut werden, günstig zur Miete vergeben werden. Sie sollen unter acht Euro pro Quadratmeter kalt kosten, ein Drittel nur 5,50 Euro. 30 Prozent der Wohnungen werden zudem als Eigentum an "Schwellenhaushalte" verkauft – für jeweils zehn Prozent unter dem eigentlichen Marktwert. Die restlichen 30 Prozent gehen auf den freien Markt und finanzieren über ihren Erlös die Förderung der anderen Segmente.
> Schwellenhaushalte sind Paare oder Familien, deren Einkommen knapp über den Grenzen des "Landeswohnraumförderprogramms" liegt. Damit haben sie keinen Anspruch auf eine geförderte Wohnung. Um als Schwellenhaushalt zu gelten, darf ein Paar nicht mehr als 60.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Bei einem Vier-Personen-Haushalt liegt die Grenze bei 79.000 Euro. Wenn zudem eine erwachsende Frau Teil des Haushaltes ist, die jünger als 46 Jahre ist, wird die Zahl der Haushaltsmitglieder fiktiv um eins erhöht. dns
Dass man so die Zielgruppe nicht wirklich erreicht, ist auch der MTV Bauen und Wohnen GmbH klar. Die Gesellschaft, die vor allem von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GGH und der Volksbank getragen wird, baut die meisten Wohnungen in der Südstadt: "Natürlich werden mit dem Angebot zunächst die Schwellenhaushalte angesprochen, die sich am obersten Rand der Einkommensgrenzen bewegen und über entsprechendes Eigenkapital verfügen", erklärt Geschäftsführer Ronald Odehnal. Doch günstiger könne man selbst mit der Querfinanzierung keinen Wohnraum anbieten: "Die derzeitigen Baukosten für Neubauten in der gewünschten Qualität und Ausstattung lassen leider keine günstigeren Preise zu."
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Dennoch täusche der erste Eindruck, so Odehnal. Denn die 14 Wohnungen, die zum Start angeboten würden, lägen alle auf C4, dem teuersten Baufeld des Quartiers. Die Bauten direkt an der Rheinstraße seien am anspruchsvollsten – und keineswegs repräsentativ: "Der Anteil der Wohnungen auf C4 beträgt weniger als fünf Prozent aller Wohnungen für Schwellenhaushalte", betont Odehnal. "Dass ausgerechnet die teuersten Wohnungen als erstes in den Vertrieb gehen, ist sicherlich etwas unglücklich."
Denn insgesamt werden etwa 370 Wohnungen vergünstigt verkauft. Ein Großteil davon entsteht ab diesem Jahr in Bestandsgebäuden – ehemalige Kasernenbauten, die nur saniert werden. "Dort kalkulieren wir mit einem mittleren Verkaufspreis von rund 3500 Euro je Quadratmeter Wohnfläche", erklärt Odenahl. Die 93-Quadratmeter-Wohnung würde dann 325.000 Euro kosten. Doch auch bei den aktuellen Preisen gäbe es bereits reges Interesse, wie der Geschäftsführer betont: "Und wir sind zuversichtlich, dass die Nachfrage deutlich ansteigen wird, wenn die größeren, familiengerechten Wohnungen angeboten werden."
Dass die Preise in der Südstadt trotz Quersubventionierung noch immer hoch sind, bedauert auch die Stadtverwaltung: "Für Schwellenhaushalte bedeutet das eine hohe Belastung, zum Teil auch erhebliche Schulden", sagt eine Pressesprecherin. Wer jedoch über mindestens 15 Prozent Eigenkapital verfüge und auch die Förderangebote des Landes konsequent nutze, könne dennoch zumindest eine kleinere Wohnung auf den Konversionsflächen zu tragbaren Bedingungen finanzieren. "Trotz der hohen Anschaffungskosten ist die monatliche Belastung aus dem Schuldendienst dann oft deutlich niedriger als die vergleichbare Monatsmiete auf dem freien Markt."
Kaufe sich etwa eine dreiköpfige Familie eine 75-Quadratmeter-Wohnung für 433.400 Euro inklusive aller Nebenkosten, könne sie bei einer monatlichen Kreditrate von 697 Euro landen. "Auch wenn für Eigentümer noch ein Hausgeld hinzukommt, ist das für den dreiköpfigen Beispiel-Schwellenhaushalt gut bezahlbar", so die Sprecherin.



