Heidelberger Sperrzeiten-Streit

Altstadt-Wirte ergreifen die Initiative

Gastronomen wollen mithelfen, dass es ruhiger wird - Sie bauen auf Erfahrungen anderer Städten - Starke Umsatzeinbußen unter der Woche

26.02.2020 UPDATE: 27.02.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Nachtschwärmer in der Unteren Straße in der Heidelberger Altstadt. Archiv-Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Die juristische Entscheidung zu den Sperrzeiten in der Heidelberger Altstadt steht noch aus. Bisher gibt es nach Angaben einer Gerichtssprecherin keinen Termin für die Berufungsverhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim.

Unterdessen versuchen die Stadträte und einige Altstadtwirte, strengere Regeln für die Kneipenöffnungszeiten doch noch zu verhindern, indem sie versuchen, das Lärmproblem mit anderen Mitteln in den Griff zu bekommen. Eine Möglichkeit wäre der neue Nachtbürgermeister, der vom Gemeinderat beschlossen wurde. Ihm werden zwei Honorarkräfte zur Seite gestellt, die von April bis Oktober an Samstagen und Sonntagen monatlich je 56 Stunden in der Altstadt präsent sein sollen.

Daniel Wilson, Betreiber der Altstadt-Bars "Jinx" und "Mel’s", sowie Christine Hartmann von der "Destille" freuen sich über die Entscheidung, haben aber auch selbst die Initiative ergriffen. "Wir wollen die Situation verbessern", betont Wilson. Daher hat er in den letzten Wochen mit diversen Initiativen aus anderen Städten Kontakt aufgenommen, darunter etwa "Fair Feiern" aus Regensburg oder "AKIM" aus München.

Wilson glaubt, dass Heidelberg insbesondere von den Erfahrungen in der bayerischen Landeshauptstadt profitieren könnte. AKIM-Leiterin Eva Jüsten sollte ursprünglich sogar in den Haupt- und Finanzausschuss eingeladen werden. Nun heißt es aber in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat, dass die Erfahrungsberichte aus anderen Städten erst zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden sollen – wenn es um die genaue Ausgestaltung der Nachtbürgermeisterstelle geht.

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Trotzdem hat sich schon etwas getan. Hartmann berichtet, dass es in letzter Zeit einige Gespräche zwischen dem Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) und den Wirten gegeben habe: "Das war konstruktiv. Wir brauchen regelmäßiges Feedback." Die Destille-Geschäftsführerin wünscht sich "mehr Miteinander".

Sowohl die Destille als auch Jinx und Mel’s verzeichnen nach Angaben der Wirte an den meisten Tagen Umsatzeinbußen von 50 Prozent, seitdem der Gemeinderat die Sperrzeiten werktags auf 1 Uhr festgesetzt hat. Nun hoffen Wilson und Hartmann, dass nicht noch weiter an den Kneipenöffnungszeiten geschraubt wird.

Wilson setzt auf den Einsatz von Lärmschlichtern nach Münchener Vorbild, die auf die Feiernden zugehen und so zur Entspannung des Konflikts mit den Anwohnern beitragen könnten. Damit ließe sich auch eher das Problem mit den "Spätis" lösen, also den Mini-Supermärkten, die bis tief in die Nacht Alkohol verkaufen dürfen, glaubt auch Hartmann: "Uns wird immer der ganze Lärm zugeordnet. Dabei haben die Spätis noch lange geöffnet, wenn wir schon geschlossen haben."

Die Altstadt-Wirte setzen zudem auf neue Lärmmessungen, auch in den Straßen und Gassen mit weniger Kneipen. Nur so bekomme man ein klareres Bild von der wirklichen Situation in der Altstadt. Die alten Messungen, auf denen die bereits gefällten Gerichtsurteile gründen, sind von 2016. "Oft ist es leise in der Altstadt", ist Wilson überzeugt.

Eines wäre für die beiden Wirte auf jeden Fall schwer zu verkraften: Wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in der zweiten Instanz bestätigt würde. Dann müssten die Kneipen in der Kernaltstadt werktags schon um Mitternacht und am Wochenende um 2.30 Uhr schließen.

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