Heidelberger Mark-Twain-Village

Verhältnis zwischen Wohnprojekten und Verwaltung war nicht immer spannungsfrei

Doch man hat sich zusammengerauft - Hätte das nicht alles viel schneller gehen können?

07.01.2020 UPDATE: 09.01.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 59 Sekunden
Bürgermeister Wolfgang Erichson besichtigte das Solardach-Projekt der Wohngruppe „Konvisionär“ in Mark Twain Village. Foto: Philipp Rothe

Von Steffen Blatt

Heidelberg. "Wie kann man die Wohnungen so lange leer stehen lassen? Da hätte eine ganze Studentengeneration drin wohnen können." Wenn es nach Pascale Croissier von den Hagebutzen und ihren Mitstreitern von Konvisionär gegangen wäre, dann hätte die Stadt viel mehr Grundstücke und Gebäude an Wohn- und Baugruppen vergeben. "Bei uns sind die ersten Leute nach einem Dreivierteljahr eingezogen und hier stehen manche Gebäude seit sieben Jahren leer", sagt Croissier.

Das wäre natürlich für die städtischen Ämter mehr Arbeit gewesen, da dann in Mark Twain Village (MTV) kleinteiliger hätte geplant werden müssen. So wurden große Teile des Geländes an die "MTV Bauen und Wohnen" vergeben, einen Zusammenschluss der städtischen Wohnungsgesellschaft GGH, Baugenossenschaften und Genossenschaftsbanken, die nun Wohnraum schaffen – immerhin zu 70 Prozent im bezahlbaren Segment. Aber das dauert, weil die Baufelder nacheinander angegangen werden.

Die Stadtverwaltung strebe eine "gute Mischung" von gemeinschaftlichen und "traditionellen" Wohnformen auf den ehemaligen US-Flächen an. Darum hätten nicht sofort alle Wünsche berücksichtigt werden können, sagt Sprecher Timm Herre. "Grundsätzlich möchte die Stadt es gemeinschaftlichen Wohnformen aber ermöglichen, auch weitere Projekte in Heidelberg zu realisieren – zum Beispiel in Patrick Henry Village." Auf dem Hospital-Gelände in Rohrbach hingegen werden keine Bau- oder Wohngruppen mehr zum Zuge kommen. Dort sei aber mit dem Collegium Academicum, das ein selbstverwaltetes Studentenwohnheim aufbaut, ein Akteur in diesem Bereich vertreten.

Vielleicht seien auch mangelndes Zutrauen und zu wenige Ressourcen aufseiten der Verwaltung der Grund gewesen, spekuliert Croissier. Tatsächlich habe man zu Beginn sehr viel Energie in Vertrauensbildung stecken müssen, ergänzt Susanne Kleinmann von Konvisionär. So war das Verhältnis der Wohngruppen zur Stadtverwaltung nicht immer spannungsfrei – und durchaus auch abhängig von Ämtern und Personen. "Mit dem Umweltamt etwa haben wir gute Erfahrungen gemacht. Da hat man uns auf zusätzliche Fördermöglichkeiten hingewiesen.

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Beim Stadtplanungsamt hatten wir eher das Gefühl, dass man uns Knüppel zwischen die Beine wirft", bilanziert Benjamin Bremen von Konvisionär. So sehe der Bebauungsplan zur Straße hin keine Radabstellplätze vor, obwohl dort jede Menge Platz sei. Und letztgültig beschlossen ist das Planwerk immer noch nicht – aber immerhin so weit, dass Baugenehmigungen erteilt werden konnten.

Vielleicht waren einige Stellen auch einfach von der Geschwindigkeit überrascht, mit denen die Projekte loslegten. So mussten etwa die Stadtwerke für Konvisionär auf die Schnelle eine überirdische Wasserleitung installieren, weil die Verlegung der Rohre im Boden erst drei Monate nach dem Einzug der ersten Bewohner geplant war. Das Verhältnis sei aber in den vergangenen Jahren besser geworden – und davon profitiert nun das Projekt "Raumkante". "Die Verhandlungen sind jetzt viel einfacher, weil man sich schon kennt", sagt Bremen.

Sicherlich habe man sich erst einmal kennenlernen müssen, meint Stadtsprecher Herre. "Aber es gab keine grundsätzliche Skepsis der Verwaltung, sondern Offenheit für diese Konzepte. Es wurde dann auch schnell deutlich, dass zum Beispiel mit den Wohngruppen in der Südstadt Bewohnerinnen und Bewohner kommen, die sich sehr um ihr Umfeld kümmern und sich einbringen." Und schließlich seien schon 2013 die Vergabekriterien für den Verkauf von städtischen Grundstücken zu Wohnzwecken so geändert worden, dass alternative Wohnkonzepte Vorrang haben.

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