Das sagen die Fraktionen
Redner setzen unterschiedliche Schwerpunkte

Alle zwei Jahre bringt Oberbürgermeister Eckart Würzner (oberer Bildrand, Mitte) den städtischen Haushalt im Gemeinderat ein. Am Donnerstagabend nutzten die Gruppierungen - mit Ausnahme des erkrankten Waseem Butts - die Gelegenheit, eigene Akzente im Zahlenwerk zu setzen. Foto: Rothe
Heidelberg. (hö) Fast drei Stunden lang hatten die Bürgervertreter das Wort. Und das sagen die Fraktionen in ihren Reden im Gemeinderat zum Haushalt.

CDU: Für CDU-Fraktionschef Jan Gradel muss eine so rasch wachsende Stadt wie Heidelberg investieren, aber das sei "auch leicht, wenn Überschüsse in zweistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet" werden. Seine Partei will gerade beim Ehrenamt Schwerpunkte setzen, hier soll es eine volle Stelle für einen Koordinator des bürgerschaftlichen Engagements geben.
Größere finanzielle Brocken sind vorgezogene Schulsanierungen (Kurpfalzschule, Bunsengymnasium oder Südstadt-Schulzentrum) oder das um eine Million Euro pro Jahr aufgestockte Straßensanierungsprogramm. Zudem soll der Kreisel an der Franz-Knauff-Straße neu konzipiert und der längst geplante (aber noch nicht finanzierte) an der Einmündung Grenzhöfer Weg/Wieblinger Umgehungsstraße vorgezogen werden. Dafür will sich Gradel das Verkehrsberuhigungskonzept Altstadt mit seinen Pollern schenken – oder es wenigstens um ein Jahr verschieben.
Jährlich 500.000 Euro will Gradel dem Landschaftsamt geben, um für mehr Sauberkeit in den Parks und Grünanlagen zu sorgen. Generell mahnte Gradel an, dass die "Stadt an den Fluss" auch für das nördliche Neckarufer gelte, "gerade in Ziegelhausen merkt man davon noch nicht so viel". Für das Erstellen einer Gesamtkonzeption dort will Gradel 20 000 Euro ausgeben. Und natürlich gab es noch "viel Kleinkram" in seinen Anträgen – wie einen Windfang für die Ziegelhäuser Brücke, mehr Geld für die Freiwilligen Feuerwehren und den Fastnachtszug.

SPD: Für SPD-Fraktionsvorsitzende Anke Schuster haben alle Heidelberger "das Recht, in unserer Stadt gut zu leben, zu wohnen und zu arbeiten". Der bisherige Etatentwurf "entspricht in etwa diesem Anspruch" – und doch sei "nicht alles paletti" in Heidelberg: "Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen und bezahlbaren Betreuungskosten bringt die Familien mit mittlerem Einkommen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit." Daher will sie insbesondere die Landes- und Bundeszuschüsse für die Kinderbetreuung dazu verwenden, die Familien in Heidelberg zu entlasten. Zwar sei ihre Partei generell für eine Kita-Gebührenfreiheit, aber das sei beim städtischen Haushalt nicht zu leisten. Daher ihre Forderung: keine Kita-Gebühren ab dem dritten Kind und ansonsten etwas niedrigere Preise für alle Eltern. Ähnlich wie die Grünen will Schuster das städtische Kinderbetreuungsangebot ausweiten und höhere Zuschüsse an private Träger zahlen, die sich an die städtische Gebührenordnung halten: "Früher wurde eher auf Tempo als auf Bezahlbarkeit gesetzt."
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Ansonsten will die SPD das Ehrenamt fördern – auch deswegen sollen die Feuerwehrwachen in der Altstadt und in Rohrbach neu gebaut werden –, neue Richtlinien bei den Kulturzuschüssen einführen und außerdem für "das Wiederbeleben der Clubszene in Heidelberg" sorgen. Und das Lieblingsprojekt der Sozialdemokraten, den Stadtpark auf dem ehemaligen US-Airfield, will Schuster für die Landesgartenschau 2032 einreichen – in der Hoffnung, dass es für den Park dann auch Mittel vom Land gibt.

Grüne: Für den Grünen-Stadtrat Felix Grädler muss Heidelberg lebenswert, aber auch bezahlbar bleiben. So fordert er, dass die Stadt keine Grundstücke mehr verkaufen, sondern in Erbpacht geben soll – worin er sich auch mit anderen Parteien einig ist. Zudem soll die Stelle eines "festen Ansprechpartners für das Thema Wohnen bei der Stadtverwaltung" eingerichtet werden. Zentrales Anliegen Grädlers ist, die Digitalisierung voranzubringen – gerade an den Schulen. Sie sollen flächendeckend ans Glasfasernetz angeschlossen werden, an ihnen will er mit 700 000 Euro den Einsatz von Medienberatern finanzieren.
Nicht ungewöhnlich für einen Grünen will er das Rad- und Fußverkehrsnetz ausbauen – mit insgesamt 1,2 Millionen Euro. Ein ebenso "altes" Thema seiner Partei ist die Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft. So wünschen sich die Grünen eine Zwischennutzungsagentur, "um leer stehende Gebäude kreativ und innovativ zu nutzen", in denen sich dann vor allem junge Menschen ausprobieren können.
Bisher noch ohne Preisschild versehen ist Grädlers Forderung, die städtische Kleinkinderbetreuung, besonders der Unter-Dreijährigen, auszubauen: Momentan sind nur elf Prozent der Betreuungsplätze städtisch, in fünf Jahren sollen es 25 Prozent sein – dann soll auch der Versorgungsgrad bei 60 Prozent liegen. Und die Gebührensysteme privater Träger sollten dem günstigeren der Stadt angepasst werden – damit das alles bezahlbar bleibt. Zur Kasse gebeten werden indessen die Autofahrer: Sie sollen mehr für Parken zahlen.

"Heidelberger": Die "Heidelberger" stehen nach den Worten ihres Fraktionsvorsitzenden Matthias Diefenbacher für finanzielle Solidität: "Wir sollten uns nur das leisten, was wir tatsächlich brauchen." Daher "lehnt meine Fraktion übermäßige Erhöhungsanträge ab" – und das gelte besonders für den Kulturbereich, der sowieso schon üppig ausgestattet sei. Und doch möchten die "Heidelberger" – Stichwort "Förderung des Ehrenamts" – den Vereinen (Stadtteilvereinen oder den Feuerwehren) mehr Geld geben, aber auch die Stellen beim städtischen Amt für Verkehrsmanagement erhöhen, da es mit seiner Arbeit nicht mehr hinterherkomme. Eine Verstärkung der "städtischen Polizei" (Kommunaler Ordnungsdienst und Gemeindevollzugsdienst) hält Diefenbacher für geboten. Außerdem will er 100.000 Euro dafür ausgeben, die im Sommer vertrockneten Pflanzen zu ersetzen.

FDP/Freie Wähler: Der FDP-Stadtrat Karl Breer hat "den Haushalt gedreht und gewendet: Der Entwurf ist gut!". Daher habe seine Partei, die zusammen mit den Freien Wählern eine Fraktion bildet, nur "Änderungsanträge im homöopathischen Bereich" eingereicht – vor allem einen Zuschuss für die Heidelberger Sinfoniker. Ansonsten ärgerte sich Breer über die sogenannten globalen Minderausgaben – allgemeine Einsparungen bei der Verwaltung –, die andere Gruppierungen zur Gegenfinanzierung vorgeschlagen haben: "So etwas ist doch schwierig. Da sollte man lieber Ross und Reiter nennen."
Der Liberale wandte sich besonders gegen Steuererhöhungen, denn gerade die Wirtschaft mit ihren Gewerbesteuerzahlungen "trägt zum Erfolg dieses Haushalts bei". Und da das Geld gerade nicht so arg knapp sei: "Zum Glück haben wir die Bettensteuer nicht beschlossen. Spätestensjetzt hätten wir sie wieder abgeschafft."

GAL: Michael Pfeiffer von der Grün-Alternativen Liste (GAL) will bei seinen Anträgen zum Haushalt "nicht mehr zulangen, sondern stabilisieren": Größter Brocken sind je eine Million Euro jährlich, mit der die Stadt Grundstücke erwerben will, um bezahlbares Wohnen zu gewährleisten. Ansonsten gibt es jeweils 180 000 Euro pro Jahr für die Literaturtage und je 170 000 Euro für die Sammlung Prinzhorn (plus einem Investitionszuschuss von 125 000 Euro) – wenn es nach der GAL geht. Pfeiffer setzt sich für die Sickingenbrücke ein, die Rohrbach und Kirchheim verbinden soll – wenn auch nur für Rad- und Fußgänger. Seit fast 20 Jahren wird sie diskutiert, wurde aber immer wieder verschoben. Für diese beiden umweltfreundlichen Verkehrsarten wünscht sich die GAL eine verstärkte Förderung – auch deshalb soll das städtische Amt für Verkehrsmanagement um zwei Stellen aufgestockt werden (siehe "Heidelberger").

Linke: Für die Linken-Rätin Sahra Mirow, die auch für die Piraten sprach, stehen soziale Themen im Vordergrund, schließlich sei Heidelberg "führend bei der Ungleichheit": So soll es in den Kindergärten und Schulen ein kostenloses Mittagessen geben – Kosten: drei Millionen Euro im Jahr. Auch das Sozialticket könnte günstiger werden – und konsequenterweise soll das die Wirtschaft bezahlen: Die Gewerbesteuer soll erhöht werden. Zudem regt Mirow beim Sozialamt einen Sondertopf an, um Armut schnell begegnen zu können – eine Größenordnung nannte Mirow dafür nicht. Um das Wohnen bezahlbar zu machen, soll die Stadt-Tochter GGH eine Finanzspritze von jeweils zwei Millionen Euro pro Jahr bekommen; zudem würden städtische Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben (siehe Grüne). Auch das Autonome Zentrum, das von 1991 bis 1999 existierte, wird von der Linken nicht vergessen: Es soll wiederbelebt werden.

Bunte Linke: Auch Hilde Stolz von der "Bunten Linken" geht es vor allem um das Soziale. Der größte Brocken in ihrer Wunschliste sind insgesamt 15 Millionen Euro, mit denen die Stadt die Wohnungen aufkaufen soll, die gerade aus der Zweckbindung fallen – die also als Sozialwohnungen zu verschwinden drohen. Die Stadt soll dann deren Mietern die gleichen Bedingungen bieten. Städtische Flächen, gerade die der Konversion, sollten nur auf Erbpachtbasis abgegeben werden (siehe Linke und Grüne). Ansonsten forderte Stolz den Verzicht auf das neue Konferenzzentrum ("Solche Großprojekte bringen Millionendefizite") und den Umbau der Stadthalle ("ein Projekt der High Society"). Stattdessen fordert sie, dass sich die Mäzene an einem Armutsfonds beteiligen sollen, in den sie zehn Prozent ihrer Spende für ihr Anliegen einzahlen sollen. Einziger Luxus der "Bunten Linken": 60.000 Euro für den Erhalt des Providenzgärtchens.