So soll sozial verträglicher Klimaschutz aussehen
Wandel in der Stadt soll sozial verträglich und partizipativ sein - Pioniere zeigten, wie das gehen kann

Von Denis Schnur
Heidelberg. Wenn Heidelberg seine Klimaziele erreichen will, muss die Stadt ihre Anstrengungen deutlich steigern. In der Sitzung am heutigen Donnerstag (16.30 Uhr, Rathaus) wird der Gemeinderat deshalb einen Klimaschutzaktionsplan beschließen; darauf sollen in den nächsten Jahren konkrete Maßnahmen folgen.
Die Grünen wollen Wert darauf legen, dass diese Bemühungen von der gesamten Stadt mitgetragen werden. "Dafür müssen sie sozial verträglich und partizipativ sein", ist die Kreisvorsitzende Monika Gonser überzeugt. Wie Klimaschutz aussehen kann, der viele einschließt und dafür sorgt, dass die Kosten nicht bei sozial Schwachen liegen, ließen sich rund 30 Grünen-Mitglieder am Dienstag in der Stadtbücherei zeigen.
Verkehr: Was das Klima angeht, ist der Verkehr in Heidelberg das größte Problem. Er ist für mehr als ein Viertel des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Das soll sich ändern. Einen Ansatz dazu stellte Benedikt Krams von "MatchRiderGo" vor. Das Heidelberger Startup bringt Pendler in Fahrgemeinschaften zusammen, die so für weniger Staus und Abgase sorgen. Dazu erhalten Fahrer, die bereit sind, andere mitzunehmen, fünf bis zehn Cent pro Kilometer, "unabhängig davon, ob jemand mitfährt", so Krams. Mitfahrer zahlen dafür 15 Cent an "MatchRiderGo". Machen genug mit, komme es laut Krams zum "Sommerferieneffekt": Ein paar Prozent weniger Autos reichen, damit alle besser durchkommen.
Ernährung: Rund ein Drittel aller Lebensmittel landet weltweit im Müll. Das ist nicht nur ein Problem, weil gleichzeitig jeder neunte Mensch hungert, sondern auch für die Umwelt. Denn weggeworfene Lebensmittel sind für 4,4 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich. Zum Vergleich: Die USA haben 2018 insgesamt 5,4 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen. Hier kommt die Initiative "Foodsharing" ins Spiel, bei der in Heidelberg und Umgebung rund 1200 Menschen aktiv sind. "Wir retten Lebensmittel, die sonst weggeworfen werden", erklärte die Essensretterin Isabelle. Diese essen die Aktiven selbst oder stellen sie in "Fairteilern" – elf Regale im Stadtgebiet – kostenlos zur Verfügung.
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Bauen und Sanieren: Nach dem Verkehr sind Wohnungen der größte Faktor beim CO2-Ausstoß. "Wir müssen dämmen, bessere Scheiben und bessere Heizungen einbauen", betonte Florian Lederbogen von den Grünen. Doch bislang ist die Sanierungsrate in Heidelberg viel zu niedrig. Laut Lederbogen, der sich auf eine Studie des Institutes für Energie- und Umweltforschung bezog, liegt das daran, dass die Förderinstrumente unattraktiv sind: Für Vermieter, weil sie die Kosten für die Sanierung kaum umlegen können, und für Mieter, weil die Kaltmiete trotzdem oft stärker steigt als die Nebenkosten sinken. Das Zauberwort sei deshalb die "Warmmietenneutralität": Die Förderung müsse so gestaltet sein, dass sich eine Sanierung für den Vermieter lohne, für den Mieter die Kosten aber nicht stiegen. Dazu müssten nicht nur die Mittel anders verteilt werden, sondern auch deutlich mehr investiert werden.
Energie: Auch hier gibt es Modelle, die zeigen, wie die nachhaltige Versorgung so gestaltet werden kann, dass es vielen nutzt. Ein Pionier auf dem Gebiet ist die Heidelberger Energiegenossenschaft, wie deren Vorstand Nikolai Ferchl berichtete. Jeder kann dort investieren, damit den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben und davon profitieren. "Energie in Bürgerhand ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte", zog Lukas Weber vom Grünen-Vorstand Bilanz. Doch die politischen Rahmenbedingungen machten es den Akteuren zunehmend schwer. Hier müsse dringend gegengesteuert werden, um mehr Menschen für die Energiewende zu gewinnen.