Heidelberger Clubsterben

"Club der roten Bänder" fordert Hilfe für Veranstaltungsorte

"Wir haben erwartet, dass die Stadt mehr tut, um diese Kultur zu erhalten"

16.07.2020 UPDATE: 17.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 1 Sekunde
Sie machen sich stark für die Clubs und die Kultur (v.l.): Jennifer Wieder, Isabel Jakob und Dennis Wallitzer verteilten auf dem Uniplatz rote Bänder als Zeichen der Solidarität. Foto: Rothe

Von Marie Böhm

Heidelberg. "Alarmstufe Rot! Bald sind alle Clubs tot!" – das ist das Motto einer neuen Gruppe, die sich für den Erhalt der Veranstaltungsbranche innerhalb Heidelbergs einsetzt. Ihr geht es nicht nur um Clubs, sondern auch um Theater, Jahrmärkte, Kneipen und Kinos – allesamt Bereich, die besonders unter den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise leiden.

"Besonders betroffen sind davon die kleineren Privatunternehmen. Die haben eben nicht so große Rücklagen wie andere Geschäfte", erzählt Jennifer Wieder. Sie arbeitet in der Halle 02, die angekündigt hat, keine kulturellen Veranstaltungen mehr anzubieten. Das normale Programm kann gerade nicht stattfinden, ohne die Einnahmen können die laufenden Kosten nicht gedeckt werden. Dementsprechend wird gerade vielen Mitarbeitern gekündigt, die Verbleibenden bangen um ihre Jobs. In dieser Situation ist auch Wieder. Zusammen mit Freunden aus derselben Branche gründete sie deshalb "Alarmstufe Rot".

Das "Rot" wird symbolisiert durch die roten Armbänder, die die Gruppe am Donnerstag am Uniplatz verteilt hat. Damit wollen sie an die "Night of Light" anknüpfen. Bei dieser Aktion der Veranstaltungsbranche wurden vor einigen Wochen bundesweit Veranstaltungsorte wie Clubs, Theater und Museen in Rot angeleuchtet. "Das haben ganz viele gesehen", sagt Wieder. "Deswegen haben wir ein rotes Armband als Symbol gewählt. Wenn man immer mehr Leute mit roten Bändern durch die Straßen laufen sieht, setzt das ein Zeichen für die Kulturerhaltung. Es muss auch nicht unbedingt eins von uns sein, jedes rote Band reicht aus."

Mit der Aktion wollen sie auf die eigentliche Größe des Problems aufmerksam machen, erzählt Isabel Jakob: "Vielen ist gar nicht bewusst, was durch die Krise gerade verloren geht. Da brechen nicht nur Hunderte Arbeitsplätze weg, sondern die Geschäfte selbst gehen auch verloren. Wenn die Krise vorbei ist, kann man sich nicht mehr einfach mit Freunden in der Kneipe treffen. Wie auch, wenn es die Kneipe vielleicht nicht mehr gibt?"

Auch interessant
Ende der Halle 02: CDU kritisiert Halle 02-Chefs (Update)
Clubsterben in Heidelberg: Jetzt steht auch das "Ziegler" vor dem Aus
Heidelberg: Franziska Brantner erneut Grünen-Kandidatin für den Bundestag
15 Jahre Halle 02 Heidelberg: Pfadfinder zwischen Subkultur und Mainstream (plus Video und Fotogalerie)

Das würde nicht nur das Aus für gemütliche Treffen in der Lieblingskneipe bedeuten. "Gerade die Clubkultur wird unterschätzt. Aber wenn sie fehlt, fällt es schnell auf", betont Jakob. Das findet auch Wieder: "Clubs sind nicht nur dazu da, sich zu betrinken. Man kann dort neue Leute kennenlernen und sich friedlich abreagieren. Wenn das fehlt, müssen die Leute ihre Aggressionen woanders rauslassen – so wie in Stuttgart." Es ginge aber auch um Theater und um Festivals, so Wieder: "Vor der Corona-Krise waren viele Veranstaltungen geplant. Die fallen jetzt natürlich alle weg. Aber Werbung, Miete und Gagen müssen trotzdem bezahlt werden. Dazu kommen noch die laufenden Kosten. Das kann doch niemand mehr ausgleichen!"

Deshalb fordern sie finanzielle Unterstützung von der Stadt: "Es gibt für die Geschäfte keine richtige Alternative zur Insolvenz", sagt Wieder. Die Öffnung unter Corona-Bedingungen sei für die Clubs auch keine wirtschaftliche Option: "Gerade bei den kleineren Läden ist das einfach nicht machbar. Noch dazu gibt es kaum andere Möglichkeiten, den Raum zu nutzen."

Jakob bekam das selbst zu spüren. Die Studentin verlor ihren Nebenjob als Türsteherin in der Halle: "Es kam ziemlich unerwartet. Wir wussten zwar, dass es durch Corona Probleme geben wird. Dass wir selbst unsere Jobs verlieren, hätten wir aber alle nie gedacht. Wir haben eigentlich erwartet, dass die Stadt viel mehr tut, um diese Kultur zu erhalten."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.