Heidelberger Bluttest-Skandal

Welche "Finanzjonglage" wurde betrieben?

Der FDP-Hochschulexperte Nico Weinmann fordert mehr Engagement von Ministerin Bauer.

10.09.2019 UPDATE: 12.09.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden

FDP-Abgeordneter Nico Weinmann.

Von Sebastian Riemer

Heidelberg. Das Wissenschaftsministerium hat eine Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Nico Weinmann zum Brustkrebs-Bluttest-Skandal am Universitätsklinikum beantwortet. Im Interview fordert der Hochschulexperte der Liberalen weitere Aufklärung.

Herr Weinmann, stellt die Antwort des Ministeriums Sie zufrieden?

Sie bringt uns ein Stück weiter, weil sie deutlich macht: Nachdem die ursprüngliche Projektleiterin des Brustkrebs-Bluttests ausgeschieden war und die öffentliche Förderung deshalb entzogen wurde, führte das auch zu einer wirtschaftlichen Schieflage des Projekts - und das wiederum zu großem Erfolgsdruck. Darunter litt dann vielleicht auch die wissenschaftliche Akkuratesse. Aber natürlich ist mit der Ministeriums-Antwort nicht der ganze Skandal aufgeklärt.

Hintergrund

Wer finanzierte wie den Bluttest?

Die Antworten des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums auf 15

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Wer finanzierte wie den Bluttest?

Die Antworten des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums auf 15 Fragen des FDP-Abgeordneten Nico Weinmann zum Bluttest-Skandal am Uniklinikum legen dar, was die Unabhängige Kommission Mitte Juli präsentierte - und vertrösten in Details auf den Abschlussbericht der Kommission, der noch im September vorliegen soll.

Interessant sind aber konkrete Formulierungen: So schreibt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), dass der Investor Jürgen Harder die Möglichkeit gehabt hätte, aus dem Projekt auszusteigen, da "ein vertraglich vereinbarter Meilenstein" nicht erfüllt worden sei - dabei geht es wohl um die versprochenen, aber nie erreichten Werte, wie sicher der Test Brustkrebs erkennt. Statt auszusteigen habe Harder aber im Herbst 2018 eine halbe Million Euro zugeschossen, die die Uniklinik aber "aus nicht abschließend nachvollziehbaren Gründen umgehend zurückerstattet" habe. Die Kommission nannte für die Rückerstattung "rechtliche Gründe".

Das Ministerium kann also auch nicht genauer erklären, wieso das Geld sofort an Harder zurücküberwiesen wurde. Dabei ist dies erklärungsbedürftig. Denn wenig später ging den Bluttest-Forschern das Geld aus: Am 10. Dezember 2018 stockte der inzwischen zurückgetretene Dekan der Medizinischen Fakultät, Andreas Draguhn, daher das Drittmittelkonto der Bluttest-Firma Heiscreen um 300.000 Euro auf. Auch wenn diese Fakultätsmittel letztlich nicht verwendet wurden, bleiben wichtige Fragen weiter ungeklärt: Wer finanzierte zu welchem Zeitpunkt mit welchem Geld die Bluttest-Forschung? Und wer hatte überhaupt die Kompetenz, über die Finanzierung zu entscheiden? (rie) 

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Einige. Es ist noch immer nicht klar, wer eigentlich verantwortlich für die ganze Misere ist. Die bislang erfolgten personellen Veränderungen befriedigen mich noch nicht. Zudem müssen wir noch genauer hinschauen, welche Finanzjonglage da betrieben worden ist. In wessen Verantwortlichkeit wurden da welche Mittel hin- und hergeschoben?

Wer trägt Ihrer derzeitigen Einschätzung nach denn die Schuld an dem Skandal?

Dominierend war der Chef der Frauenklinik. Aber da haben natürlich mehrere Beteiligte zusammengewirkt. Und das muss weiter aufgeklärt werden.

Und zur "Finanzjonglage": Glauben Sie, dass für die Firma Heiscreen öffentliche Mittel missbraucht wurden?

Nun, es ist zumindest interessant: Da zahlte der Investor Jürgen Harder eine halbe Million Euro an die Heiscreen-Gesellschaft - und das Uniklinikum erstattet diesen Betrag, wie es vom Ministerium heißt, "aus nicht nachvollziehbaren Gründen umgehend zurück". Zudem hieß es vom Ministerium ursprünglich, die Grundfinanzierung für die Forschung der Heiscreen sei vom Uniklinikum beziehungsweise der medizinischen Fakultät gekommen. Das Risiko, dass da öffentliche Mittel verloren gehen, wenn Heiscreen scheitert, ist nicht gebannt.

Was erwarten Sie vom Wissenschaftsministerium als oberstem Aufklärer?

Das Wissenschaftsministerium verweist bei unserer Frage nach dem Vertrag zwischen Heiscreen und der Technologietransferfirma TTH auf eine Verschwiegenheitsklausel - das ist zu einfach gedacht und gemacht. Das werden wir noch einmal im Ausschuss thematisieren. Und ich erwarte, dass das Ministerium den Ausschuss umfassend informiert über die Lehren, die man aus dem Heidelberger Skandal zu ziehen beabsichtigt.

Uniklinik und Universität wollen - neben Frauenklinik-Chef Sohn - auch der TTH den Schwarzen Peter zuschieben. Aus Ihrer Sicht zu Recht?

Auch da macht man es sich zu einfach. Um das näher zu bewerten, müssten wir den Vertrag sehen. Ich glaube aber nicht, dass die Verantwortung in erster Linie bei der TTH und den dort handelnden Personen liegt. Auch der Aufsichtsrat des Klinikums als Kontrollgremium hätte ein größeres Augenmerk auf die "Enkelfirmen" des Uniklinikums - also Heiscreen - haben können.

Sie glauben, der Aufsichtsrat hätte den Skandal verhindern können?

Das ist schwer zu sagen. Heiscreen war ja offenbar nur im Rahmen des Beteiligungsberichts kurz Thema im Aufsichtsrat. Aufgrund der potenziell weitreichenden Auswirkungen muss der Aufsichtsrat da - auch bei der Investorenauswahl - vielleicht mehr eingebunden werden. Aber: Dadurch dürfen sich Ausgründungen auch nicht verkomplizieren. Es ist ein schwieriger Spagat.

Wie bewerten Sie das Handeln von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer im Bluttest-Skandal?

Ort des Geschehens

Sie versucht, unaufgeregt Aufklärung zu betreiben, das ist an sich nicht verkehrt. Aber etwas mehr Engagement wäre dabei sicherlich angezeigt.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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