Heidelberger Betriebshof

So emotional wurde über den besten Standort diskutiert

Diskussion des Stadtteilvereins Bergheim - Grüne wollen erneut alles prüfen

09.10.2019 UPDATE: 10.10.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden

Dieses Areal beansprucht der Betriebshof an der Bergheimer und der Karl-Metz-Straße (r). Eine Bürgerinitiative verhinderte nun vorerst die beschlossene Verlagerung auf den Ochsenkopf. Wie es weitergeht, entscheidet der Gemeinderat in seiner Sitzung am 17. Oktober. Foto: Rothe

Von Anica Edinger

Heidelberg. Gegner und Befürworter stehen sich erbittert gegenüber: Das zeigte abermals eine mäßig besuchte Podiumsdiskussion des Stadtteilvereins Bergheim am Dienstag zum Thema "Wohin mit dem Betriebshof?". Denn diese Frage wurde auch nach jahrelangen Diskussionen im Gemeinderat, nach einem ambitionierten Wahlkampf und einem gescheiterten Bürgerentscheid noch immer nicht beantwortet.

Einen erneuten Versuch unternahmen nun Wolfgang Lachenauer ("Die Heidelberger"), Derek Cofie-Nunoo (Grüne), Anke Schuster (SPD), Jan Gradel (CDU), Judith Marggraf (Grün-Alternative-Liste) und Bürgermeister Wolfgang Erichson. RNZ-Chefreporter Micha Hörnle führte durch die Veranstaltung, um am Ende das resignierte Fazit zu ziehen: "Mich hat es keinen substanziellen Schritt weitergebracht." Ein Überblick über einen emotionalen Abend mit vielen alten Argumenten - und keiner Lösung.

Hintergrund

Der Betriebshof der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) in Bergheim-West wurde im Jahr 1910 gebaut. Mittlerweile ist er veraltet und stößt an seine Kapazitätsgrenzen. Seit mindestens fünf Jahren diskutieren nun die Stadträte über eine Lösung - und beschlossen am

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Der Betriebshof der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) in Bergheim-West wurde im Jahr 1910 gebaut. Mittlerweile ist er veraltet und stößt an seine Kapazitätsgrenzen. Seit mindestens fünf Jahren diskutieren nun die Stadträte über eine Lösung - und beschlossen am 20. Dezember 2018 die Verlagerung auf den Großen Ochsenkopf. Dagegen formierte sich eine Bürgerinitiative - zum Schutz der Wiese, die als ökologisch wertvoll gilt. Schließlich schaffte es die Initiative, die nötigen Unterschriften für einen Bürgerentscheid zu sammeln. Dieser fand am 21. Juli statt. Die Frage: Sind Sie dafür, dass am Großen Ochsenkopf kein Betriebshof gebaut wird? Von den 110.282 Wahlberechtigten beantwortete die Mehrheit der 33.338 gültigen Stimmen die Frage mit "Ja" - 19.020 Stimmen gegenüber 14.318 Nein-Stimmen. Das erforderliche Quorum von 20 Prozent der Stimmberechtigten (22.057 Stimmen) wurde aber nicht erfüllt. Das heißt für den Gemeinderat: Der Bürgerentscheid ist nicht bindend, doch über die Frage muss noch einmal beraten werden. (ani)

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Akzeptieren Sie das Ergebnis des Bürgerentscheids? Die Lager auf dem Podium sind gespalten: Links des Moderators Gradel, Schuster und Lachenauer - die in der Gemeinderatssitzung am 17. Oktober den Willen der Ochsenkopf-Gegner nicht anerkennen werden. Sie alle wollen die Verlagerung des Betriebshofs auf die Ochsenkopfwiese - und das lieber heute als morgen.

Gradel sagt: "Die Hürden zum Erreichen des Quorums für Bürgerentscheide wurden vor einigen Jahren noch einmal herabgesetzt - und dennoch wurde es nicht erreicht." Das sei ein deutliches Signal. Rechts des Moderators dagegen Cofie-Nunoo und Marggraf - die dafür sind, das Bürgervotum zu akzeptieren und dementsprechend zu handeln.

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Marggraf erinnerte an den Bürgerentscheid von 2008, als es darum ging, ob Wohnungen der GGH an einen privaten Investor verkauft oder im städtischen Besitz bleiben sollten. Gut 80 Prozent der Bürger sprachen sich gegen den Verkauf aus - das Quorum wurde nicht erreicht. "Dennoch haben wir das Ergebnis akzeptiert und nicht verkauft", sagt Marggraf. Und: "Wir können es doch nicht mal so und mal so machen." Nicht vergleichbar fand das Schuster. "Heute ist das Ergebnis viel diffuser." Auch Lachenauer meint: "Der Sachverhalt ist beim Betriebshof viel komplexer." Zudem sei das Ergebnis weniger deutlich.

Haben Sie einen Plan B? "Die Stadtverwaltung hat beim Wahlkampf alles auf eine Karte gesetzt", meinte Cofie-Nunoo. Doch hatte sie auch einen Plan, wenn der Bürgerentscheid ein für sie negatives Ergebnis bringen würde? Kopfschütteln bei den Diskutanten.

"Nicht fair" fand diese Frage Anke Schuster. Gut fünf Jahre diskutiere man schon im Gemeinderat über alle möglichen Standorte, 2,5 Millionen Euro an Planungsmitteln seien ausgegeben worden - und schließlich habe sich der Gemeinderat mit großer Mehrheit für die Ochsenkopfwiese entschieden.

Auch Gradel ärgerte sich über Cofie-Nunoo: "Das ist doch völliger Unsinn. Wieso sollten wir einen Plan B haben, wenn wir einen Gemeinderatsbeschluss haben?" Und Lachenauer fand: "Wir haben Plan eins, zwei, drei, vier und so weiter diskutiert - und Ihre eigene Fraktion hat vor einem Jahr darüber abgestimmt." Schuster erinnerte zudem daran, dass es durchaus eine Mehrheit für die Modernisierung des alten Standorts gegeben hätte. "Wenn die Grünen damals dafür gestimmt hätten, hätten wir schon jetzt einen zukunftsfähigen Betriebshof."

Emotionale Diskussion im Dezernat 16 mit (v.l.) Wolfgang Lachenauer, Derek Cofie-Nunoo, Anke Schuster, Micha Hörnle, Jan Gradel, Judith Marggraf und Wolfgang Erichson. Foto: Hentschel

Wieso nicht also doch den alten Standort ertüchtigen? Für Schuster ist die Bergheimer Straße als Standort "noch immer die beste Lösung". Die SPD-Fraktionschefin musste sich und die Entscheidung ihrer Genossen, in letzter Sekunde doch noch für die Verlagerung auf die Ochsenkopfwiese zu stimmen, abermals rechtfertigen: "Wir waren letztes Jahr im Gemeinderat an dem Punkt, an dem gar keine Entscheidung getroffen wurde. Dann hat die SPD gesagt: Das ist doch ein Armutszeugnis für die gewählten Vertreter der Stadt."

Das sei der Moment gewesen, als der Entschluss gefasst wurde, "die Wiese zu opfern", so Schuster. Gegen die Modernisierung am alten Standort kämpfte dagegen Lachenauer damals noch mit Altstadtrat Nils Weber. Nach wie vor kann er nicht verstehen, wie man als Bergheimer dafür sein kann, den Betriebshof in der Mitte Bergheims zu belassen. "Unsere Pläne sehen vor, dass Sie hier mitten in der Bebauung einen Park bekommen und bezahlbar wohnen können."

Und nun - wohin mit dem Betriebshof? Die Grünen brachten die Standorte Airfield sowie Recyclinghof am Oftersheimer Weg ins Spiel. Doch Cofie-Nunoo meinte: "Wir als Fraktion können das natürlich nicht seriös prüfen." Deshalb wünsche er sich nun ein wenig kreativen Gestaltungswillen vom Gemeinderat - und die erneute Prüfung - "in aller Tiefe". Bürgermeister Erichson prophezeite: "Auch dort gibt es bereits Widerstand aus den Stadtteilen."

Ort des Geschehens

Er ist überzeugt: "Wir sind alle für einen modernen Betriebshof - aber bitte nicht vor meiner Haustür." Er plädierte daher dafür, sollte noch einmal "alles in epischer Breite" geprüft werden: "Schließen Sie die Ochsenkopfwiese nicht von vornherein aus." Schließlich könne bei der Prüfung am Ende auch herauskommen, "dass die Ochsenkopfwiese doch der bestmögliche Standort ist".

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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