Viele testen sich auch für ein Stück Kuchen
Wie sich die 2G-plus-Regel am Wochenende für Restaurants, Cafés, Bars und Gäste ausgewirkt hat: Die Redaktion hat sich in der Altstadt umgehört.

Von Jannik Wilk
Heidelberg. Eine erlösende Nachricht für viele Gastronomen schickte das Land am Sonntagmittag: Die in Restaurants, Cafés und Bars seit Samstag geltende 2G-plus-Regel wird deutlich entschärft. Nicht nur Geboosterte müssen nun keinen Test mehr vorweisen, auch alle, deren Zweitimpfung oder Genesung höchstens sechs Monate her ist, dürfen ohne aktuellen Schnelltest ins Restaurant und alle Bereiche, wo 2G-plus gilt.
Am zweiten Adventssamstag aber ist diese kurzfristige Entschärfung noch nicht publik. Und so erlebt die RNZ bei ihrem Streifzug durch die Altstadt einige Gastronomen, die fürchten, dass ihnen 2G-plus das Adventsgeschäft verhagelt.
"Heute Morgen standen wir vor leeren Tischen. Wir dachten schon: Um Gottes Willen, was kommt da jetzt auf uns zu?", erzählt Martina Schafheutle-Kübel vom Café Schafheutle in der Hauptstraße. Nun sei man überbesetzt, den Mitarbeitern wolle man so kurzfristig die Schicht nicht verweigern: "Die sind frustriert und verängstigt. Alle haben Angst, dass sie wieder in Kurzarbeit müssen." Am Nachmittag aber habe der Betrieb zugenommen. Schafheutle-Kübel ist erstaunt, wie viele Menschen sich für ein Stück Kuchen testen lassen. Sie vermutet aber, dass die Leute am Abend vielleicht noch ins Restaurant wollen – und den Test auch dafür machen: "Die Wochenenden sind ja immer stark. Abzuwarten bleibt, wie es unter der Woche ist."

Im Wintergarten des Cafés sitzt ein junges Paar. Sie ist bereits dreimal geimpft und braucht bei 2G-plus deshalb schon am Samstag keinen Test. Ihr Begleiter aber, der noch keine Auffrischungsimpfung hatte, meint: "Die Hemmschwelle auszugehen, liegt höher. Das ist klar."
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Früher Abend auf der Hauptstraße, trotz Dauerregens sind recht viele Menschen unterwegs. Doch der Unterschied zum Samstag zuvor – als auch der Weihnachtsmarkt noch geöffnet hatte – ist enorm: Der Passantenzähler der Firma "Hystreet" am Anfang der Hauptstraße zählt 35.845 Menschen. Am ersten Adventssamstag waren es 59.808 Menschen.
Wie Pilze aus dem Boden schießen die Testcenter in der Innenstadt. In der Restaurant-Bar Pop in der Unteren Straße wird an diesem Abend kein Bier ausgeschenkt – stattdessen gibt es in einem Nebenraum Schnelltests. Obwohl beinahe täglich neue Testcenter eröffnen, muss man überall anstehen: Am Uniplatz dauert es am frühen Abend eine halbe Stunde.

Die Max-Bar am Marktplatz ist gut besucht. Inhaber Matthieu Kuhnlein sagt zu der neuen Situation mit 2G-plus: "Wir müssen die nächsten Tage verfolgen, wie sich das auswirkt." Für ihn sei es aber auf jeden Fall kein Tag der Freude: "Wir haben viele Stammgäste, auch ältere Männer aus der Altstadt, die morgens kommen, um sich zu unterhalten. Die haben gesagt, das mit der Testerei sei ihnen zu blöd. Vielen Leuten ist das zu umständlich."
Ein Stück weiter, im hinteren Teil der Altstadt, liegt die Kulturbrauerei, die für ihr Scheffel’s-Bier und regionale Hausmannskost bekannt ist. Inhaber Joshua Merz ist guter Dinge. Grundsätzlich sei es schon ruhiger, besonders unter der Woche gehe der Umsatz zurück wegen der vielen stornierten Firmen-Weihnachtsfeiern. Mit den neuen Regeln kann er sich aber abfinden: "Wenn die Politik der Meinung ist, dass das hilft, dann gehen wir diesen Weg mit."
Noch haben am Samstag nicht alle Restaurants und Bars ihre Aushänge aktualisiert – bei einigen hängt noch das Infoblatt für 2G an der Tür. Doch halten sich alle, bei denen die RNZ am Samstag vorbeischaut, an die vorgeschriebenen Kontrollen. Viele Gastronomen sorgen sich, aber man ist sich einig: Wie es wirklich läuft mit 2G-plus, das kann erst die nächste Woche zeigen.



