Universität klagt gegen die Straßenbahn ins Neuenheimer Feld

Die Uni reicht Klage gegen die Planung ein - Rektor Eitel sieht die Existenz des Botanischen Gartens und ganzer Institute gefährdet

25.07.2014 UPDATE: 25.07.2014 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden
Rechts vom Hofmeisterweg soll die Trasse für die Bahn ins Neuenheimer Feld laut Planfeststellungsbescheid verlaufen. Die Konsequenz: Der Botanische Garten würde massiv beschnitten. Foto: Hentschel
Von Holger Buchwald

Fast schien es so, als sei die Straßenbahn ins Neuenheimer Feld schon aufs Gleis gesetzt. Stadt und Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) zumindest waren bester Dinge, als Regierungspräsidentin Nicolette Kressl ihnen am 23. Juni den Planfeststellungsbescheid für das Millionenprojekt übergab. "Die Einwendungen der Universität wurden berücksichtigt", hatte Oberbürgermeister Eckart Würzner damals noch behauptet, er rechne nicht mit einer Klage. Doch dem widersprach Rektor Bernhard Eitel gestern heftig. Auf einige elementare Forderungen der Ruperto Carola sei überhaupt nicht eingegangen worden. Daher habe man sich dazu entschlossen, gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für öffentliches Recht vor dem Verwaltungsgericht gegen den Bescheid zu klagen.

"Wir sind gar nicht grundsätzlich gegen die Straßenbahn, solange unsere Belange berücksichtigt werden", betonte Eitel auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz in der Alten Universität. Die aktuellen Planungen verletzen in seinen Augen das Eigentum der Ruperto Carola und verstoßen damit gegen Artikel 14 des Grundgesetzes. Das Neuenheimer Feld sei der Universität als Sondernutzungsgebiet zur Verfügung gestellt worden. Durch den Planfeststellungsbescheid werde die Hochschule nun ihres Selbstgestaltungsrechts und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten beraubt.

Konkret werden die Befürchtungen Eitels am Beispiel des Botanischen Gartens. Nach den bisherigen Plänen soll die Straßenbahntrasse nämlich nördlich des Hofmeisterwegs verlaufen. Dadurch würden der Lehr- und Forschungseinrichtung aber 1500 Quadratmeter Fläche weggenommen, so deren Leiter Prof. Marcus Koch. Weitere 3500 Quadratmeter wären nur noch eingeschränkt nutzbar. Die nachgebaute Alpenlandschaft würde angeschnitten, aber auch viele Bäume des Buchenwaldes und des Arboretums sowie die als Ring angelegten Lehrwege müssten der Tram weichen. Koch: "Das ist ein großer Bereich für Forschung und Lehre, der komplett wegfällt." Jährlich kommen nach seinen Angaben 50.000 Besucher in den Botanischen Garten, weitere 70.000 Gäste stellen die Studenten und Mitarbeiter der universitären Einrichtungen im Neuenheimer Feld, 5000 Kinder und Jugendliche besuchen die "Grüne Schule".

Alexander Matt, Baudezernent der Universität, hat einen Vorschlag parat, wie der Botanische Garten gerettet werden könnte. Das Gebäude "Im Neuenheimer Feld 154" könnte abgerissen werden und die Bahn dorthin verlegt werden. Und das wäre in seinen Augen sogar kostenneutral. Schließlich wurde der Wert der Gartenlandschaft im Jahr 2007 auf rund zwei Millionen Euro geschätzt.

Ganze Institute sieht Rektor Eitel entlang der Straße "Im Neuenheimer Feld" gefährdet, wenn der Planfeststellungsbescheid so umgesetzt werden sollte. Die Universität lobt zwar, dass die Planer der Straßenbahn im Bereich der Kopfklinik und des DKFZ auf hochempfindliche Untersuchungsgeräte Rücksicht genommen haben, dort ohne Oberleitungen auskommen und auch die Erschütterungen mit allen Mitteln abfedern wollen. Ähnliches ist im Bereich der Geowissenschaften und des Physikalisch-Chemischen Instituts aber nicht vorgesehen. Die Folgen für die Grundlagenforschung dort wären enorm, wie Dr. Thomas Ludwig erklärt. Experimente mit dem Rastertunnelmikroskop oder der großen Ionensonde, die erst kürzlich für 4,5 Millionen Euro angeschafft wurde, seien dann praktisch nicht mehr möglich.

Dabei bringe, so Rektor Eitel, die Straßenbahn ins Neuenheimer Feld gar nicht den gewünschten Effekt. Laut einem Gutachten der Verkehrspolizei, das ebenfalls in den Planfeststellungsbescheid einfloss, werde der Autoverkehr durch die Tram nur in geringem Maße reduziert. Die Stadt wolle mit der Bahn vor allem den Zoo und andere städtischen Einrichtungen einbinden, so der Rektor. Die Uni werde sich der Straßenbahn trotzdem nicht verschließen, wenn die demokratische Mehrheit diese wolle. Die Tram müsse aber überall in den sensiblen Bereichen strom- und erschütterungsfrei fahren: "Wir klagen nicht, weil es uns Spaß macht, sondern weil wir es nicht anders verantworten können." Die Klageschrift ist fast fertig. Bis zum 30. Juli muss sie eingereicht werden.

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