Übergabetermin für neuen Karlstorbahnhof wird "sportlich"
Auf der Zielgeraden: Stadt und GGH halten am 21. Oktober fest. Vor allem wegen Material- und Personalengpässen wird das nicht einfach.

Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Noch 49 Mal schlafen, dann eröffnet der neue Karlstorbahnhof – wenn alles klappt. Die Großbaustelle am Marlene-Dietrich-Platz in der Südstadt befindet sich auf der Zielgeraden, doch die hat es noch einmal in sich. Am 21. Oktober wollen die Stadt als Bauherrin und die GGH als ausführende Gesellschaft das Gebäude an das Karlstorbahnhof-Team übergeben, eine Woche später, am 28. Oktober, soll das Kulturhaus schließlich in Betrieb gehen. "Ein ambitioniertes Vorhaben, in jeder Hinsicht", sagte Baubürgermeister Jürgen Odszuck (CDU) beim Blick auf das knapp 20 Millionen Euro teure Projekt und dessen Fertigstellung. Er besuchte am Donnerstag das neue Kulturhaus im Rahmen seiner letzten Baustellentour und gab gemeinsam mit den Projektentwicklern von der GGH einen Überblick über den aktuellen Baufortschritt.
Hintergrund
> Der neue Karlstorbahnhof hat eine Fläche von 4700 Quadratmetern. Er liegt im Westen der Campbell Barracks, an der Straße "Im Bosseldorn". Untergebracht ist das Kulturhaus in einer ehemaligen Reithalle, die Teil der von den Nationalsozialisten in den 1930er-Jahren
> Der neue Karlstorbahnhof hat eine Fläche von 4700 Quadratmetern. Er liegt im Westen der Campbell Barracks, an der Straße "Im Bosseldorn". Untergebracht ist das Kulturhaus in einer ehemaligen Reithalle, die Teil der von den Nationalsozialisten in den 1930er-Jahren erbauten "Großdeutschlandkaserne" war – und deren Form und Backsteinfassaden unter Denkmalschutz stehen. In den Nachkriegsjahrzehnten wurde das Gebäude als Casino für das US-Militär genutzt, zudem gab es hier Tagungsräume für die Nato. Nun befinden sich in der neu aufgeteilten Halle ein Veranstaltungssaal mit Foyer sowie Räumen für Künstler und Verwaltung, das Tikk-Theater und das Karlstorkino des Medienforums. Der Vorbau umfasst im Erdgeschoss die Kasse und Garderobe und im Obergeschoss den Klub K, der mit einem Aufzug barrierefrei erreicht werden kann.
> Ein Umzug des Kulturhauses war ursprünglich eigentlich nicht geplant: Der Standort in der Altstadt sollte vielmehr vergrößert werden. Erst Ende 2017 entschieden sich die Stadträte für einen Umzug des Kulturhauses in die Südstadt – damals ging man noch von Kosten in Höhe von 15 Millionen Euro aus. Am 4. November 2019 erfolgte dann der Spatenstich in der Südstadt. pne
Von außen betrachtet wirkt es, als könnte es hier sofort losgehen. Betritt man das Innere des neuen Karlstorbahnhofs, wird aber schnell klar, dass in den nächsten sechs Wochen noch einiges zu tun ist. "Wir sind in der Schlussphase. Es wird ordentlich geschafft", sagt Sebastian Streckel, Projektleiter von der GGH. Und das zeigt sich auch beim Vor-Ort-Termin: Zu sehen und zu hören sind Bauarbeiter, die sägen, hämmern und schleppen. Auf dem Boden liegen Kabel, die verlegt, Dämmmaterial, das verarbeitet, Farbe, die verstrichen, und Lüftungsrohre, die verschraubt werden müssen.
Die allgemeinen Personal- und Materialengpässe wirken sich natürlich auch hier aus. Die schallakustische Holzverkleidung für die Wände im Großen Saal etwa fehlt noch, zudem musste bei der Brandschutztür improvisiert werden. Und auch für die zuständige Putzfirma musste Ersatz her, weil diese insolvent gegangen war. Bisher habe man jedoch immer eine Lösung gefunden, betont der Projektleiter – und das werde man notfalls auch in den nächsten Wochen tun. Der 21. Oktober als Übergabetermin sei fix, sagt Streckel – auch wenn er "für solch ein komplexes Gebäude durchaus sportlich ist".

Am Ende steht und fällt alles mit der Bauabnahme durch den Sachverständigen. Bis es so weit ist, muss die Baustelle erst einmal vom Staub der letzten Wochen und Monate befreit werden. Alle staubintensiven Arbeiten – Trockenbau, Maler- und Bodenbelagsarbeiten – sollen in den nächsten Tagen abgeschlossen sein. Dann werden die Innenräume gefegt und leer geräumt. Anschließend geht es an die Einregulierung: Brandmeldeanlagen, Belüftungssysteme, Wasser- und Stromflüsse, aber auch die Medientechnik werden getestet und eingestellt. Das Technik-Team des Karlstorbahnhofs ist schon jetzt in die vorbereitenden Arbeiten eingebunden.
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Nachdem der Umzug des Kulturhauses von der Altstadt in die Südstadt bereits zwei Mal verschoben worden war, drohte zuletzt auch der Termin Ende Oktober zu platzen. Angesichts der Materialengpässe und des Fachkräftemangels hatten Odszuck und die Stadt im Juni erklärt, den 21. Oktober als Übergabetermin nicht zu einhundert Prozent garantieren zu können. Karlstorbahnhof-Geschäftsführerin Cora Malik reagierte, indem sie eine verbindliche Zusage für die Übergabe forderte – andernfalls könne das neue Kulturhaus erst 2023 an den Start gehen. Kurz darauf lieferte die Stadt diese Zusage dann doch.
Nun sei man voller Vorfreude auf den Umzug, sagte Caroline Thiemann vom Karlstorbahnhof, die stellvertretend für Geschäftsführerin Cora Malik an der Tour teilnahm. "Das neue Gebäude ist eine riesige Verbesserung für uns." Diese zeigt sich unter anderem an den neuen Raumdimensionen. Der große Saal am alten Standort bietet gerade einmal 550 Steh- und 220 Sitzplätze – am neuen Standort sind es künftig etwa doppelt so viele (900 Steh- und 480 Sitzplätze). Ungefähr gleich groß bleibt der hauseigene Klub K. Er findet seinen Platz wie schon am alten Standort im Obergeschoss. Getanzt wird auch hier künftig hinter einer breiten Fensterfront – nur mit Blick auf den Marlene-Dietrich-Platz statt auf den Neckar.
Und auch ein kommunales Kino wird es in der Südstadt geben. Der neue Saal hat Platz für bis zu 97 Menschen. Claus Schmitt, Leiter des Medienforums, nahm am Donnerstag probehalber schon einmal Platz auf einem der fertig bezogenen Samtsessel in der ersten Reihe. Schmitt freut sich darauf, mit dem Karlstorkino "einen neuen Stadtteil zu erschließen". Gleichzeitig wiederholte er seinen Wunsch, das alte Karlstorkino in der Altstadt als zweite Spielstätte zu erhalten.

Ob aus diesem Wunsch Wirklichkeit wird, darüber müssen Stadt und Gemeinderat entscheiden. Fest steht laut Schmitt bislang eines: Am 28. Oktober läuft im Karlstorkino die erste Filmvorführung – natürlich immer vorausgesetzt, dass jetzt auch wirklich nichts mehr schief geht. Genau darauf vertraut Bürgermeister Odszuck. Er bekräftigte am Donnerstag: "Die Übergabe soll wie geplant stattfinden." Und auch Projektleiter Streckel sagte: "Wir sind guter Dinge, dass es klappt."
Info: Wegen der Preissteigerungen sammelt der Karlstorbahnhof Geld für einen Holzboden, der den Klub K schmücken soll. Spenden kann man online: www.startnext.com/karlstorbahnhof




