Streit um Ausländer-/Migrationsrats-Satzung: "Sie alle haben mitgepennt"
Der Rat ist mit der neuen Satzung gar nicht einverstanden - obwohl er sie selbst mit beschlossen hat.
Um die Wahl des Ausländer-/Migrationsrats (AMR) gibt es Streit. Der Gemeinderat hatte am 19. Dezember in einer geänderten Satzung festgelegt, dass EU-Bürger sich zwar aufstellen lassen können, aber nicht selbst wählen dürfen. Davon zeigte sich der AMR nun komplett überrascht.
"Wir haben uns gefragt, wie kam es dazu und was ist die Logik dahinter?", sagte AMR-Vorsitzender Michael Mwa Allimadi in der jüngsten Sitzung der Ausländervertretung. Schließlich wolle man alles daransetzen, die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Die stimmberechtigten Mitglieder des AMR hätten geschlossen dafür gestimmt, dass alle Bürger ohne deutsche Staatsangehörigkeit das aktive und passive Wahlrecht haben sollten, sagte er und fragte: "Wie kam es dazu, dass dieses Votum nicht beachtet wurde?" Der AMR-Vorstand hatte zuvor einen offenen Brief an Oberbürgermeister Eckart Würzner und Integrationsbürgermeister Wolfgang Erichson geschrieben. Er frage sich, wenn schon nicht der AMR, ob wenigstens der Gemeinderat ausreichend informiert gewesen sei.
Die AMR-Wahl findet zeitgleich mit der Kommunal- und der Europawahl am 25. Mai statt. Wählen dürfen alle Nicht-EU-Ausländer. Laut geänderter Satzung besteht der AMR künftig aus 14 gewählten, 7 beratenden und 6 bestellten Mitgliedern, von denen 2 Flüchtlinge und 4 Hochschulmitglieder sein werden. Jeder Wahlberechtigte hat 14 Stimmen, maximal drei Stimmen für einen Bewerber. Enthalten sollte jeder Wahlvorschlag je zwei EU-Ausländer, Staatsangehörige eines Landes in Europa, das nicht der EU angehört, und eines Landes außerhalb Europas. Ab dem 20. Februar bis zum 10. April können Wahlvorschläge im Bürgeramt Bergheimer Straße eingereicht werden. Nötig sind 150 Unterstützungsunterschriften, davon 75 von Wahlberechtigten. Wahlbenachrichtigungen werden ab Mitte April verschickt. Briefwahl geht über das Bürgeramt oder das Interkulturelle Zentrum in Gründung. (heb)Hintergrund
Erichson reagierte empört. "Ich erwarte, dass Sie sich für falsche Anschuldigungen entschuldigen", sagte er. Er verwies auf eine E-Mail des AMR-Mitglieds Orietta Angelucci von Bogdandy, wonach EU-Bürger doppelte Privilegien bekämen, wenn sie auch den AMR wählen dürften. Schließlich hätten sie bereits die Möglichkeit, den Gemeinderat zu wählen. "Wir als Verwaltung fanden den Vorschlag überlegenswert", so Erichson. Es gehe doch darum, für Menschen eine Wahlmöglichkeit zu schaffen, die sonst nicht wählen könnten. Schon bei der letzten Wahl hatten nur Nicht-EU-Bürger das aktive Wahlrecht. Im Ratsinformationssystem sei für jeden erkennbar, dass es eine Änderung des Verwaltungsvorschlags gebe. "Dagegen hat sich kein Widerspruch erhoben."
Sie habe keinen Vorschlag gemacht, sondern nur ihre Position mitteilen wollen, da sie bei der fraglichen Sitzung verhindert gewesen sei, sagte Bogdandy ihrerseits. Um zu zeigen, dass sie sich in der neuen Satzung nicht wiederfindet, zitierte sie aus ihrer Mail: "Ich sehe die Direktwahl von EU-Bürgern in den AMR als politisch problematisch."
"Diese Satzung entspricht unseren Vorstellungen in keiner Weise", machte auch Ayla Terzi deutlich. Ein EU-Mitglied sollte im AMR nichts zu suchen haben, weder aktiv noch passiv. Manuel Miranda Araya sah einen Widerspruch darin, dass Mitglieder gewählt werden können, aber nicht selber wählen dürfen. "Ich finde den Vorschlag absurd", sagte er. Stadträtin Gabriele Faust-Exarchos (GAL) pflichtete ihm bei. Sie sei nicht in der Sitzung gewesen, habe aber anhand der Unterlagen versucht, nachzuvollziehen, wie es gelaufen sei. Die Frage "Wer darf wählen?" sei nirgendwo thematisiert worden. In der Sitzung des Gemeinderates habe es nur eine Tischvorlage gegeben. "Ich habe das auch so empfunden, als ob wir hinters Licht geführt wurden," meinte sie.
Erichson sprach von Unterstellung und wies die Vorwürfe vehement zurück. "Jeder Ausschuss sieht das Protokoll", wandte er ein und sagte, er könne nichts dafür, wenn dieser Punkt nicht hinterfragt werde. "Sie alle, wie Sie hier sitzen, haben mitgepennt." Gegen diesen Vorwurf wandte sich Monika Meißner (SPD). Der Gemeinderat sei einer Informationsflut ausgesetzt. Der wichtige Punkt sei in den Unterlagen nicht markiert gewesen. Sie stellte fest, dass die Wahl durchgeführt werden müsse wie beschlossen. "Ich glaube nicht, dass man jetzt die Kuh vom Eis kriegt." Allimadi: "Das bringt uns große Probleme, was die Wählermobilisierung angeht."