Heidelberg

So geht die CDU mit der Niederlage bei der Kommunalwahl um

Vorsitzender Alexander Föhr im RNZ-Interview: "Wir konnten den Megatrend nicht brechen" - Wald soll neues Schwerpunktthema werden

03.10.2019 UPDATE: 04.10.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 26 Sekunden

Alexander Föhr. Foto: privat

Von Micha Hörnle

Heidelberg. Alexander Föhr (39) ist seit März 2015 Heidelberger CDU-Vorsitzender, ein knappes Jahr zuvor wurde er Stadtrat. Im Gespräch mit der RNZ verrät er, wie seine Partei mit der Wahlniederlage umgeht. Immerhin: Föhr ist neben Nicole Marmé der einzige der nun sieben CDU-Stadträte, der mehr Stimmen als 2014 erhielt.

Herr Föhr, das Scherbengericht bei der Mitgliederversammlung nach der verlorenen Wahl fiel aus. Sind Sie überrascht?

Nein, wir hatten nach der Wahl viele Gespräche, bei denen sehr offen geredet wurde. Jetzt haben wir vor, einige Dinge zu verändern und zukünftig besser zu machen.

Hintergrund

Keine Abrechnung bei der CDU

Manchmal ist entscheidender, was nicht gesagt wird: Eine Abrechnung oder ein Scherbengericht fiel am Montagabend aus, als die CDU die Wahlergebnisse jenes 26. Mai analysierte -

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Keine Abrechnung bei der CDU

Manchmal ist entscheidender, was nicht gesagt wird: Eine Abrechnung oder ein Scherbengericht fiel am Montagabend aus, als die CDU die Wahlergebnisse jenes 26. Mai analysierte - herbe Schlappen bei der Europa-, vor allem aber der Kommunalwahl. Die Partei verlor knapp sechs Prozentpunkte (und damit drei Stadträte) - was ist falsch gelaufen?

Eigentlich an sich nicht viel, wenn man Stefan Lenz vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik glauben darf. Denn die CDU hat wenig Wähler eingebüßt, sie hat "nur" von der sehr hohen Wahlbeteiligung nicht profitiert - anders als die Grünen. Auch die schwarzen Hochburgen blieben relativ stabil - und nicht zuletzt verlor die Heidelberger CDU etwas weniger stark als in den restlichen baden-württembergischen Großstädten (minus 7,6 Prozentpunkte im Schnitt). Lenz hatte noch mehr Tröstliches mitgebracht: In Heidelberg sind der Hauptgegner der CDU nicht die Rechtspopulisten ("Der klassische CDU-Wähler wählt nicht die AfD"), sondern die Grünen und "Die Heidelberger".

Für Stefan Hofmann, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung, ist die Sache klar: "Aus meiner Sicht war das keine Kommunalwahl, sondern eine allgemeine Themenwahl." Das Großthema "Klimaschutz" habe die CDU "kalt erwischt". Hoffmann erwartet: "Dieses Thema wird uns lange begleiten, wir können uns ihm nicht entziehen." Aber die Partei hat generelle Schwächen: wenige junge Wähler, kaum Frauen und Migranten in wichtigen Ämtern - und dann fehlen auch die Hochgebildeten: "Akademiker gehen nicht zur CDU." Auf jeden Fall verbesserungswürdig sei die Kommunikation ("Authentizität weckt Vertrauen. Humor und Selbstironie auch") - auch da seien die Grünen viel besser.

Eine Diskussion am Schluss gab keine klare Richtung vor: Ein CDUler wollte den Markenkern "Soziale Marktwirtschaft" herausstellen, ein anderes forderte, beim Klimawandel mutiger zu werden.

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Und was?

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Es gab bei uns die Diskussion, ob wir unsere Kandidaten nicht zu früh aufgestellt haben. Oder ob wir statt deren Köpfe mehr Slogans hätten plakatieren sollen. Aber das führt uns jetzt nicht weiter. Klar hingegen ist, dass wir bei der Präsenz in den Sozialen Netzwerken besser werden müssen. Und wir wollen noch mehr Vor-Ort-Termine machen, das ist heute besser als Sitzungen in Nebenzimmern. Also kurz: Wir probieren jetzt einiges aus, auch in der Parteiarbeit. Aber selbst wenn wir das alles schon vor der Kommunalwahl umgesetzt hätten, hätten wir den bundesweiten Megatrend nicht verändern können.

Woran lag es also, dass die Heidelberger CDU die große Verliererin der Kommunalwahl war?

Wir haben die Leute offenbar emotional nicht erreicht. Wir haben, das zeigen die Zahlen, zwar kaum Wählerstimmen verloren, aber es ist uns nicht gelungen, von der hohen Wahlbeteiligung zu profitieren, also neue Wähler für uns an die Urnen zu ziehen.

Sie sagen "Wir". Ist das die Bundes- oder die Heidelberger CDU?

Ich könnte jetzt alles auf den Bund schieben. Denn im Grunde können wir als Heidelberger keinen großen Einfluss auf das nehmen, was in Berlin passiert. Aber das wäre zu wenig. Wir müssen versuchen, an den kleinen Stellschrauben in Heidelberg zu drehen. Wir wollen als Heidelberger CDU die Ansprechpartner, Gestalter und Problemlöser vor Ort sein.

Sie haben vom "Megatrend" gesprochen - dem Klimawandel, auf den die CDU keine Antworten hat. Aber ist das Thema nicht längst von den Grünen besetzt?

Das Thema haben wir auf allen Ebenen verschlafen und wollen uns dem jetzt vor Ort widmen. Einer unserer ersten Schwerpunkte wird der Wald sein.

Der Wald? Halten Sie das für erfolgversprechend?

Das Thema "Wald" ist von den Grünen gar nicht besetzt, eher im Gegenteil: Zugunsten der Windkraft will der grüne Landesumweltminister massiv in gesunde Waldbestände eingreifen. Das sollte man ihm nicht durchgehen lassen.

Apropos "Megatrend": Hatten kommunale Themen bei der Wahl überhaupt noch ein Gewicht? Zumindest konnte ich keine Streitfrage ausmachen, die eine Rolle gespielt hatte.

Das war schon frustrierend. Rezo, Artikel 13 und der Klimawandel waren dominant. Heidelberger Themen hatten an den Infoständen nur geringe Bedeutung. Das ist für Kommunalpolitiker bitter, denn wir haben vor Ort wichtige Themen wie Mobilität, Wohnen oder Sicherheit. Es gab schon Momente, in denen ich mir gewünscht hätte, dass Kommunal- und Europawahl nicht an einem Tag stattfinden. Die Stadtpolitik verdient mehr Aufmerksamkeit.

In diesem Kommunalwahlkampf gab es so gar keine Themen. Hätte Ihre Partei nicht das eine oder andere für sich entdecken und dann emotional besetzen können?

Ja, das haben wir uns auch für die nächsten Jahre vorgenommen, dass wir uns Themen herausgreifen und die zu unserem kommunalen Markenkern machen, mit dem wir uns von anderen abgrenzen. Aber das ist ein Prozess, der gerade erst beginnt.

War es eigentlich wahlstrategisch klug, dass bei der CDU alle Stadträte - sozusagen die "alte Garde" - antraten, während gerade die Grünen mit neuen Gesichtern warben?

Es hätte uns möglicherweise gutgetan, das eine oder andere neue Gesicht vorn auf unserer Liste zu platzieren - auch wenn unsere Aufstellung parteiintern nicht umstritten war. Aber in den nächsten fünf Jahren sehe ich da Veränderungen. Es wachsen, gerade in den Bezirksbeiräten, große kommunalpolitische Hoffnungen heran.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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