SRH beendet Ausflug in Hotelbranche
Das "Chester" in Wieblingen schließt zum Monatsende. Daraus wird ein Therapiezentrum für Long-Covid-Patienten.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Mit seinen 96 Zimmern, darunter zwei Suiten, seinen Tagungsräumen und seiner Panorama-Sauna war das Hotel Chester auf der Höhe der Zeit. Erst im Jahr 2015 eröffnete die Stiftung Rehabilitation Heidelberg (SRH) ihr Vier-Sterne-Superior-Hotel auf dem eigenen Campus in Wieblingen. Inzwischen ist aber klar, dass es nach dem Corona-Lockdown nicht mehr öffnen wird. Offiziell wird es zum Monatsende geschlossen. Den 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern würden, so heißt es in einer Pressemitteilung des Gesundheits- und Bildungskonzerns, andere Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen angeboten.
Die Schließung habe nichts damit zu tun, dass das Hotel wegen der Corona-Krise in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sei, klärt Simone Kuhn, Geschäftsführerin der SRH Hotel Handels- und Betriebs GmbH, auf. Und doch habe die Pandemie die Entwicklung beschleunigt. "Grund für diese strategische Entscheidung ist der gestiegene Bedarf an Therapieplätzen. Durch die Corona-Pandemie entstehen aktuell neue Krankheitsbilder, für die derzeit noch kaum Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen." Diesen gestiegenen Anforderungen trage die SRH mit der Nutzungsänderung Rechnung.
Aus dem Chester soll also ein Reha- oder Therapiezentrum werden. Was genau in dem Gebäude möglich ist, ob zum Beispiel Übernachtungsmöglichkeiten gebraucht werden, müsse noch mit den Kostenträgern abgesprochen werden, so Kuhn: "Da sind wir momentan noch dabei. Erst nach Abschluss dieser Gespräche werden wir wissen, inwieweit das Hotel umgebaut werden muss." Denkbar ist für Kuhn vieles: "Gerade bei Patienten mit Long-Covid-Syndrom spielen psychosomatische, neurologische und internistische Themen mit rein." Die SRH merke dies unter anderem in ihrer Akademie für Psychotherapie. Kuhn: "Gerade jetzt gibt es eine enorme Nachfrage."
Seit 3. November war das Chester im Lockdown. Einen eigenen Bedarf an einer Gästeunterkunft hatte die SRH in dieser Zeit nicht. Fast alle Professoren der Hochschule waren im Homeoffice, die Rehabilitanden wurden online betreut. Kuhn ist froh, dass nun den Hotelmitarbeitern neue Perspektiven eröffnet werden. "Einige wollen nicht mehr in der Gastronomie bleiben. Jeder, der bleiben will, bekommt eine Chance", verspricht sie. Servicekräfte, Haustechniker, selbst Köche würden auch in anderen Bereichen des Unternehmens wie zum Beispiel im Krankenhaus gebraucht. Auch Angebote für Umschulungen schließt Simone Kuhn nicht aus.
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"Wir waren sehr gut etabliert, hatten etwa 190.000 Gäste", berichtet die ehemalige Hoteldirektorin. Auch Bundesliga-Fußballmannschaften übernachteten hier vor ihrem Spiel gegen die TSG Hoffenheim. "Allerdings haben wir uns schon lange mit dem Gedanken getragen, dass ein Hotel nicht zu unserem Markenkern passt", sagt Kuhn, die bei der SRH auch für das Innovationsmanagement zuständig ist. Gesundheit und Bildung – darauf wolle sich der Konzern künftig konzentrieren. Der Ausflug in die Hotelbranche ist damit Geschichte. Kuhn: "Wir wären diesen Schritt auch ohne die Corona-Pandemie gegangen."
Spannend wird nun, wie das ehemalige Hotel umgebaut wird. "Ich habe schon vorgeschlagen, dass der Saunabereich exklusiv für die Mitarbeiter reserviert wird", scherzt Pressesprecher Martin Kussler. Doch natürlich könnte auch dieser Wellness-Bereich mit Blick über die Stadt die Gesundheit der Long-Covid-Patienten fördern.



