Heidelberg

Kein gemeinsames Essen beim Jungen Wohnen der SRH - Ist das rechtens?

In Pflegeheimen wird zusammen gegessen -"Wir dürfen niemanden diskriminieren"

11.05.2021 UPDATE: 14.05.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 47 Sekunden
Symbolfoto: dpa

Von Jonas Labrenz

Heidelberg. Seit mehr als einem Jahr isst Ralph P. (Name geändert) allein zu Mittag. Nicht, weil er es so möchte, sondern weil es anders nicht geht. Der 44-Jährige lebt in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. "Mein Sohn ist ganz unglücklich", sagt Ute Herzenstiel. Sie habe schon im Fernsehen gesehen, wie in Seniorenheimen wieder gemeinsam zu Mittag gegessen wurde. Tatsächlich hatten die Beteiligten in einem Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes in Mannheim einen Vergleichsvorschlag zur Öffnung der Gastronomie eines Seniorenzentrums angenommen: Dort durfte die Cafeteria für Geimpfte und Genesene wieder öffnen.

So hat sich das Herzenstiel auch für die Einrichtung gewünscht, in der ihr Sohn lebt: "Ich sehe es so: Wer sich nicht impft, der kann ja weiter im Zimmer essen." Die Einrichtung – das "Junge Wohnen" der SRH Pflege – hat ihr allerdings mitgeteilt, dass eine Öffnung erst in Betracht komme, wenn 90 Prozent der Bewohner geimpft seien. So hoch sei die Quote aber noch nicht.

"Ich frage mich, ob das rechtens ist", sagt Herzenstiel in Anbetracht der Einigung vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die SRH Pflege erklärt auf RNZ-Anfrage, dass die Regel, dass das gemeinsame Mittagessen aller Bewohner im Speisesaal erst wieder ab einer Impfquote von 90 Prozent möglich ist, aus einer direkten Verordnung des Sozialministeriums Baden-Württemberg stamme, die von der Heimaufsicht übermittelt worden sei und auf aktuellen Empfehlungen des RKI basiere. Eine abgetrennte Cafeteria habe man nicht. Lockerungen fürs gemeinsame Essen seien aber in Planung – eventuell für Juni.

"Die Umsetzung erfolgt in sorgfältiger Abwägung", teilt die SRH Pflege mit. Und die sei noch differenzierter als etwa in einem Seniorenheim zu treffen. Einmal gehörten viele Bewohner zur Hochrisikogruppe. Außerdem sei bei manchen Bewohnern aufgrund ihrer Erkrankung eine Impfung nicht möglich und der Arzt rate explizit davon ab: "Zum Konzept des selbstbestimmten Lebens gehört, dass jede und jeder frei über eine Impfung entscheiden kann. Diese Bewohnerinnen und Bewohner dürfen wir nicht diskriminieren, wenn wir Lockerungen für Geimpfte einführen."

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Das junge Wohnen der SRH Pflege ist eine Einrichtung für junge Erwachsene mit Pflegebedarf, die dabei unterstützt werden, selbstständig ihren Alltag zu gestalten. Grund für den Pflegebedarf sind etwa ein Unfall oder eine Erkrankung und damit verbundene Einschränkungen. "Oberstes Ziel ist, dass die jungen Erwachsenen so selbstbestimmt wie möglich leben können und gleichzeitig ihre Gesundheit umfassend geschützt ist." Und das gelinge bisher sehr gut: "Bis heute hatten wir im jungen Wohnen keinen einzigen positiven Fall von Covid-19. Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schultern gemeinsam diese Anstrengung. Dazu gehört, entsprechende Verordnungen einzuhalten und Lockerungen mit Bedacht umzusetzen."

Damit die Bewohner aber nicht immer allein essen, gibt es auch kreative Ansätze der Einrichtung: "Coronakonform kreieren unsere Alltagsbegleiterinnen und Alltagsbegleiter zusammen mit dem Heimbeirat und den Bewohnerinnen und Bewohnern immer wieder gemeinsame Events, etwa durch Essen im Freien, wie ein Fish’n’Chips-Grillen", so die SRH.

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