Heidelberg will "digitale Stadtwerke" gründen
Das Konzept präsentiert Oberbürgermeister Würzner am morgigen Mittwoch in Berlin beim Wettbewerb "Digitale Stadt"

Heidelberg digital vernetzt: Gewinnt die Stadt den Wettbewerb, gibt es Millionen für neue Projekte. Grafik: Stadt
Von Steffen Blatt
Eine Stadt stellt die Versorgung ihrer Bürger sicher. Sie kümmert sich um die Leitungen für Strom, Wasser oder Fernwärme und hält die Abwasserkanäle in Schuss. Nur bei der digitalen Infrastruktur, die den Zugang zum Internet ermöglicht, sind fast ausschließlich private Anbieter am Zug. Das soll sich in Heidelberg ändern: Denn die Stadt will "digitale Stadtwerke" gründen. Das kündigte Oberbürgermeister Eckart Würzner am Montag bei einem Pressegespräch an.
"Wir wollen stärker bei der Infrastruktur tätig werden", sagte Würzner. Als Beispiel nannte er die Bahnstadt, wo die Stadt für Glasfaserkabel sorgte, die schnelles Internet ermöglichen. Auch gibt es in Heidelberg immer noch "weiße Flecken" wo die Versorgung mit schnellem Internet nicht flächendeckend (oder überhaupt nicht) gewährleistet ist. Dazu gehören etwa Teile von Schlierbach, Ziegelhausen oder der Südstadt. "Diese Lücken wollen wir schließen", sagt Nicole Huber, die als Leiterin des OB-Referats für die Digital-Strategie zuständig ist. Für den Breitbandausbau hat die Stadt Fördermittel beim Bund beantragt, im Juli erwartet man die Entscheidung.
Hintergrund
Wie Heidelberg die Bewerbung vorbereitete
Der Vorlauf war lang und stressig für die Stabsstelle "Digitales Heidelberg" in der Stadtverwaltung, doch jetzt ist das Finalkonzept für den Wettbewerb "Digitale Stadt" fertig und wird morgen in Berlin präsentiert. Jetzt muss
Wie Heidelberg die Bewerbung vorbereitete
Der Vorlauf war lang und stressig für die Stabsstelle "Digitales Heidelberg" in der Stadtverwaltung, doch jetzt ist das Finalkonzept für den Wettbewerb "Digitale Stadt" fertig und wird morgen in Berlin präsentiert. Jetzt muss Oberbürgermeister Eckart Würzner die Jury des Branchenverbandes Bitkom überzeugen - und dann hoffen alle, dass die Arbeit der vergangenen Monate mit dem Sieg belohnt wird.
Schon vor der ersten Bewerbung, die im März eingereicht wurde, gab es mehrere Workshops, bei denen Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft und Verwaltung ihre Vision der digitalen Stadt erarbeiteten, zudem ein Bürgerforum und eine Beteiligungsplattform im Internet. Nachdem der Finaleinzug geschafft war, widmete sich eine Vortragsreihe in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Amerikanischen Institut vom 8. bis 24. Mai der Frage, wie die Bürger von der Digitalisierung profitieren können. Vom 15. bis zum 21. Mai konnte Heidelberg auf der Facebook-Seite des Wettbewerbs seine Stärken zeigen und präsentierte dort eine Woche lang Videos, Hintergrundinformationen, Porträts und Infografiken. Ein Film über die Wissenschaftsstadt Heidelberg hat bisher mehr als 330.000 Aufrufe.
Die Stadt setzt bei der Bewerbung auch auf ihre internationale Vernetzung, etwa mit den IT-Zentren Palo Alto in Kalifornien oder Hangzhou in China. Auch in der Region ist die Unterstützung groß, etwa durch die Forschungseinrichtungen, die Universität, das Uniklinikum oder die IHK. Die Heidelberger Bürger können die Bewerbung mit vielen "Likes" online auf www.facebook.com/ digitalestadt unterstützen. (ste)
Um seine Haltung zu verdeutlichen, zieht Oberbürgermeister Würzner den Vergleich zum Bahnverkehr: "Das Schienennetz muss vom Staat bezahlt werden, nutzen können es aber auch Private." So will die Stadt auch nicht selbst Internet-Anbieter werden, das sollen weiter private Betreiber übernehmen. Investitionen in Infrastruktur rechnen sich laut Würzner aber erst langfristig - und das schrecke Privatunternehmen ab, wenn etwa in einem bestimmten Stadtteil die Nachfrage die Kosten nicht schnell genug decken könne.
Helfen soll bei dem Ausbau auch der bundesweite Wettbewerb "Digitale Stadt", bei dem es Heidelberg ins Finale geschafft hat. Der Branchenverband Bitkom, in dem mehr als 2400 Unternehmen der digitalen Wirtschaft vertreten sind, sowie der Städte- und Gemeindebund wollen damit eine Stadt zum "Leuchtturmprojekt" küren. Der Sieger kann zwei Jahre lang kostenlos auf Produkte und Diensteleistungen von Bitkom-Mitgliedern zurückgreifen, um digitale Projekte auf den Weg zu bringen. Würzner spricht von einem Gegenwert von zehn bis 20 Millionen Euro. Die Gewinnerstadt wird beim "Digitial-Gipfel" der Bundesregierung bekannt gegeben, der am 12. und 13. Juni in Ludwigshafen stattfindet. Neben Heidelberg sind in dem Wettbewerb noch Kaiserslautern, Darmstadt, Paderborn und Wolfsburg vertreten.
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Am Mittwoch präsentieren die Oberbürgermeister der Finalisten ihre Konzepte vor der Wettbewerbsjury in Berlin. Dann will Würzner auch die Grundzüge der "digitalen Stadtwerke" erläutern. Gestern hielt er sich damit noch zurück - man wolle den Konkurrenten keinen Wissensvorsprung geben. Das Heidelberger Konzept ist die Fortführung der Bewerbung vom März, mit der es die Stadt ins Finale geschafft hat. Es berücksichtigt nun die Dienstleistungen, welche die Bitkom-Mitglieder zur Verfügung stellen. Mögliche Projekte reichen von der Erweiterung der digitalen Patientenakte über Angebote, mit denen Autofahrer leichter freie Parkplätze finden, bis hin zur besseren Steuerung des Stromnetzes. Gewinnt Heidelberg, soll schon am 1. Juli die Projektleitung ihre Arbeit aufnehmen. Erste Vorhaben würden ab Januar 2018 auf den Weg gebracht.
Info: Die Heidelberg-Präsentation in Berlin kann am morgigen Mittwoch ab 10.30 Uhr auf www.facebook.com/ digitalestadt verfolgt werden. Weitere Informationen gibt es auch unter www.digitales.heidelberg.de.