Klimaaktivisten von der Polizei gestoppt
30 Personen wollten nach Aufruf der "Letzten Generation" zur Speyerer Straße marschieren.

Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Ein Protestmarsch von knapp 30 Klimaaktivistinnen und -aktivisten der "Letzten Generation" in Richtung Speyerer Straße ist am frühen Mittwochabend von der Stadtverwaltung und der Polizei aufgelöst worden. Die einstündige Aktion, die nicht angemeldet worden war, verlief zu jeder Zeit friedlich. Acht Aktivisten mussten am Ende von den Beamten von der Straße getragen werden. Weil sie eine Ordnungswidrigkeit begangen haben, sehen sie nun einem Bußgeld entgegen.
Nach einem Aufruf der "Letzten Generation" hatten sich um 17 Uhr Aktivisten unterschiedlichen Alters an der "Schwetzinger Terrasse" in der Bahnstadt versammelt. Die Polizei machte die Gruppe vor Ort darauf aufmerksam, dass es sich um eine nicht angemeldete Versammlung handele. In Rücksprache mit der Stadt – der zuständigen Versammlungsbehörde – schlug der Einsatzleiter den Aktivisten vor, eine stationäre Kundgebung an der Schwetzinger Terrasse abzuhalten oder eine Route durch die Bahnstadt zu nehmen – über den "Langen Anger", den Gadamerplatz, den Zollhofgarten, die Max-Jarecki-Straße und zurück zur Schwetzinger Terrasse.
Die Aktivisten nahmen dieses Angebot nach kurzer Rücksprache untereinander nicht an. Von der Schwetzinger Terrasse kommend, versuchten sie, über den "Langen Anger" nach Westen zu marschieren, Richtung Speyerer Straße. Sofort stellten sich ihnen mehrere Polizeibeamte in den Weg, zwei Streifenwagen machten die Straße dicht. Die Aktivisten blieben daraufhin friedlich und still stehen. Sie waren ausgestattet mit orangenen Warnwesten und Transparenten, auf denen stand: "Klimakatastrophe zulassen = Verfassungsbruch" oder "Schöne neue Welt hier – wie lange noch?"

Anlass für den Protest war laut Raúl Semmler, Sprecher der "Letzten Generation", auch, dass in Bayern in den vergangenen Tagen gleich mehrere Klimaaktivisten von der Polizei in Gewahrsam genommen wurden. "Diese Menschen setzen sich für unsere Lebensgrundlagen ein", erklärte Semmler. Eine Aktivistin, die sich unmittelbar vor den Polizisten im Schneidersitz niederließ, sagte: "Die Klimakatastrophe ist da." Die aktuelle Bundesregierung schaue dem nur zu und breche ihre eigenen Gesetze. "Die gehören eigentlich in Präventiv-Gewahrsam – nicht unsere Leute in München."
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Die Polizei, die mit mehr als 25 Personen vom Einsatzzug Heidelberg und dem Verkehrsdienst vor Ort war, zeigte sich davon unbeeindruckt. Insgesamt dreimal verwarnte der Leiter des Einsatzes die Aktivisten. Gleichzeitig bot er ihnen wiederholt an, die von der Stadt vorgegebene Route für ihren Protestmarsch zu wählen oder auf der Schwetzinger Terrasse zu protestieren.
Doch die Aktivisten blieben dort, wo sie standen und saßen. "Kanada brennt, Slowenien ist abgesoffen, Österreich ist abgesoffen – was soll mit Heidelberg passieren?", fragte einer der Aktivisten mit lautstarker Stimme. Und Sprecher Semmler wendete sich direkt an die vor ihm stehenden Polizisten: "Was werdet ihr tun, wenn wir Kämpfe haben um Lebensmittel und Wasser. Was werdet ihr tun, wenn Millionen von Geflüchteten hierher kommen? Auf welcher Seite steht ihr dann?"
Umgeben von wenigen Schaulustigen harrten acht Aktivisten knapp 45 Minuten aus, während die anderen die Straße frei machten und sich auf den Gehweg zurückzogen. Dann ordnete der Einsatzleiter an, die Versammlung aufzulösen. Nacheinander trugen die Polizisten die Verbliebenen von der Straße, ohne dabei Gewalt anzuwenden. Drei Aktivisten verließen die Straße auf Frage der Polizei freiwillig im Stehen. Punkt 18 Uhr war der Abschnitt wieder für den Verkehr frei.
Am 20. März hatten Klimaaktivisten der "Letzten Generation" die Speyerer Straße komplett für den Verkehr blockiert. Damals waren 17 Aktivisten beteiligt, fünf von ihnen klebten sich auf die Straße – darunter zwei Heidelbergerinnen, die bereits zu Geldstrafen verurteilt worden sind.