In der Stadt stehen Wohnungen zu lange leer
Immer mehr solcher Fälle landen vor Gericht. Sogar die Stadt hat das Problem "auf dem Radar".

Von Hannes Huß
Heidelberg. Wo Wohnraum knapp ist, ist jeder Quadratmeter gefragt, um Menschen ein Zuhause zu bieten. Doch in Heidelberg und weiteren Städten stehen immer wieder Wohnungen leer, aus den unterschiedlichsten Gründen. Deshalb veranstaltete der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg am Samstag einen landesweiten Aktionstag. In mehreren Städten machten Ortsvereine auf das Problem des Wohnraumleerstands aufmerksam. Damit sind Wohnungen gemeint, die seit mehr als sechs Monaten nicht vermietet wurden.
"Die Annahme, dass der Eigentümer mit seiner Wohnung machen kann, was er will, ist falsch", erklärt Fritz Vollrath die Verpflichtungen, die mit dem Besitz von Wohnraum einhergehen. Der Anwalt ist Rechtsberater beim Mieterverein Heidelberg und steht am Samstag gemeinsam mit seinem Klienten Arno Michalowski vor dessen Haus in Rohrbach. In dem Dreiparteien-Haus stehen zwei Wohnungen seit Jahren leer. Nachdem die Vermieterin versuchte, die gesamten Nebenkosten für das Haus auf Michalowski abzuwälzen, wandte sich dieser an Vollrath.
Auch wenn die weiteren Wohnungen leer stehen, so fallen für sie Nebenkosten an. Daher gab das Landgericht Heidelberg Michalowski Recht, dass er nicht für die gesamten Nebenkosten des Hauses verantwortlich ist. Seit dem Gerichtsurteil stehen die Wohnungen allerdings weiterhin leer, was für weitere Probleme sorgt. Michalowski wohnt über den leer stehenden Einheiten, weshalb er im Winter seine Wohnung nicht gleichmäßig beheizen kann: "In Kopfhöhe sind immer 22 bis 23 Grad, aber am Fußboden ist es deutlich kälter." Vor allem die Ecken der Wohnung sind deutlich kälter, teilweise liegen die Temperaturen dort bei lediglich vier bis fünf Grad. Dadurch erhöht sich die Gefahr, dass sich dort Schimmel bildet.
Im Zuge des Verfahrens bot die Vermieterin Michalowski mehrmals eine Räumungsvereinbarung an. Doch er schlug jedes Mal aus, denn "in Heidelberg ist es sehr schwierig, etwas Bezahlbares zu finden", wie er erklärt. Bei solch einer Situation auf dem Wohnungsmarkt sei es ärgerlich, dass bestehender Wohnraum wie die leer stehenden Wohnungen in seinem Haus nicht genutzt werden, findet er. Laut Anwalt Vollrath zeichnet sich in dieser Hinsicht jedoch etwas Bewegung ab: "Ich kenne schon erste Verfahren, bei denen die Stadt Eigentümer angeschrieben hat wegen leer stehender Wohnungen. Das Problem ist auf dem Radar." Lothar Binding, Vorsitzender des Mietervereins Heidelberg, sieht darin auch eine gesellschaftliche Aufgabe: "Es wäre gut, wenn sich die Stadt nicht nur um neue Bauprojekte, sondern auch um Leerstände kümmern würde."
Auch interessant
Das bewusste Leerstehenlassen einer Wohnung fällt unter das "Zweckentfremdungsverbot", das mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro belegt ist. Den größten Teil zweckentfremdeter Wohnungen machen gewerbliche Ferienvermietungen über Portale wie Airbnb aus. Doch selbst wenn der Leerstand einer Wohnung festgestellt und ein Bußgeld erhängt wurde, so bleibt diese weiterhin unvermietet. Es gibt keine Instrumente, die Eigentümer zum Vermieten zu zwingen. Auch wenn der Leerstand von Wohnungen insgesamt eine Ausnahme bleibt, so ist er dennoch lästig. Vor allem in einer Stadt wie Heidelberg, wo Wohnraum fehlt. Denn: "Wohnraum zu schaffen ist sehr aufwendig", so Binding.



