Waldparkschule fertigte ein 30 Meter langes Faltbuch an
In zwei Gruppen hatte man die Schüler aufgeteilt, entweder zeichneten sie mit Zaeri oder schrieben texte mit Kalisch

Zusammen mit den jungen Künstlern der Waldparkschule präsentieren (v.l.) Illustrator Mehrdad Zaeri, Autor Enno Kalisch, Rektor Thilo Engelhardt und Evelyn Gangl von den Literaturtagen ein Stück des Faltbuchs. Foto: Philipp Rothe
Von Daniela Biehl
Höschi hat es schwer im Leben. Bei 3,80 Metern Körpergröße fällt er in seinem Dorf aus dem Rahmen. Er muss Spott ertragen und kann seine Peiniger nicht mal verfolgen, denn dafür sind die Beine des Riesen wiederum zu kurz. Doch Höschi ist mutig, meinen die Schüler der Waldparkschule, er ist klug und manchmal auch ein wenig übermütig - ein bisschen wie sie selbst. Denn Höschi ist eine Erfindung der Schüler und Protagonist ihres Kinderbuches "Hauptsache man geht los". Im Rahmen der Heidelberger Literaturtage haben die Kinder mit Illustrator Mehrdad Zaeri und Schauspieler Enno Kalisch einen Schultag lang an einer märchenhaften Geschichte gearbeitet.
Das Ergebnis ist ein 30 Meter langes Faltbuch (Leporello) mit beinahe 60 Zeichnungen und Textfragmenten. In zwei Gruppen hatte man die Schüler aufgeteilt, hatte sie entweder mit Zaeri zeichnen oder mit Kalisch schreiben lassen. Und sie hatten auch genug Zeit, sich kennenzulernen, denn das Projekt war jahrgangsübergreifend gestartet. "Von der vierten bis zur siebten Klasse waren welche dabei", erinnert sich Joshua Brecht. Er selbst war in der Schriftstellergruppe und ist sozusagen Experte, was die Geschichte angeht, vor allem Höschis Rolle. "Wir haben ihn Vierauge genannt", verrät der Zwölfjährige - weil der Riese eine Brille trage, die ihn ins Innere der Menschen blicke lasse. "Er sieht dadurch, wer wir wirklich sind."
Ganz besonders, wer Frau Pfau ist. In der Geschichte ist sie eine böse Lehrerin, missgünstige Schlossherrin und ehrgeizige Drachendompteurin. Doch Höschi erkennt, "dass ihr nur Böses widerfahren ist", sagt Joshua. "Sie wurde als Kind zu viel gehänselt, und das hat sie hart gemacht." Ideen für den Fortgang der Geschichte kamen oft aus der Zeichengruppe. "Wir sind immer wieder zu den anderen gegangen, haben uns ausgetauscht, uns gegenseitig inspiriert."
So hatte sein Mitschüler Markus Morgel ein Bild gezeichnet, das zeigen sollte, dass hinter Frau Pfau und ihrer Familie mehr steckt, was Joshua anstieß, die Geschichte auszubauen. Das Bild zeigt einen Graffiti-Schriftzug über einer Häuserfront. Klappt man das Leporello auf, sieht man es gleich auf der ersten Seite. Die Häuserfront bei Nacht, aus den Schornsteinen aufsteigender Rauch - und aus dem Rauch ein sich langsam entwickelnder Schriftzug mit den Worten "Familie Pfau".
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"Das Ganze ist extra verzerrt geschrieben", erzählt Markus, "um das Geheimnisvolle anzudeuten." Und auch Mehrdad Zaeri sagt, dass es ihm nie darum gegangen sei, perfekte, schön ausgemalte Bilder zu zeichnen. "Ich wollte den Kindern die Freiheit lassen, auch ein bisschen verrückt zu sein. Wenn sie nur skizzieren wollen, dürfen sie das. Und wenn sie etwas malen, was nicht hundertprozentig in die Geschichte passt, dürfen sie das auch. Es ist doch ihre Geschichte." So sei in der Mitte des Leporellos auch plötzlich ein Leopard im Dorf aufgetaucht und neue Figuren hinzugekommen.
Die Kinder lieben diese Einstellung. "Der Workshop mit Enno und Mehrdad hat echt Spaß gemacht", erzählt die zehnjährige Ekaterina Elisieva. Für sie war es spannend zu sehen, "wie aus einer Idee, und vor allem so vielen unterschiedlichen, ein ganzes Buch wurde". Angeregt hatte das Projekt Evelyn Gangl von den Heidelberger Literaturtagen: "Ich wollte, dass Kinder, die nicht so viele Bücher zu Hause haben, lernen, wie sie selbst eines gestalten können." Man brauche nur ein wenig Anleitung - und dann gilt der Buchtitel: "Hauptsache man geht los."