Haushalt: Einigkeit und recht wenig Freiheit
Gemeinderäte als Sparkommissare: Im fast einmütig verabschiedeten Finanzplan gibt es viel weniger Neuverschuldung als ursprünglich geplant
Jetzt kann auch der Bund der Steuerzahler zufrieden sein: Heidelberg wird sich in den kommenden zwei Jahren nicht mit 67 Millionen Euro verschulden, sondern mit 37,86 Millionen Euro. Am Dienstagabend beschloss der Gemeinderat fast einmütig - mit 39 Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen von der "Bunten Linken" - einen fast schon historischen Doppelhaushalt 2013/14. Historisch deswegen, weil sich erstens die zehn Fraktionen und Gruppierungen mal ausnahmsweise fast in allem einig waren und zweitens, weil die Initiative, die Neuverschuldung drastisch zu beschränken, von den Räten selbst ausgegangen war. In der Sitzung selbst lobten die Räte ihre konstruktive Arbeit an den vielen Zahlen - und vor allem ihre Bereitschaft, selbst bei der eigenen Klientel zu sparen. Oberbürgermeister Eckart Würzner erkannte an, dass "ein guter Konsens erreicht wurde, der von allen Fraktionen getragen wird". Lediglich die beiden Stadträte der Bunten Linken hatten ihre Zustimmung verweigert, weil es doch einige wenige Zuschusserhöhungen gab und nicht konsequent auf "Luxusprojekte" (Hilde Stolz) wie die Internationale Bauausstellung verzichtet wurde.
Auslöser dieser im Rathaussaal ungewohnten Einigkeit war das kollektive Erschrecken, als Würzner am 25. Oktober seinen Haushaltsentwurf mit 67 Millionen Euro neuen Schulden vorgestellt hatte. Zugleich wären die Rücklagen, also der Sparstrumpf der Stadt, um die Hälfte geplündert worden - und das in Zeiten konstant hoher Steuereinnahmen. "Der Gemeinderat hat diese Aufgabe wahrgenommen und diese Schieflage mit großem Engagement korrigiert", sagte später Derek Cofie-Nunoo (Generation-HD). "Das war nicht das, was wir unter solider Haushaltswirtschaft verstehen", meinte Judith Marggraf (GAL). Auch Claudia Hollinger (Grüne) war im Großen und Ganzen zufrieden, dass sich "der Gemeinderat zusammenraufen konnte". Jan Gradel (CDU) sah sogar "ein neues Miteinander" heraufziehen - gerade nachdem der letzte Doppelhaushalt 2011/12 so richtig zwischen die Fronten im Gemeinderat geraten war. Gradel mahnte aber auch angesichts einer immer noch hohen Neuverschuldung: "Das war ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber weitere müssen folgen."
Die SPD, so bekannte Anke Schuster, hätte lieber noch deftiger gespart, sie wollte eigentlich auf maximal 17 Millionen Euro Schulden pro Jahr kommen, jetzt sind es knapp 19 Millionen - und wollte deswegen "gegen jede Erhöhung stimmen", vor allem gegen das geplante Jugendzentrum. Und das war eigentlich der einzige große Zankapfel zwischen SPD und Grünen/Generation-HD. Auch die "Heidelberger" hätten gern noch mehr gespart, vor allem an der Jugendkultur und an der Kreativwirtschaft, Halle 02, Alte Feuerwache und Hotel Metropol hätte Wolfgang Lachenauer am liebsten verkauft - was aber so nicht durchging. Aber immerhin: Alles war getragen vom Geist der "strengen Haushaltsdisziplin", so Ursula Lorenz (Freie Wähler).
Letztlich wurde ein Paket mit den wichtigsten Beschlüssen zum Haushalt geschnürt, das auch fast einmütig angenommen wurde (37 Ja-Stimmen bei vier Enthaltungen der "Heidelberger"): Es umfasst eine sogenannte "globale Minderausgabe" von sieben Millionen Euro für die Stadtverwaltung, einen weitgehenden Verzicht der Gemeinderatsfraktionen auf Erhöhungsanträge und eine Streckung der Investitionen. Zugleich sollen zu Beginn des nächsten Jahres folgende Eckwerte beschlossen werden: Auch im Doppelhaushalt 2015/16 darf es pro Jahr nicht mehr als 20 Millionen Euro neue Schulden geben; die Verwaltung muss zwei Prozent weniger ausgeben; schließlich wird auf Steuererhöhungen verzichtet.
Im aktuellen Haushalt gibt es einige wenige Gewinner. Völlig unangetastet bleibt die Kinderbetreuung, sie ist Konsens aller Fraktionen; weitgehend unangetastet bleibt auch die Kultur. Das Deutsch-Amerikanische Institut bekommt pro Jahr 100.000 Euro mehr, ebenso das Unterwegstheater. Mit am meisten Geld kostet die Einführung eines Metropolregion-Tickets für Hartz-IV-Empfänger mit 280.000 Euro. Recht viele Federn lassen musste die Schulsanierung, hier werden viele Projekte in den nächsten Haushalt verschoben, was Würzner nicht verdross: "Wir brauchen zwar damit länger als geplant, aber wir sind in vier bis fünf Jahren mit den Schulsanierungen durch." Großer Verlierer ist das selbstverwaltete Jugendzentrum Dischingerstraße: Statt für 1,4 Millionen bleiben für die Hallensanierung nur noch 700.000 Euro übrig, und die Malte Burmester vom potenziellen Betreiberverein "Freiraum" glaubt nicht, dass er nach dieser Reduzierung noch sein Angebot aufrechterhalten kann. Aber die ausgabefreudigen Zeiten sind wohl in Heidelberg vorbei - und Annette Trabold (FDP) bemühte Loriot: "Früher war mehr Lametta".