Halle 02 kritisiert Prüfer: "Der hat keine Expertise im Kulturbereich"
Halle-02-Betreiber bleiben dabei: "Unser Konzept ist tragfähig". Fünf Gemeinderatsfraktionen wollen Verwaltungsvorlage ändern.

Vehement widersprechen die Geschäftsführer der Halle 02 dem Wirtschaftsprüfer, dass ihr Konzept auf tönernen Füßen stehe. Der Gutachter geht in seinem "Worst-Case-Szenario" davon aus, dass das Veranstaltungshaus in der Bahnstadt ohne Kiosk und Restaurant auf Dauer nicht tragfähig ist. Die Halle 02-Betreiber wollen aber unbedingt eine Gastronomie. "In diesem ,Best-Case-Szenario' ist unser Konzept für die Halle 02, wie es den Gemeinderäten vorgelegt wird, tragfähig", betonen Hannes Seibold und Felix Grädler. Die vom Gutachter kritisierte Variante verfolge man schon seit Langem nicht mehr. Hinter verschlossenen Türen entscheiden heute die Stadträte, ob die Halle 02 einen Mietvertrag über zehn Jahre erhält. Allerdings wollen fünf Fraktionen mit einem überparteilichen Antrag die Verwaltungsvorlage ändern, der die Situation eher verschärfen dürfte.
Die Geschäftsführer üben vor allem Kritik am Wirtschaftsprüfer: "Der hat überhaupt keine Expertise im Kulturbereich", sagt Seibold. Für den wirtschaftlichen Ausblick habe man eine vereinfachte Planungsbasis zugrunde gelegt, die auf den Erfahrungswerten der vergangenen Jahre fuße. Der Prüfer habe aber ein progressives Planungsverfahren vermisst. "Wir sind eine kulturelle Spielstätte und können nicht ein Jahr im Voraus Aussagen über unser Programm machen", sagt Seibold. "Wir wissen aus elf Jahren Erfahrung, wie ein Monat wird, und haben maximal eine Abweichung von fünf Prozent", bestätigt Grädler.
Auch stimme es nicht, dass es keine Aufzeichnungen über die Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Gastronomie gäbe: "Wir können genau sagen, wer vor 0 Uhr gekommen ist und wer danach, wie viele Leute mit Ermäßigung in unseren Veranstaltungen waren und wie viele den normalen Preis gezahlt haben." Allerdings ermittle man beim Getränkeausschank keine Durchschnittspreise, wie vom Prüfer gefordert: "Die Pro-Kopf-Umsätze sind bei uns zu unterschiedlich", erklärt Seibold. Auch die Forderung des Prüfers nach einem Kassensystem können beide nicht nachvollziehen: "Auch andere Einrichtungen haben kein Kassensystem."
Wie gestern bekannt wurde, haben fünf Gemeinderatsfraktionen einen überparteilichen Antrag erarbeitet, der heute Abend im Gemeinderat eingebracht werden soll: "Wir basteln gerade rum und gehen völlig weg von der städtischen Vorlage", wurde aus dem Kreis der Antragsteller bestätigt. Demnach soll es für den Zehnjahresvertrag ein städtisches Kündigungsrecht nach vier Jahren geben, wenn die Betreiber ihr Angebot nicht mehr auf die Zielgruppe Jugendliche ausrichten. Die Mietpreisstaffelung soll nur für den Zeitraum der Umbauphase gelten, ab 2015 würde die normale Miete fällig. Die geplante Gastronomie soll ausgeschrieben und über eine Erhöhung des Kulturzuschusses erst im nächsten Doppelhaushalt beraten werden.
"Ich glaube nicht, dass dieser Antrag eine Mehrheit findet, denn so einen Antrag würde keine Partei machen, ohne vorher mit dem Betreiber Rücksprache zu halten", ist sich Grädler sicher. Schließlich hätten sich die Stadträte schon im November entschieden, "dass sie unser Konzept umsetzen wollen". Ansonsten hätten die Investitionen in die Modernisierung der Halle 02 nicht freigegeben werden dürfen. "Wir investieren 1,7 Millionen Euro auf eigenes Risiko. Das machen wir aber nur, wenn wir die Best-Case-Planung durchsetzen können, wie sie die Verwaltung dem Gemeinderat vorgelegt hat", unterstreicht Grädler.
"Der Gemeinderat lässt die kulturelle Dimension der Halle 02 außer Acht", ärgert sich Seibold. In vielen Bereichen habe die Halle 02 Pionierarbeit geleistet, beispielsweise die kreative Klasse in Heidelberg zu festigen, Bands, die sonst nach Mannheim gegangen wären, auftreten lassen und auch im Bereich der regionalen Musikgruppen eine Vorreiterrolle eingenommen. Man brauche nun den Schulterschluss von Verwaltung, Gemeinderat und Betreibern, um gemeinsam dieses Angebot für Heidelberg zu erhalten. "Es muss ein klares Bekenntnis her, dass der Gemeinderat die Halle behalten will", fordert Grädler. Seibold geht noch weiter und sieht in der Diskussion vor allem einen Generationenkonflikt: "Im Gemeinderat hat die Kultur, wie wir sie machen, nicht so einen hohen Stellenwert wie die Hochkultur."
Vor Beginn der Gemeinderatssitzung hat das Halle-Team eine Demonstration organisiert: Ab 16 Uhr spielt Cris Cosmo ein Platzkonzert vor dem Rathaus.