Flüchtlinge in Heidelberg: Die Weststädter packen’s einfach an

Diskussion über Unterbringung der Flüchtlinge im Stadtteil - Die Bürger zeigen sich konstruktiv, kreativ und optimistisch

24.02.2016 UPDATE: 25.02.2016 09:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden

Volles Haus im Forum am Park: Über 150 Bürger wollten auf Einladung der Bunten Linken über die Unterbringung der Flüchtlinge in der Weststadt diskutieren. Die Stadt plant unter anderem am Wilhelmsplatz Wohncontainer. Foto: Rothe

Von Sebastian Riemer

Man stelle sich folgendes Szenario vor: eine öffentliche Veranstaltung. Der Raum ist zu klein für die über 150 Gäste, es gibt zu wenige Stühle. Gedränge herrscht, viele müssen stehen, manche sogar vor der Tür. Die Diskussion beginnt. Niemand fällt dem anderen ins Wort. Alle Redebeiträge sind konstruktiv - und kurz. Kein Querulant weit und breit. Im Raum ist ein unbedingter Wille zu spüren. Der Wille, gemeinsam eine Aufgabe zu bewältigen. Das Thema des Abends: Flüchtlingsunterbringung.

Genau so war es am Dienstag im Forum am Park, als die Bunte Linke zur Diskussion über das Thema "Wie kann Integration gelingen? - Flüchtlinge und Asylbewerber in der Weststadt" geladen hatte. Am Ende eines beeindruckenden Abends war klar: Die Weststädter können jede Aufgabe meistern, denn sie packen’s einfach an.

Dabei ist im Stadtteil niemand begeistert, dass die Stadt am Rande des Wilhelmsplatzes Wohncontainer für 50 bis 100 Flüchtlinge plant. Der "Willi" ist das Herz der Weststadt. Dort treffen sich die Kinder zum Spielen, da steigt im Spätsommer das Weststadtfest, zwei Mal die Woche ist Markt - und samstags beim grünen Schlemmer- und Kunstmarkt trifft sich der ganze Stadtteil. Bislang hat die Stadt das für September geplante Fest nicht genehmigt, auch der Markt kann momentan nur bis Sommer planen.

Kein Problem für die Weststädter: "Wenn auf einem Teil des Platzes die Container stehen, können wir doch wunderbar improvisieren", sagt eine Willi-Anwohnerin - und löst eine Vorschlagslawine aus. Man könne ja die Kaiserstraße am Tag des Festes sperren, meint ein Mann. "Der Hof der Landhausschule oder der von der Bonifatiuskirche kann doch auch mitgenutzt werden", so eine Frau. Wieder ein anderer sagt: "Das Weststadtfest - in welchem Rahmen auch immer - ist doch wunderbar, um die Flüchtlinge zu empfangen."

Noch wichtiger aber ist den Weststädtern, die "Neubürger" gut aufzunehmen. "Wir finden doch sicher genug Leute, dass jeder Flüchtling einen Paten hat, der ein bisschen beim Ankommen hilft", meint ein Mann. Alle applaudieren. Mehrere Listen gehen rum. Wer irgendwie helfen will in Sachen Integration, soll sich eintragen. Der Platz auf den Papieren reicht nicht. Immer mehr Ideen fürs gegenseitige Kennenlernen werden in den Raum geworfen, es wird über Räume für Deutschunterricht nachgedacht - und sogar die alte Idee vom Bürgercafé auf dem "Willi" wiederbelebt.

Dennoch wollen alle überlegen, wo in der Weststadt stattdessen noch Platz für temporäre Unterkünfte wäre. Denn viele finden Container am Wilhelmsplatz vor allem für die Flüchtlinge schlecht. "Die müssten da wie auf dem Präsentierteller wohnen und hätten kaum Privatsphäre", bemängelt ein Mann. Noch schlimmer aber finden viele die Pläne der Stadt für eine Unterkunft für 150 Flüchtlinge auf dem ehemaligen Nato-Gelände in der Rudolf-Diesel-Straße (hinter Media Markt). "Das ist mitten im Industriegebiet", sagt einer, "wie sollen die Menschen da in Kontakt mit uns kommen?" Ein anderer geht noch weiter: "Eine Unterkunft dort wäre menschenunwürdig." Er bringt stattdessen die Grundstücke rund um die beiden Weststadt-Kirchen ins Spiel. Maximilian Heßlein, Pfarrer der Christusgemeinde, zeigt sich offen. "Es gab bisher aber noch keine Anfrage an den Stadtkirchenbezirk."

Hildegard Stolz, Stadträtin der Bunten Linken, ist am Ende richtig glücklich: "Ich bin beeindruckt. Alle sind sehr kreativ und unglaublich positiv gestimmt." Eines ist nach diesem Abend völlig klar: Wenn sich der Geist dieser 150 Menschen auf die anderen Weststädter überträgt - dann kann dieser Stadtteil jede Aufgabe meistern.

Info: Am 8. März um 18.30 Uhr laden Stadt und Stadtteilverein alle Weststädter ins Haus der Jugend, Römerstraße 87, ein. Thema der Veranstaltung: Wie Bürger die Integration der Flüchtlinge unterstützen können.

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