Heidelberg

Einzelhändler hoffen auf die Einkaufsnacht - und ihre Vermieter

Der Citymarketingverein "Pro Heidelberg" wünscht sich ein Umdenken der Vermieter und langfristige Unterstützung durch die Stadt.

18.11.2020 UPDATE: 19.11.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 43 Sekunden
Bei der langen Einkaufsnacht in der Hauptstraße, die normalerweise jedes Jahr im Dezember stattfindet, ist die vorweihnachtliche Innenstadt in der Regel gut besucht, aber nicht überfüllt. Ob es auch in diesem Jahr eine lange Einkaufsnacht gibt, ist noch unklar. Foto: Rothe

Von Sarah Hinney

Heidelberg. Laut einer aktuellen Analyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) sieht es für den Einzelhandel in der Innenstadt insgesamt nicht so rosig aus. Eigentlich hätte es für diese Erkenntnis keine Studie gebraucht: Es ist wenig los in der Fußgängerzone – selbst samstags. Einerseits ist das positiv, denn dichtes Gedränge gilt es im Moment zu vermeiden. Andererseits fehlt den Händlerinnen und Händlern die Kundschaft. Wie ist der Spagat zwischen Gesundheitsschutz und Ankurbelung der Wirtschaft zu schaffen?

Die Vorsitzende des Citymarketingvereins Pro Heidelberg, Susanne Schaffner, und Geschäftsstellenleiterin Nikolina Visevic beschönigen die Situation im Gespräch mit der RNZ nicht. Deutlich wird auch, dass der Einzelhandel in der Innenstadt nicht erst seit Corona zu kämpfen hat. Gleichzeitig zeigen die beiden Frauen aber auch positive Entwicklungen auf und sprechen darüber, was jeder Einzelne tun kann, um den Händlern durch diese besondere Zeit zu helfen.

Frau Schaffner, Frau Visevic, unabhängig von der Krise – was sind Ihrer Meinung nach die Hauptursachen für die schwindende Kaufkraft in Heidelberg?

Nikolina Visevic. Foto: privat

Visevic: Es ist ein Zusammenspiel vieler Ursachen, zum Beispiel verlagern sich immer mehr Einkäufe in den Onlinehandel. Das gilt aber überall und nicht nur in Heidelberg. In der Krise ist das natürlich noch mal deutlich spürbarer. Darüber hinaus haben wir in der Innenstadt zwar einen guten Branchenmix, der eine oder andere zusätzliche Magnet könnte aber nicht schaden. Ein weiterer großer Textiler wäre attraktiv.

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An was denken Sie dabei konkret?

Visevic: Ich persönlich könnte mir zum Beispiel Zara gut vorstellen.

Die Mieten in der Innenstadt sind hoch. Viele Einzelhändler können sich das schon ohne Corona kaum leisten. Muss auch ein Umdenken bei den Vermietern stattfinden?

Visevic: Die Mieten sind nach wie vor ein großes Thema. Das ist bei den Vermietern noch nicht angekommen. Aber es muss langfristig ein Umdenken stattfinden. Vielleicht sorgt die Corona-Pandemie für einen Denkanstoß.

Sind Ihnen Läden bekannt, die wegen der Corona-Krise schließen mussten?

Susanne Schaffner. Foto: privat

Schaffner: Nein, bis jetzt zum Glück nicht, aber das wird – wenn überhaupt – auch erst im neuen Jahr kommen.

Es ist im Moment wenig los in der Innenstadt. Sind das die Auswirkungen des Teil-Lockdowns oder sind die Menschen generell einfach vorsichtiger?

Schaffner: Das hat mit dem Teil-Lockdown zu tun und erklärt sich damit, dass Handel und Gastronomie symbiotisch miteinander verbunden sind. Die Menschen wollen nicht nur zum Einkaufen in die Stadt gehen. Sie wollen auch noch einen Kaffee trinken oder etwas essen gehen. Der zweite Lockdown ist deshalb fast schlimmer als der erste, obwohl die Läden geöffnet bleiben dürfen. Es ist deutlich weniger los, die Geschäfte wollen aber natürlich nichts an ihren Öffnungszeiten verändern. Man will schließlich weiterhin für den Kunden da sein und ihm einen guten Service bieten. Vor allem jetzt im Weihnachtsgeschäft. Und für die Überbrückungshilfen sind für viele die Hürden viel zu hoch.

Sicher liegt bei Ihnen jetzt besonders viel Hoffnung auf dem Weihnachtsgeschäft?

Schaffner: Ja, wobei wir persönlich empfehlen, auch jetzt im November schon zu kommen und entspannt einzukaufen. Weihnachtsgeschenke haben wir da, und wir sind auch bestens vorbereitet. Mit Abstand und Maske kann man wirklich problemlos einkaufen und die lokalen Lieblingshändler unterstützen. Außerdem haben viele Geschäfte ihre Umtauschfrist verlängert, und einige bieten auch einen Lieferservice an. Letzterer ist teilweise tagesaktuell und dazu gibt es noch ein Schwätzchen an der Tür – das gibt es bei den großen Versandhändlern garantiert nicht.

Visevic: Ich kann den Kunden auch nur ans Herz legen, frühzeitig Geschenke zu besorgen, Rücksicht aufeinander zu nehmen, indem man Maske trägt und Abstand hält und vor allem Verständnis zu haben, wenn es in den Geschäften doch mal länger dauert. Dann wird es ein sicheres und entspanntes Einkaufen für die Kunden und ein hoffentlich gutes Weihnachtsgeschäft für die lokalen Händler.

Der Weihnachtsmarkt wird als Anziehungspunkt für potenzielle Kunden fehlen.

Schaffner: Wir haben ja schon befürchtet, dass er nicht stattfindet und es ist angesichts der aktuellen Situation die richtige Entscheidung. Aber ja, die Besucher des Weihnachtsmarkts fehlen auch dem Handel.

Was wünschen Sie sich denn als Unterstützung – zum Beispiel von der Stadt?

Schaffner: Oh, also an dieser Stelle erst mal ein großes Lob an die Stadt und die Wirtschaftsförderung. Die haben von Anfang an hinter uns gestanden und uns schnell unterstützt, sei es mit Desinfektionsmittel oder beispielsweise mit gewissen Lockerungen.

Welche Lockerungen meinen Sie?

Schaffner: Beispielsweise dass es nun erlaubt ist, auch mal einen Schirm oder einen Ständer mit Waren rauszustellen. Natürlich nur in Maßen – was ja auch richtig ist. Wir wollen selber nicht, dass die ganze Straße voll steht. Aber es geht, und das finde ich ganz toll.

Visevic: Wir würden uns wünschen, dass diese Lockerungen noch länger möglich bleiben und wir auch weiterhin Unterstützung seitens der Stadt erhalten. Denn wenn wieder Normalität einkehrt, muss es uns auch gelingen, die Menschen wieder zurück in die Innenstadt zu holen. Ein zweiter verkaufsoffener Sonntag wäre zum Beispiel gut. Der würde sehr helfen.

Und was wünschen Sie sich für die nahe Zukunft?

Visevic: Wir hoffen, dass die lange Einkaufsnacht im Dezember stattfinden kann – im Moment ist das noch nicht sicher. Es wird dann zwar kein Programm draußen auf den Plätzen geben, aber viele Geschäfte werden sicherlich eigene Aktionen machen.

Schaffner: Und dann wünschen wir uns, dass die Menschen bewusst bei ihren Einzelhändlern vor Ort einkaufen gehen. Wir haben aber auch schon viel Solidarität von unseren Stammkunden erfahren, das macht Mut, und dafür sind wir sehr dankbar.

Hat die Krise die Einzelhändler enger zusammenrückenlassen?

Schaffner: Ja! Wir sitzen alle in einem Boot und sind eine große Gemeinschaft, in der jeder ein offenes Ohr für den anderen hat. Das ist positiv. Und ansonsten gilt, optimistisch zu sein und positiv in jeden Tag zu gehen.

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