Heidelberg

Die "intelligente" Überwachung kommt

34 Kameras sollen an Bismarckplatz und Hauptbahnhof bei der Verbrechensbekämpfung helfen - Kritik von Links

31.01.2019 UPDATE: 01.02.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden

Innenminister Thomas Strobl (l.) sah sich im Dezember das Lagezentrum in Mannheim an. Hier werden auch die Überwachungsbilder aus Heidelberg ankommen. Foto: Gerold

Von Denis Schnur

Heidelberg. Wer künftig an Bismarckplatz oder Hauptbahnhof unterwegs ist, muss damit rechnen, gefilmt zu werden. Polizei und Stadt wollen an beiden Standorten je 17 Kameras installieren, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Dem Konzept dazu hatte am Mittwoch der Haupt- und Finanzausschuss zugestimmt. Die Überwachung an den zentralen Plätzen hatte der Gemeinderat schon 2017 beschlossen und dafür 120.000 Euro eingeplant.

Doch der Landesdatenschutzbeauftragte meldete damals Bedenken gegen die fünf geplanten fünf Kameras an. Mittlerweile sind sich Stadt, Land und Polizei jedoch sicher, dass alle Bedingungen für die Videoüberwachung erfüllt sind, zumal beide Plätze Kriminalitätsschwerpunkte seien, an denen überdurchschnittlich viele Straftaten begangen würden.

Bei der Einführung soll das "Mannheimer Modell" übernommen werden. Das bedeutet, dass zunächst konventionell überwacht wird: Die Bilder kommen in Mannheim im Lagezentrum der Polizei an, werden für 72 Stunden gespeichert und dann wieder überschrieben. In Echtzeit sieht sie außerdem ein Beamter am Monitor und kann bei Bedarf seine Kollegen alarmieren.

"In Mannheim kommen wir damit auf eine Interventionszeit von zwei Minuten, 40 Sekunden", erklärte Klaus Pietsch vom Polizeipräsidium Mannheim im Ausschuss. Beobachte also der Mitarbeiter eine Straftat oder einen Notfall, seien die Kollegen in weniger als drei Minuten vor Ort. Mit dieser "konventionellen Überwachung" soll auch am Hauptbahnhof begonnen werden.

Auch interessant
Beteiligung am Mannheimer Pilotprojekt: Auch Heidelberg will die Überwachung 2.0
Heidelberg: Gemeinderat macht Weg für die Videoüberwachung frei
Videoüberwachung in Heidelberg: SPD stimmt für die Kameras an Kriminalitätsschwerpunkten
: Totale Überwachung? Grüne, Linke und Piraten lehnen Videokameras ab

Mittelfristig soll die "intelligente" Überwachung folgen: Eine Software liest die Videobilder automatisch aus. Erkennt sie auffälliges Verhalten wie Treten, Schlagen, Fallen oder plötzliche Rudelbildung, alarmiert sie den Mitarbeiter im Lagezentrum. "Der entscheidet, ob interveniert wird", so Pietsch. Noch sei das System jedoch "nicht hilfreich", wie der Polizist zugab. Es befinde sich im ersten Lernschritt, in dem es darum gehe, Menschen zu erkennen. Danach sollen Bewegungsmuster folgen. "Wir sind überzeugt, dass wir noch im Laufe dieses Jahres erste Ergebnisse haben werden."

Für das neue Konzept seien jedoch mehr Kameras nötig als bei der ursprünglichen Planung. Entsprechend teurer wird das Unterfangen: Statt 120.000 Euro rechnet die Stadtverwaltung mit Kosten von 350.000 Euro.

Wie 2017 sorgte die geplante Überwachung für eine hitzige Debatte unter den Gemeinderäten: Vor allem die Vertreter von Linken, Piraten und Bunter Linken lehnen die Pläne vehement ab. "Die Videoüberwachung verhindert keine Kriminalität, sie verlagert sie nur", kritisierte Pirat Alexander Schestag. Auch Christoph Rothfuß (Grüne) sprach sich dagegen aus: "Bei fast 90 Prozent aller Delikte am Hauptbahnhof handelt es sich um Betäubungsmittelkriminalität, Fahrrad- oder Taschendiebstähle. Ich kann nicht erkennen, wie das Konzept uns da hilft."

Schließlich seien die Bewegungen dabei in der Regel nicht sehr auffällig. Weil sich jedoch die Vertreter von CDU, SPD und den "Heidelbergern" klar für die Überwachung aussprachen, stimmte der Ausschuss am Ende mit acht zu sechs Stimmen (bei zwei Enthaltungen) zu.

Auch Oberbürgermeister Eckart Würzner ist schon lange für die Installation der Kameras: "Ich war tief betroffen, als am Ende der Sommerferien ein Mann am Bismarckplatz von einer Gruppe zusammengeschlagen und getreten wurde", so das Stadtoberhaupt. "Gott sei Dank hatten wir da Videoüberwachung im privaten Bereich. Sonst wären die Täter wohl immer noch auf der Straße."

Stimmt nun auch der Gemeinderat am 14. Februar der Vorlage zu, können im Anschluss die Planungen für die Vorarbeiten am Hauptbahnhof starten. Vor der Installation der Kameras müssen Glasfaser- und Stromkabel verlegt werden. Wann diese fertig sind und die Überwachung beginnen kann, ist jedoch "noch nicht absehbar", so eine Stadtsprecherin.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.