Die Zehn-Millionen-Euro-Überraschung - Radbrücke über Gneisenaustraße wird teurer
Ausschreibung wurde aufgehoben - Projekt verzögert sich um mindestens zwei Jahre

Die geplante Brücke soll aus dieser Blickrichtung vor der Czernybrücke entstehen: Die Rampe führt durch den Anbau des ehemaligen Güterbahnhofs der OEG an der Gneisenaustraße über die Gleise von OEG und Deutscher Bahn und endet in der Verlängerung der Da-Vinci- Straße hinter dem neuen Multiplex-Kino in der Bahnstadt (bronzefarbene Fassade rechts). Foto: Priebe
Von Timo Teufert
Heidelberg. Spätestens im Frühjahr 2021 sollte sie fertig sein, die neue Fuß- und Radwegbrücke westlich des Hauptbahnhofs - zwischen der Eppelheimer Straße in der Bahnstadt und der Gneisenaustraße in Bergheim. Doch das wird nichts: Weil das Angebot für die Brücke nach der europaweiten Ausschreibung drei Mal höher ausfiel, als die Stadtverwaltung kalkuliert hatte, wurde die Ausschreibung aufgehoben. Darüber informierte Oberbürgermeister Eckart Würzner die Stadträte am Mittwochabend im Haupt- und Finanzausschuss. Nun sollen neue Angebote eingeholt werden. Die Verzögerung ist erheblich: Baubeginn ist jetzt frühestens in drei Jahren. Denn die Gleissperrung für die Bauarbeiten, die für März 2020 fest eingeplant war, kann die Deutsche Bahn erst ab 2022 wieder ermöglichen.
Im Dezember 2017 hatte der Gemeinderat den Bau der Schrägseilbrücke aus Stahl beschlossen. Sie ist ein wichtiger Teil der Radverbindung vom Süden bis ins Neuenheimer Feld. Geschätzt wurde damals, dass die 129 Meter lange Konstruktion, die an einem 37 Meter hohen Pylon verankert wird, 8,5 Millionen Euro kosten wird - davon 5,5 Millionen Euro reine Baukosten. Dem gegenüber steht jetzt das Angebot einer einzigen Firma, die das Projekt für 15,7 Millionen Euro bauen würde.
"Diese Preissteigerung können und wollen wir nicht hinnehmen", sagte Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck. Die dreimal so hohen Kosten will er aber nicht allein auf den enormen Preisanstieg durch die hohe Nachfrage im Baugewerbe schieben: "Die Preise wurden 2014 von der Verwaltung ermittelt und nach dem Index fortgeschrieben. Das war zu oberflächlich." Schließlich müsse man heute 180 Prozent mehr für Stahl bezahlen als noch 2014. "Wir hätten bei den Beratungen zum Haushalt 2019 mehr ins Detail gehen müssen", sagt Odszuck. Schwierig sei aber auch, dass es keinerlei Preiswettbewerb gab, weil nur eine Firma geboten hatte: "Der Anbieter hätte den Stahlbau - der den überwiegenden Teil des Projekts ausmacht - an einen Subunternehmer vergeben müssen. Die Risiken, die er dadurch etwa wegen möglicher Preissteigerungen hat, haben sich direkt im Angebot niedergeschlagen", so Odszuck.
Odszuck hofft nun, beim zweiten Versuch ein niedrigeres Angebot zu bekommen. Das hatte bei der Ausschreibung für die Haltestelle am Hauptbahnhof schon funktioniert: Dort hatte 2017 ebenfalls nur eine Baufirma ein Angebot abgegeben, das sieben Millionen Euro über der Schätzung lag. Die Baustelle wurde um ein Jahr verschoben - und wurde am Ende günstiger.
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"Unser Ehrgeiz ist geweckt", so Odszuck. Parallel sollen zudem schon Vorarbeiten wie etwa die Untersuchung des Bodens nach Kampfmitteln stattfinden. Denn wegen der vielen Baustellen auf den Bahnstrecken Mannheim-Karlsruhe und Heidelberg-Stuttgart kann die Deutsche Bahn eine Sperrpause für den Brückenbau frühestens 2022 im Zeitplan unterbringen.
"Wir verfolgen deshalb eine andere Strategie und wollen eventuell Bauteile, für die es keine Sperrung braucht, in der Zwischenzeit vorfertigen lassen", so Odszuck. Man habe eine ganze Reihe solcher Ideen, müsse die aber noch mit dem Land als Fördermittelgeber absprechen. Auch muss wohl ein neuer Fördermittelantrag gestellt werden, um mehr als die bisherigen 1,7 Millionen Euro Zuschuss zu erhalten. Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom Mai 2019 hat die Stadt aber in jedem Fall Baurecht.
"Wir sollten die Brückenkonstruktion noch einmal überdenken", sagte Christoph Rothfuß (Grüne) im Ausschuss. Die Neuausschreibung könne man dafür nutzen, die Gneisenaubrücke nicht über eine Rampe auf das Bergheimer Straßenniveau zu führen, sondern als "Hochstraße" bis zur geplanten Brücke über die B 37 und den Neckar zu führen. "Oben bleiben", war dann auch Rothfuß’ Motto. Odszuck versprach, sich mit dem Vorschlag zu befassen: "Allerdings bräuchten wir dafür wieder einen Planfeststellungsbeschluss und wir müssen klären, wie der Mehrwert eines solchen Projekts ist und wie so etwas visuell aussieht."



