Der querschnittsgelähmte Justus stieg wegen Corona aufs Handbike um
Er hat bei Meisterschaften schon Gold geholt - In Corona-Zeiten musste er aufs Handbike umsteigen - "Das Schwimmen vermisse ich schon"

Heidelberg. (RNZ) Der 15-jährige Justus wohnt in Heidelberg, ist querschnittsgelähmt und kommt aus einer sportlichen Familie. Mit dem Heart Racer Verein, der sich für Sport für Kinder mit Handicap einsetzt, hat er Kraulschwimmen gelernt. Was der Sport für ihn bedeutet und wie er damit umgeht, dass in Corona-Zeiten nichts geht, erzählt er in diesem Interview mit Katja Schumacher vom Heart Racer Verein.
Justus, kannst Du uns ein bisschen von Dir erzählen?
Ich gehe in die zehnte Klasse des Gymnasiums an der Internationalen Gesamtschule Heidelberg, ich habe drei Geschwister. Schwimmen habe ich von meinem Vater gelernt, während meine Geschwister im Schwimmkurs waren. Meine kleine Schwester ist zehn Jahre alt, sie spielt Fußball. Mein älterer Bruder ist 18 und er rudert und meine ältere Schwester ist 20 und voltigiert.
Ihr seid also eine sportliche Familie. Was bedeutet Dir der Sport?
Der Sport ist für mich ein toller Ausgleich, um mal aus dem Alltagstrott rauszukommen, ich freue mich auf jedes Training. Dass ich mich im Wasser bewegen kann, ist ein Stück Freiheit für mich. Die Bewegung tut mir gut, weil ich ja sonst immer nur sitze. Erfolg ist für mich erstmal nicht das Wichtigste, Sport macht mir einfach viel Spaß.
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Trotzdem hast Du im letzten Jahr an einem Wettkampf teilgenommen und warst auch gleich richtig erfolgreich.
Ja, ich habe an den Süddeutschen Schwimmmeisterschaften in Darmstadt teilgenommen und drei Medaillen gewonnen: Gold über 50 Meter Brust, Silber über 100 Meter Brust und Bronze über 50 Meter Kraul. Das war schon ein gutes Gefühl, zu wissen, wie gut ich bin.
Herzlichen Glückwunsch! Würdest Du denn nochmal an einem Wettkampf teilnehmen, wenn wieder welche stattfinden dürfen?
Ja, es war schon eine tolle Erfahrung.
Seit wann trainierst Du denn regelmäßig und wie oft schwimmst Du?
Wir haben 2017 das Heart Racer Team gefunden, mit dem Team habe ich das Kraulschwimmen gelernt. Jetzt trainiere ich, wenn kein Corona ist, zweimal die Woche eine Stunde mit dem Heart Racer Team und einmal pro Woche haben wir in der Schule Schwimmen, das ist meist so eine halbe Stunde.
Seit Corona sind alle Schwimmbäder geschlossen, nur noch Leistungssportler dürfen trainieren. Dürft ihr mit dem Heart Racer Team trotzdem schwimmen?
Nein, wir haben seit Monaten kein Training mehr.
Was machst Du jetzt?
Ich habe mit dem Handbiken angefangen, so kann ich weiter Sport machen. Es geht mir einfach körperlich besser, wenn ich Sport treibe, ich fühle mich fitter und kann mich mal so richtig auspowern. Das geht beim Schwimmen besser als mit dem Handbike – aber besser als gar kein Sport.
Du hast durch Deine Spina bifida-Erkrankung körperliche Einschränkungen. Viele können sich das sicher nicht vorstellen, wie man, ohne die Beine zu bewegen, Kraulschwimmen kann. Benutzt Du eine Schwimmhilfe für die Beine?
Um das Kraulschwimmen zu lernen, habe ich am Anfang eine Pull Buoy benutzt, die hält die Beine oben. Jetzt benutze ich keine Hilfe mehr. Ich schwimme einfach mit den Armen und halte den Rumpf durch Körperspannung oben, die Beine lasse ich möglichst locker. Am meisten behindert mich, dass meine Hüftbeuger so verkürzt sind, dass ich die Beine nicht ausstrecken kann. Durch das viele Sitzen verkürzen die Muskeln und ich habe dadurch in der Hüfte eine permanente Beugung, das bremst beim Schwimmen sehr und zieht die Beine runter.
Und trotzdem kannst Du Kraul-, Rücken und Brustschwimmen, das ist beeindruckend. Und Du gehst aufs Gymnasium. Wie sieht denn jetzt mit Corona Dein normaler Schultag aus?
Wir haben Homeschooling, ich sitze dann bei mir zu Hause vor dem Computer, danach mache ich noch Hausaufgaben und wenn dann noch etwas Zeit übrig ist, gehe ich raus für eine Runde mit dem Handbike. Das Schwimmen vermisse ich schon.



