Der erste Nachtbürgermeister-Kandidat hat genug
Nach Hin und Her um Prozedere zur Stelle: Benjamin Punke zieht seine Bewerbung zurück - Er will nicht nur "Lärmkümmerer" sein

Von Anica Edinger
Heidelberg. Paukenschlag im Streit um den ersten Heidelberger Nachtbürgermeister: Von nur noch zwei verbliebenen Bewerbungen zieht jetzt einer der letzten Kandidaten die Reißleine: Benjamin Punke, 38 Jahre alt, Veranstalter und DJ in der Stadt, informierte am Montagabend die Fraktionen im Gemeinderat, dass er für die Stelle des Nachtbürgermeisters nicht mehr zur Verfügung stehe. Damit sind nun nur noch Hannes Diether und Florian Schweikert, die als Duo antreten, im Rennen.
Allerdings soll die Stelle nach RNZ-Informationen ohnehin komplett neu ausgeschrieben werden. Der Grund: Zuletzt wurde im Gemeinderat Kritik am Verfahren zur Besetzung der Stelle laut. Einige Fraktionen, darunter SPD und CDU, störten sich daran, dass die Stelle kurzfristig von einer Honorar- in eine feste Stelle bei der Stadtverwaltung umgewandelt wurde. CDU und "Die Heidelberger" zeigten sich zudem unzufrieden über die Bewerber-Lage. "Wir sind mit den Kandidaten ganz und gar nicht zufrieden", bekundete CDU-Fraktionsvorsitzender Jan Gradel in öffentlicher Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 21. Oktober.

Nach RNZ-Informationen drängten zudem einige darauf, dass der neue Nachtbürgermeister sich hauptsächlich mit der Lärmproblematik in der Altstadt befassen sollte. Die Grünen fordern dagegen seit jeher, dass der Nachtbürgermeister auch strukturelle Probleme angehen und konzeptionell arbeiten solle. Sie wollen keinen "Lärmkümmerer", sondern eben einen Nachtbürgermeister.
Ein "Lärmkümmerer", das will auch Punke nicht sein. Konzeptionell arbeiten, Bars und Clubs miteinander vernetzen – so hatte sich Punke die Nachtbürgermeister-Stelle vorgestellt und so war sie auch im Sommer ausgeschrieben worden. "War am Anfang die Förderung einer lebendigen Clubszene noch ein fester Bestandteil der Ausschreibung, ging es zuletzt nur noch um die Altstadtproblematik. Kurz gesagt: Der Nachtbürgermeister soll sich nicht mit den Ursachen des Problems beschäftigen, sondern nur ein ganz bestimmtes Symptom lindern", schreibt Punke an die Stadträte.
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Denn für ihn ist klar: Die Konzentration von Clubs und Kneipen in der Altstadt und das Aussterben derselben in der Peripherie der Stadt ist eine der Wurzeln der gesamten Problematik. Deshalb müsse man sich als Nachtbürgermeister eben auch der Vielschichtigkeit der Clublandschaft in der Stadt annehmen, dezentralisierend wirken. "Für die Lärmproblematik ist eine komplexere Lösung nötig", sagte Punke am Dienstag auch auf RNZ-Anfrage.
Der 38-Jährige kommt vom Fach: Er arbeitet seit zehn Jahren als Veranstalter in Heidelberg und im süddeutschen Raum, ist DJ und studierte an der Universität Heidelberg Soziologie, Psychologie und Pädagogik mit Magister-Abschluss. Außerdem verleiht er seit einigen Jahren DJ-Equipment für Veranstaltungen – "ich kenne fast alle Kulturschaffenden", sagt er.
Sein Profil hätte nicht zuletzt auch wegen seines bereits bestehenden Netzwerkes zur Stelle des Nachtbürgermeisters gepasst. Nun brachte für ihn aber auch das ständige Hin und Her um das Prozedere der Besetzung und den Zeitplan das Fass zum Überlaufen. Eigentlich hätte der Nachtbürgermeister immerhin laut den ursprünglichen Planungen schon Anfang Oktober im Gemeinderat gewählt werden sollen. Doch das Verfahren verzögert sich weiter – auch wegen der Corona-Krise. Die Leidtragenden für Punke: "Die jungen Leute dieser Stadt", sagt er.
Zunächst wird das Thema wieder öffentlich am 24. November im Haupt- und Finanzausschuss beraten. Dann könnte die Neu-Ausschreibung der Stelle unter veränderten Bedingungen beschlossen werden. Klar ist: Mit einem Bewerberansturm ist dann nicht zu rechnen. Immerhin verlängerte die Stadt im Juni dieses Jahres sogar die Frist, weil nach der ersten Ausschreibung nur acht Bewerbungen eingegangen waren. Nach der Neuausschreibung waren es letztlich 20, die Nachtbürgermeister in Heidelberg werden wollten.



