"Der Haushalt ist ein Erfolg für alle"
Wie Oberbürgermeister Eckart Würzner damit umgeht, dass die Stadträte am Dienstag seine Finanzplanung umschrieben. Die alten Schwerpunkte bleiben

Am Dienstag beschloss der Gemeinderat den Doppelhaushalt 2013/14 mit deutlich weniger Schulden, als es der erste Entwurf von OB Eckart Würzner vorsah. War es für ihn denn nun eine Niederlage oder eine Bestätigung? Die RNZ fragte nach.
Herr Würzner, ist es für Sie nicht eine Niederlage, wenn eine ganz große Koalition der Stadträte aus eigener Initiative Ihren ersten Haushaltsentwurf zerpflückt und selbstständig streicht oder streckt, was nur geht?
Dieser Eindruck ist völlig falsch. Der Haushalt ist ein Erfolg für alle Beteiligten. Stadtspitze, Stadtverwaltung und Gemeinderat haben hervorragend zusammengearbeitet. Ich freue mich sehr, dass alle Fraktionen meiner Einladung zu gemeinsamen Gesprächen gefolgt sind. Die Gespräche verliefen äußerst konstruktiv. Wir haben seitens der Stadtverwaltung viele Einsparvorschläge gemacht, die der Gemeinderat ergänzt und fast einstimmig beschlossen hat. Dieser Haushalt ist ein starkes Signal: Wir setzen in Heidelberg weiter besondere Schwerpunkte: Kinder, Familie, Bildung und Wohnen. Wir bieten unseren Bürgern ein hohes Maß an Lebensqualität. Gleichzeitig investieren wir in Schulen, Kitas, Straßen und Infrastruktur. Damit übergeben wir den kommenden Generationen einen guten Bestand und nicht etwa heruntergewirtschaftete Gebäude. 39 von 41 Gemeinderäten tragen diesen Haushalt mit, ein besseres Signal kann ich mir kaum denken.
Haben Sie bei der Vorlage nicht einfach zu sehr aus dem Vollen gelebt, mit 67 Millionen an neuen Schulden und dem Plündern der Rücklage - und das in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen?
Nein. Wir hatten einen Haushaltsentwurf vorgelegt, mit dem wir die vom Gemeinderat bereits beschlossenen Projekte umgesetzt hätten. Ich freue mich sehr, dass die Fraktionen unseren Vorschlägen zugestimmt haben, die Umsetzung vieler Projekte zeitlich zu strecken oder zu reduzieren. Dadurch konnten wir die Neuverschuldung auf unter 19 Millionen Euro pro Jahr senken. Der Kreditaufnahme stehen dreimal höhere Investitionen gegenüber. Das ist gut angelegtes Geld in die Zukunft unserer Stadt.
Vor allem die Investitionen werden zeitlich gestreckt oder verschoben. Was heißt das konkret für die Heidelberger?
Wir brauchen damit zwar etwas länger als geplant, um beispielsweise die Schulsanierungen abzuschließen. Aber die wichtige Botschaft ist: Wir schaffen es. Wir sind in vier bis fünf Jahren mit den Schulsanierungen durch. Wir vermitteln unseren Kindern und Jugendlichen beste Bildungschancen. Wir sanieren Straßen und Kanäle, wir erschließen mit der Bahnstadt einen neuen Stadtteil, der weltweit Beachtung findet, und wir gehen mit den Bürgern den Umbau der US-Flächen an. Heidelberg lebt nicht von der Substanz, sondern erhält, modernisiert und erweitert sie. Welche andere deutsche Stadt kann das schon von sich behaupten?
Auch die Verwaltung muss Federn lassen und jedes Jahr 3,5 Millionen Euro weniger ausgeben. Geht das überhaupt? Oder müssen die Bürger jetzt Einschränkungen beim Service hinnehmen?
Das war unser eigener Vorschlag. Das wird nicht einfach, aber wir kriegen es hin.
Manche kritisieren, dass die Stadt zu schnell und ohne richtiges Konzept Gebäude kauft oder zumindest nicht verkauft: die Halle 02 und die Dischingerstraße für die Jugendkultur, die Alte Feuerwache und das Hotel Metropol für die Kreativwirtschaft. Wäre es nicht gescheiter, erst ein paar Konzepte oder wenigstens genügend Geld zu haben?
Dieser Vorwurf ist nicht richtig. Wir haben natürlich eine konkrete Vorstellung, für welche Nutzung wir ein bestimmtes Gebäude erwerben. Die Hallen in der Bahnstadt sind für den neuen Stadtteil enorm wichtig als Begegnungs- und Kulturstätte. Die Dischingerstraße sollte als Jugendkultureinrichtung vorgesehen werden, die wir seit Jahren planen. Und die Räume für Kreativwirtschaft helfen, in dieser Branche neue Arbeitsplätze zu generieren - so wie wir es im Bereich der Biotechnologie seit Jahren erfolgreich mit dem Technologiepark praktizieren.
Wenn Heidelberg schon in guten Zeiten es nicht schafft, einen neuverschuldungsfreien Haushalt aufzustellen, wie soll das nur in schlechten Zeiten gehen?
Heidelberg hat gerade in den letzten Jahren durch eine konsequente Sanierung der Schulen, Kitas und Verwaltungsgebäude einen guten Vermögensbestand von mehr als 1,3 Milliarden Euro aufgebaut. Das geben wir an künftige Generationen weiter. Wir investieren und lassen den Bestand nicht einfach verfallen. Gleichzeitig reduzieren wir den Personalbestand der Stadt. Damit erwirtschaften wir in unserem laufenden Geschäft in den kommenden zwei Jahren einen Überschuss von 40 Millionen Euro! Das ist doch eine hervorragende Basis. Wir nehmen die geplanten neuen Kredite ausschließlich auf, um darüber hinaus noch weitere Investitionen zu leisten. Ich gebe Ihnen allerdings Recht, dass wir uns bei den allgemeinen Ausgaben und Zuschüssen zurückhalten müssen. Das machen wir auch. Und im Kulturbereich haben wir den Zenit sicher erreicht.
Wenn die Zeiten eher schlechter werden: Wie soll die Stadt mittelfristig solche Projekte wie die US-Liegenschaften, den Ausbau des Straßenbahnnetzes oder das Konferenzzentrum schultern - vom Neckarufertunnel, den Sie ja nie ganz aufgegeben haben, ganz zu schweigen?
Heidelberg ist finanziell gut aufgestellt. Wir stemmen mehr als 100 Millionen Euro an Investitionen in den kommenden zwei Jahren. Wir ergreifen die Chance, in zinsschwachen Zeiten Geld für Investitionen aufzunehmen, die für neue Arbeitsplätze und ein weiteres Bevölkerungswachstum vor allem auf den Konversionsflächen sorgen. Das verbessert die gesamtwirtschaftliche Situation der Stadt mittel- und langfristig. Der Ausbau des Straßenbahnnetzes bei einer achtzigprozentigen Förderung ist eine Chance, die wir uns nicht entgehen lassen sollten. Und auch ein Konferenzzentrum würde die Entwicklung Heidelbergs stärken. Eine sich dynamisch entwickelnde Stadt ist die beste Garantie für eine gute Zukunft.