Der "Bella Park" hat jetzt eine neue Zentrale
Der "Verein gegen Müdigkeit" stellt einen Kioskwagen in der Grünfläche an der Kurfürsten-Anlage auf. Das Engagement kommt bei den Parkbesuchern gut an.

Von Hannes Huß
Heidelberg. Zuerst seien sie hier als Gäste hingekommen, erzählt Shooresh Fezoni, während im "Bella Park" Seifenblasen um ihn herum schwirren. Gemeinsam mit seinem "Verein gegen Müdigkeit" ist Fezoni schon seit einem guten halben Jahr dabei, die oft stigmatisierte Grünfläche in der Kurfürsten-Anlage zwischen Hauptbahnhof und Römerkreis unter Einbeziehung der Parknutzer umzugestalten und aufzuwerten.
Nach einer Radiosendung aus dem Park im April und einem Festival im Juli steht seit dem Freitag, 15. September, nun ein Kioskwagen im "Bella Park". Dass sie immer wieder verschiedene Projekte beginnen, ist für Ute Seitz vom "Verein gegen Müdigkeit" die zentrale Idee des Unterfangens: "Wir möchten einfach mal ausprobieren, was hier so möglich ist." Im Kioskwagen sieht ihr Mitstreiter Fezoni nun einen wichtigen Schritt, die Wahrnehmung der Grünanlage zu verändern: "Das hier ist die Zentrale, die überhaupt erst den neuen Raum erschafft."
Während Fezoni, Seitz, sowie Jasper Schmidt und Max Wagenmann von ihren Plänen für den "Bella Park" erzählen, füllt sich dieser langsam. Immer wieder steht einer von ihnen auf und begrüßt einen Parkbesucher, durch die vielen Aktionen im Park haben die Vereinsmitglieder die Stammbesucher inzwischen gut kennengelernt. "Durch diese Freundschaften haben wir einen ganz anderen Blickwinkel und Ansatz entwickelt", erzählt Schmidt. Denn obwohl der Verein natürlich "professionell arbeitet", wie Schmidt betont, so können die Aktionen im "Bella Park" doch besser auf dessen Nutzer zugeschnitten werden. "Wir verfolgen halt kein klar vorgesetztes Ziel", beschreibt Wagenmann den Unterschied zwischen ihrem Park-Projekt und starreren kommunalen Ansätzen.
Die Tische vor dem Kioskwagen füllen sich im Verlauf des Nachmittags immer mehr. Diese können die Parknutzer natürlich auch nutzen, wenn sie ihre Getränke lieber im benachbarten Kaufland als beim Verein kaufen: "Hier gibt es keinen Konsumzwang", benennt Wagenmann einen der Grundpfeiler des Projekts. Vielmehr möchte der Verein einen Begegnungsort schaffen, an dem sich alle möglichen Menschen aus Heidelberg kennenlernen können. Genau das ist für Besucher Maik auch das Wichtigste an dem Projekt: "Hier können wir mal alle Etiketten beiseite schieben", freut er sich. Für ihn, der die meisten anderen Parknutzer kennt, war vor allem das Vorgehen des Vereins wichtig: "Die sind hierhergekommen wie jeder andere auch." Die Offenheit der Parkbesucher ist für ihn entscheidend am sozialen Gefüge im "Bella Park": "Hier bekommt jeder ein ‚schön, dass du da bist‘."
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Neben den durchweg positiven Rückmeldungen der Parknutzenden ist für den "Verein gegen Müdigkeit" auch der Rückhalt aus der Stadtverwaltung wichtig: "Eine Gemeinderätin hat uns erzählt, dass sie, obwohl sie von hier kommt, davor immer diesen Park gemieden habe. Jetzt hatte sie jedoch eine wunderbare Erfahrung hier", freut sich Fezoni. Die eigene Rolle sieht der Verein dabei vor allem als "Vermittler", dank der flexiblen und direkten Ansätze, wie Ute Seitz ausführt. Die Notwendigkeit, den "Bella Park" neu zu gestalten, leitet Schmidt derweil auch aus Heidelbergs ernüchternder Statistik ab: "Wir haben hier die zweitgeringste Anzahl an Grünflächen pro Kopf in Baden-Württemberg." Daher müsse jeder Quadratmeter genutzt werden.
An der Tischtennisplatte stehen derweil die Geographie-Studentinnen Anne Matthäi und Lea Thömen. Mit anderen Parkbesuchern haben sie auch schon gespielt, erzählen die zwei, zu längeren Gesprächen ist es aber nicht gekommen: "Wir konnten kein Französisch und unsere Gegner weder Deutsch noch Englisch." Sie sind zwar zum ersten Mal im "Bella Park", doch die Prozesse dahinter versteht vor allem Thömen sehr gut. Die 23-Jährige schreibt zurzeit ihre Bachelorarbeit über das städtische Projekt "Mittendrinnenstadt", das den Kioskwagen mitfinanziert hat. "Wir hatten aber auch einfach Lust, uns das mal so anzuschauen", schiebt Matthäi noch schnell hinterher.
Nach dem Kioskwagen hat der "Verein gegen Müdigkeit" nun schon die nächste Aktion im "Bella Park" geplant: Am 3. Oktober soll eine urbane Olympiade stattfinden, die "spielerisch Lieblingsorte erkunden" will.