Heidelberg

Das Schloss ist derzeit für viele Besucher eine Notlösung

Viele kommen aus dem Umland - Bis zu 900 Besucher täglich - Internationale Gäste fehlen

12.06.2020 UPDATE: 13.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden
Der Schlossaltan war gestern Nachmittag bereits wieder gut besucht. Das Kaiserwetter am Brückentag zog vor allem Gäste aus der weiteren Umgebung an. Foto: Philipp Rothe

Von Julia Lauer

Heidelberg. Das Schloss hat Heidelberg in der Welt bekannt gemacht, und in China wurde es am Hauptsitz der Telekommunikationsfirma Huawei sogar nachgebaut. Und dennoch: Ausgerechnet die berühmte Ruine ist für viele Besucher Heidelbergs in diesen Tagen nur eine Notlösung – wenn auch nicht die schlechteste. Bei einem Vor-Ort-Termin am Freitag waren die meisten Gäste Tagestouristen.

"Heidelberg ist nicht Berlin, aber es ist auch schön", sagt zum Beispiel Sajka Ferich, die am Freitag mit Mann und erwachsener Tochter von Frankfurt aus einen Tagesausflug macht. Auf dem Programm stehen außerdem die Altstadtgassen und die Alte Brücke, wie bei all ihren anderen Heidelberg-Besuchen in der Vergangenheit auch. Sie hatte ursprünglich vor, jetzt in der Hauptstadt zu sein, aber die lange Reise sei ihr in Corona-Zeiten zu heikel gewesen. Nun also Heidelberg.

Ähnlich erging es einer Familie, die aus Heidenheim angereist ist. "Eigentlich wären wir jetzt für elf Tage in der Türkei, nun verbringen wir zumindest einen Tag in Heidelberg,", erzählt die Mutter gut gelaunt, während sie im Schlosshof fürs Apothekenmuseum ansteht. Am Brückentag mache immerhin das Wetter mit. Und dann ist da noch das Paar aus Dortmund, das jetzt drei Wochen Urlaub hat, den es im Schwarzwald statt auf den Kanaren verbringt. Heidelberg liegt auf der Strecke: zwei Tage Zwischenstopp, Zeit für die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, den Philosophenweg und die Molkenkur. Das sei ähnlich interessant wie ihre Urlaube auf Rhodos und den Azoren, finden sie.

"Zur Zeit kommen vor allem Leute aus dem Umland wie zum Beispiel aus Mainz – und Amerikaner, die in der Gegend leben", erzählt Miri Ceylangil, die mit ihrem Mann den Schlosskiosk betreibt. Momentan seien Besucher auf eigene Faust unterwegs – und hätten daher eher Zeit, auf ein Getränk oder ein Eis in ihrem Kiosk vorbeizuschauen. Trotzdem hofft sie, dass mit den organisierten Busreisen, die in Baden-Württemberg ab Montag wieder zugelassen sind, auch weitere Kunden kommen.

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Im Schlosshof sitzen Besucher im Schatten, von der Terrasse aus fotografieren sie die Stadt, andere sind auf der Suche nach dem großen Fass. "An Wochenenden haben wir im Heidelberger Schloss inzwischen wieder 800 oder 900 Gäste an einem Tag", sagt Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, die auch das hiesige Schloss betreuen. Aber das sei nicht einmal die Hälfte der Besucher, die er sonst zu dieser Jahreszeit verzeichnet.

Woher die Gäste nun anreisen, erhebt das Schloss nicht. Aber Hörrmann vermutet, dass sie aus der näheren Umgebung stammen und etwa eine Stunde Fahrzeit auf sich nehmen. "Normalerweise reisen 70 Prozent unserer Besucher weiter als 250 Kilometer an, wie wir aus Umfragen wissen", erzählt er. Aber in diesem Jahr fehlten im Moment eben noch die Gäste von mehrtägigen Busreisen und von den Flusskreuzfahrten.

Nürnberg, Düsseldorf, Fellbach und Fritzlar – das sind die Orte, von denen die Besucher am gestrigen Brückentag stammen. Und in weiterer Name fällt immer wieder: Heilbronn. So ist zum Beispiel der spanische Erasmus-Student Aron Hurley von dort aus angereist. Es ist sein erster Ausflug in Deutschland überhaupt. Alles andere – abgesagt. Die Universität ist geschlossen, das Labor auch. Eigentlich sitze er seit drei Monaten in seinem Zimmer, sagt er, nehme übers Internet an Vorlesungen teil. Nach Heidelberg zu fahren, das Schloss zu erkunden, das sei nun "wirklich nett".

Ein paar Bänke weiter sitzt ein älteres Ehepaar, nach einer Fahrt auf den Königstuhl mit der Bergbahn besuchen sie nun das Schloss. Sie sind ebenfalls aus Heilbronn. Zum dritten Mal seien sie schon in Heidelberg zu Besuch, erzählt der Mann. Zu Hause in Heilbronn gehen sie üblicherweise am Neckar spazieren oder auf dem Gelände der Bundesgartenschau. Aber um Missverständnissen vorzubeugen, erklärt er: Auch Heilbronn sei sehr schön.

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