Campus-Straßenbahn: Das Heidelberger Hick-Hack hat ein Ende
Eine außergerichtliche Einigung mit der Universität steht kurz bevor - Die Tram soll dafür einen anderen Weg und langsamer fahren

Der Straßenbahn ins Neuenheimer Feld steht offenbar nichts mehr im Wege. Stadt, Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) und die Universität haben einen Kompromiss ausgehandelt, der nun lediglich noch vertraglich festgehalten und vom Gemeinderat ratifiziert werden muss. Sobald der sogenannte "Vergleichsvertrag" unterzeichnet ist, will die Universität ihre Klage gegen das Teilprojekt aus dem "Mobilitätsnetz" zurückziehen.
Auf Einladung von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hatte es in den vergangenen Wochen Gespräche zwischen Stadt, RNV und Universität gegeben. "Dieses Ergebnis ist ein großer Durchbruch", sagte Oberbürgermeister Eckart Würzner gestern bei einem Pressegespräch. "Alle Partner sind aufeinander zugegangen."
Offenbar konnte die Universität, die im Juli beim Verwaltungsgericht Klage gegen den Planfeststellungsbescheid eingereicht hatte, jedoch ihre Kernforderungen durchsetzen. Der Kompromiss enthält vier Hauptpunkte:
> Neue Trassenführung: Die Trasse der neuen Straßenbahn soll im Bereich des Hofmeisterweges so weit nach Süden verlegt werden, dass der Botanische Garten kaum noch betroffen ist. Dessen Existenz hatte die Universität nach den bisherigen Planungen bedroht gesehen. Der neuen Trassenführung fällt ein altes Büro- und Wohngebäude des Uniklinikums "Im Neuenheimer Feld 154" zum Opfer. Für den Bau habe es laut OB Würzner ohnehin keine Planungen für eine künftige Nutzung gegeben.
> Mehr stromlose Trassen: Auch auf Höhe des Physikalisch-Chemischen Instituts soll nun stromlos gefahren werden. Bislang war das nur für den Bereich des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) sowie auf Höhe der Kopfklinik vorgesehen. Damit soll ab 2022 im kompletten Abschnitt zwischen Kopfklinik und Berliner Straße auf die Stromzufuhr aus Oberleitungen verzichtet werden. Die Universität hatte dies gefordert, damit empfindliche technische Geräte nicht durch elektromagnetische Emissionen beeinträchtigt werden.
> Langsamere Fahrt: Zwischen Kopfklinik und Berliner Straße sollen die Bahnen deutlich langsamer fahren. Auch das war eine Kernforderung der Universität, die stets ihre Befürchtung geäußert hatte, Erschütterungen könnten wissenschaftliche Forschungen stören.
> Stärkere Dämpfung: Aus demselben Grund sollen die Schienen zwischen den Haltestellen Kopfklinik und Geowissenschaften in einem sogenannten punktförmigen Masse-Feder-System gelagert werden. Dieses dämpft die Schwingungen der Straßenbahnen stärker, als ursprünglich geplant.
Trotz dieser Zugeständnisse wertet auch die RNV die Einigung positiv. "Wir haben einen Kompromiss gefunden, mit dem alle Seiten gut fahren werden", sagt Martin in der Beek, Technischer Geschäftsführer der RNV. Auch die Geschwindigkeitsbegrenzung sei verschmerzbar. "Diese wirkt ja nur auf wenigen hundert Metern, sodass die Auswirkungen für den Fahrgast kaum spürbar sind." Da die neue Campus-Strecke im Gesamtprojekt "Mobilitätsnetz" ja gemeinsam mit anderen Maßnahmen umgesetzt werde, gebe es im Fahrplan Möglichkeiten, diese Verlangsamung zu kompensieren.
In trockenen Tüchern ist die Einigung allerdings noch nicht. "Eine große Wegstrecke liegt hinter uns, aber wir sind noch nicht ganz am Ziel", sagte gestern Uni-Sprecherin Marietta Fuhrmann-Koch. "Die Klage kann die Universität erst zurückziehen, wenn der Vergleichsvertrag unterzeichnet ist." Voraussetzung dafür ist, dass auch zwei weitere Kläger bereit sind, ihre Klagen zurückziehen: die Max-Planck-Gesellschaft und das DKFZ. Laut Oberbürgermeister Würzner habe es auch mit diesen beiden Institutionen gute Gespräche gegeben, "die einen positiven Abschluss erwarten lassen".
Nach bisherigen Planungen sollte die Straßenbahn ins Neuenheimer Feld etwa 37,5 Millionen Euro kosten, von denen Bund und Land im Rahmen der Förderung des Mobilitätsnetzes den Löwenanteil übernehmen. Der Gemeinderat hatte im Oktober den städtischen Anteil von voraussichtlich 3,1 Millionen Euro freigegeben. Die entstehenden Mehrkosten durch den Kompromiss sind laut OB Würzner noch nicht genau bezifferbar. "Sie liegen aber noch immer im Bereich der Kosten, die vom Gemeinderat bereits freigegeben wurden."