Gästeführer in der Corona-Krise

Führungsverbote sind ein harter Schlag

Die Branche hat hohe Einkommensverluste. Eine Besserung ist erst im Frühjahr in Sicht.

20.12.2020 UPDATE: 21.12.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 45 Sekunden
Rund die Hälfte der Gästeführer bestreitet ihren Lebensunterhalt mit dieser Arbeit. Klaus Mombrei, Susanne Kahlig, Oliver Mittner und Dino Quaas, Vorsitzende des Heidelberger Gästeführerverbandes, sprachen mit der RNZ über das Corona-Jahr. Foto: Friederike Hentschel

Von Maria Stumpf

Heidelberg. In guten Zeiten sind sie anerkannte Botschafter der Stadt, in den schlechten Zeiten der anhaltenden Corona-Pandemie sind auch sie schwer getroffen: Die Gästeführer von Heidelberg. Rund 160 Mitglieder vertritt der Verein "Heidelberger Gästeführer". Sie sind freiberuflich tätig, arbeiten aber auch für private Agenturen oder für die städtische "Heidelberg Marketing GmbH". Sie alle sind lizenziert nach den Richtlinien ihres Bundesverbandes.

Düstere Zeiten: Sie haben nichts zu tun, die "Bühne Heidelberg" bleibt geschlossen. Führungen sind nicht erlaubt, Museen und Sehenswürdigkeiten verriegelt, Bergbahn, Hortus Palatinus oder Scheffelterrasse dicht. Also Treffpunkt Neckarwiese, ein kalter und zugiger Morgen. "Dieses besondere Gefühl, Heidelberg zu vermitteln" sei doch ihr eigentlicher Job, bedauert Susanne Kahlig und zeigt auf die historische Silhouette der Altstadt mit dem im Nebel verhangenen Schloss. Kahlig ist Geschäftsführerin der Agentur "Event & Eventchen Heidelberg", im Programm der munteren Frau zusammen mit Kollege Oliver Miltner stehen Schloss- und zahlreiche Erlebnisführungen auch abseits der üblichen Pfade. "Von März bis Juni hatten wir wegen Corona praktisch gar keine Termine, dann kamen wenigstens die europäischen Gäste für einige Wochen wieder." Auch Flusskreuzfahrten auf dem Rhein mit Ausflügen in die Stadt seien gut gebucht gewesen. In erster Linie fehlten aber die Gäste aus den USA oder Australien. Und China? "Nein. Die Asiaten haben eh meist ihre eigenen Führer dabei."

Man gehe in der Branche von rund 80 Prozent weniger Jahresumsatz aus, ergänzt Kollege Klaus Mombrei. Denn einen Großteil des Jahresumsatzes mache man von Ostern bis Dezember. "Das heißt, wir haben keine Rücklagen für den Winter. Das ist das Grundproblem." Mombrei hat sonst seinen Arbeitsplatz auch in den fürstlichen Ecken und Winkeln des Schlosses oder beschreibt im historischen Kostüm mit Charme und Ironie die Erlebnisse von Mark Twain in Heidelberger Gassen. "Breit aufgestellt sein im Angebot und bei vielen Agenturen seine Dienste anbieten, macht zurzeit trotzdem wenig Sinn, weil die Kontaktsperre nichts zulässt."

Novemberhilfen, Unterstützungen für Solo-Selbstständige oder Marketing-Aktionen seien hilfreich, aber eben nicht ausreichend, meint auch Dino Quaas. Der Vorsitzende des Heidelberger Gästeführerverbandes sagt, dass rund die Hälfte der Gästeführer ihren Lebensunterhalt mit dieser Arbeit bestreiten. "Für sie war das Führungsverbot von März bis Juni und wieder seit November ein harter Schlag. Es geht eben nicht nur um nebenberufliche Tätigkeiten." Was tun? "Wir schauen jetzt auch in die Region und suchen Konzepte für neue Kooperationen", erklärt Kahlig. Außerdem denke sie über ein Angebot an Online-Führungen nach. "Die deutschen Gäste werden hoffentlich bald wieder die ersten sein, im April folgen vermutlich die Europäer. Aber bis die Amerikaner wieder kommen, das wird dauern", heißt es übereinstimmend. "Wir müssen durchhalten." Schließlich habe man ja auch einen Bildungsauftrag in der Stadt.

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