"Auf Wiederschauen" im Heidelberger Taeter-Theater
Regisseur, Dramaturg und Leiter in einem: Wolfgang Graczol sucht nach Lösungen in der Corona-Zeit.

Von Maria Stumpf
Heidelberg. Programm abgesagt, kein Kartenverkauf, keine Einnahmen für Bewirtung: Das "Taeter Theater" ist seit 13. März wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Doch "die Aussicht zur Möglichkeit" lässt Theaterleiter Wolfgang Graczol hoffen: "Wir machen weiter. Fragt sich nur, wann." Auch wenn "Hass und Liebe" auf Abstand ein bisschen schwierig auf der Bühne darzustellen sei, räumt der 77-Jährige verschmitzt ein.
Ein Charmeur der alten Wiener Schule: Der Österreicher Graczol steht in Heidelberg seit 33 Jahren auf der Bühne des Theaters und ist das, was man landläufig einen Sympathieträger nennt. In Personalunion ist er Schauspieler, Regisseur, Dramaturg, Bühnenarbeiter und Kartenabreißer. Gespielt wird in Räumen auf dem Landfriedgelände an der Bergheimer Straße.
Der Intendant mag es klassisch und anspruchsvoll: Mit der Inszenierung von "Faust" erspielte sich das kleine Theater vor Jahren schon einen großen Namen und über lange Zeit waren die 99 Sitzplätze kontinuierlich ausverkauft. Zum Programm gehören aber auch Lesungen, Kriminalstücke, Humoresken und Gastspiele mit musikalischen Klangreisen. "Aber verblödelter Unsinn kommt mir nicht auf die Bühne", macht Graczol klar.
Zwei bis drei Monate könne das Theater finanziell noch durchhalten, schätzt der Theaterprofi. Schließlich gab es Soforthilfen vom Land und auch Heidelberg unterstützt die Kultur in der Stadt. "Doch dann wird es eng." Ihm zur Seite stehen Ehefrau Anne Steiner-Graczol und rund 25 Amateur-Schauspieler, die die Schauspielkunst vom Meister lernten – mit viel Spaß an der Sache und ehrenamtlich auf der Bühne. Seit Januar habe er außerdem Workshops geleitet mit neuen, jungen Akteuren. "Ich wollte eigentlich mit einem Ensemble ein neues Stück einarbeiten." Doch dann war das Theater eines der ersten, das schloss: "Das war ich als verantwortungsbewusster Leiter meinen Leuten gegenüber schuldig."
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Und nun braucht es wohl neue Ideen. Die erste Überlegung, Inszenierungen auf der Internetseite seines Theaters zu streamen, hält er für Unsinn. "Der Zauber, der von einer Bühne ausgeht, findet dabei nicht statt." Auch der zweite Ansatz ist schwierig: Wenn die Theater wieder öffnen dürfen, könnten mit der Abstandsregel bis zu 30 Besucher empfangen werden. Also macht Hamlet mal Pause und es folgen Lesungen im kleinen Rahmen.
Der dritte Plan klingt vielversprechend: "Kunst braucht nicht immer geschlossenen Raum." Man könnte vielleicht die Empore vor dem Eingang des Theaters zur Bühne werden lassen, die Parkplätze davor abends zum Besucherraum. Eine Art Freilichttheater also. "Das muss ich aber natürlich noch mit allen Beteiligten und der Eigentümerin des Landfriedgeländes besprechen", betont er. Das Gespräch wird mit einem freundlichen "auf Wiederschauen" beendet. Das passt.



